Mittwoch, 30. Juni 2010

Worte des Tages (temporär)





Vilém Flusser: Die Geste des Liebens

"...charakteristisch für die Geste des Liebens ist ja gerade, dass man sie nicht wollen kann, da sie in die Aufgabe des Willens mündet. Man muss sich, wie die englische Sprache andeutet, in die Liebe fallen lassen.(...) Seltsamerweise aber bedeutet das nicht, dass die Geste häufiger Folge eines Sichgehenlassens als Folge einer Selbstdisziplinierung wäre. Denn die Geste des Liebens ist an Beschränkungen, an das, was ´Treue´ genannt wird, gebunden. (...) 
Das unsere Situation kennzeichnende Verschwimmen von Sexualität und Liebe erschwert, die authentische enge  Beziehung zwischen beiden Kontexten zu sehen. Wir sind von techno-imaginären Codes zu sexuellen Gesten programmiert, die wir oft mit Gesten des Liebens verwechseln. Da die sexuelle Inflation das Geschlecht entwertet, wird, infolge dieser Verwechslung, auch die Geste des Liebens entwertet. Und da wir die zur Gelassenheit nötige Naivität immer mehr verlieren, immer technischer, imaginärer und kritischer werden, so haben wir Schwierigkeiten zum Wesen der Geste des Liebens vorzudringen. Das ist individuell und sozial tragisch. Denn die Geste des Liebens ist diejenige, dank derer wir im anderen aufgehen und so unsere Verfremdung überholen. Ohne die Geste des Liebens ist jede kommunikative Geste ein Irrtum. Oder, wie man früher gesagt hätte, Sünde."

7 Kommentare:

  1. ach melusine - ich poste dir mal meine kleine assoziation dazu - obwohl sie sehr einfach gestrickt ist - ein kommentärchen halt.
    schön dass du dieses zitat hier reinstelltest !

    Ich denke man kann sich zum liebenden hin entwickeln, indem man sich zum liebenden
    dieser welt absichtsvoll stellt - man lässt dabei hassendes ( als „differenzqualität“ ) für sich nicht zu.
    Taucht hassendes als gedankliches im gehirn und damit im bewusstsein auf läd man es demzufolge aus, taucht liebendes auf, lässt man es drin.

    Hass und liebe sind gefühle, die resultate meist einer reihe von kausalitäten sind.

    Es gibt keinen hass an sich oder keine liebe an sich.
    Selbst der wähnende ( und ungünstigstenfalls der wahnsinnige ) hat meist noch begründungen.
    ( also selten dass mal jemand das kausale im wahnsinn aufsprengt und völlig sinnentleert spricht )
    ein konrollverlust vergisst bloss die kausalitäten im zustand vorübergehender bewusstseinsgetrübtheit.
    Eine verzücktheit enthebt sich ebenfalls nur vorrübergehend einer vermeintlich kalten rationalität, sprich absichtsvollen einsichtnahme hin zu kausalitätskonfiguriertheiten.
    Eine nicht nach erklärungen fragende liebe lässt los und lässt sich treiben bis in ein komplettes zerfliessen - wie in ein uferloses, ozeanisch anmutendes (glücks)gefühl – hinein, welchem jede fragerei nach begründungszusammenhängen erniedrigend ist.
    Sie darf als summe der erfahrung sich vielleicht komplett eingelöst habender gründe für ihr entstehen kein interesse mehr am grund haben, sie ist – meist vorübergehender - grund geworden.
    Sexualität ist meist der antrieb dazu.

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  2. also mal abgesehen von noch formalen unsauberkeiten sorry - merke ich gerade, dass es mir eigentlich um textgestalterische "prozesse" geht sollte ich diskussionen oder literarisches weiterverfolgen.
    dieses post ist einfach nicht schön geschrieben,
    mal von unpräzisheiten abgesehen.
    das bringt mich leicht an's nachdenken.
    naja - schätze eh, dass ich mit dieser "anreissung" auf zumindest leichten widerspruch stosse.

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  3. Schön, MelusineB, dass auch Sie sich nun mit dem Thema Liebe beschäftigen. Ich hatte mich dazu ja schon auf Die Dschungel geäussert und heute nun auch auf meinem Weblog. Gerade was das Christentum angeht, glaube ich, nach all den Diskussionen die wir geführt haben, dass die Antworten, die wir suchen, in der Liebe (und hier schliesse ich explizit die körperliche mit ein) liegen.

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  4. Zurück von meinen "Amtsgeschäften" habe ich jetzt zweieinhalb Stunden Zeit, aufzuschreiben, was ich versucht habe mir auf der Fahrt selbst klarzumachen. Ich versuche es, weiß aber nicht, wie weit ich kommen werde (wer weiß das schon...)

    @Lobster Ich bin überrascht, aber auch erfreut, dass diese Themen dich offenbar so sehr bewegen. Es rührt das Nachdenken (und auch Nachspüren) über das Böse, das Gute, Freiheit, Liebe, Tod wohl an die Grundfesten der Existenz, ans Selbstverständnis, aber auch an die Verständigungsfähigkeit. Ich greife deine Assoziationen auf, auch wenn dies vielleicht nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. Sie sind aber "eingewebt" in das, was ich zu schreiben versuche.

    @Markus A. Hediger -Wie eigentümlich und doch auch naheliegend, dass unsere Gedanken "vom Bösen her kommenden" so notwendig fern voneinander zur Liebe führten. Ich las gerade, was Sie in ihrem Blog geschrieben haben. Und auch dies wird - vielleicht noch mir selbst nicht ganz bewusst - eingehen, in meinen eigenen Text, in dem ich schreibend zu begreifen suche, was ich (noch) meine, wenn ich von mir als Christin spreche. Danke für Ihr Mit und Voraus-Denken. Ich fühle mich mit diesen Fragen oft sehr allein.

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  5. @MelusineB:
    "Ich fühle mich mit diesen Fragen oft sehr allein."
    Das geht mir gleich. Aber vielleicht muss das so sein, da es ja Fragen sind, die jeder für sich beanworten muss. Aber allein schon zu sehen oder zu lesen, dass andere sich ebenfalls damit beschäftigen, macht Hoffnung. Und es ist toll, sich mit jemandem darüber austauschen zu können.

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  6. kurz noch diese kleine bemerkung meinersteits, melusine -

    liebe will grundsätzlich nicht weh tun.
    deshalb findet sie ihre elementare tendenzialität darin, hinsichtlich allem, was schmerzen kann, grenzen zu ziehen und sich innerhalb dieser grenzen einzurichten ( was vor allem auch ausbauen bedeutet ).
    hass oder hassaffines wird dabei ausgeklammert, bestenfalls bis zu dessen gänzlichen verschwinden.
    von da an wird es interessant, - wiewohl man ja nicht alles schmerzende aus der welt bekommt.
    naja mit drogen halt, aber das macht man ja nicht,- es sei denn im o.p.
    käme jetzt das kapitel schmerzen vor allem schmerzvermeidung in psychologischer, aber auch gesellschaftspolitischer hinsicht.
    naja.

    schönen tag dir !

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  7. p.s.

    mannomann bin ich schludrig echt.
    ... alkohol ist ja z.b. auch eine droge und eine art schmerzmittel neben den reinen legal vertickten schmermitteln und anderem.
    echt also bitte mir den verkürzten gedanken richtung o.p. nachsehen, bzw. soweit noch ergänzen.
    oje.
    sorry.

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