Donnerstag, 29. Juli 2010

Reisejournal (13): Ikea-Art in der Tate St. Ives, aber Zartheit und Form bei Barbara Hepworth

Landscape and Workmanship


Mehr als die ausgestellten Kunstwerke in der Tate Gallery St. Ives beeindruckte mich das Gebäude, das wie ein Betonbonbonkringel am Hang klebt, mit seinen runden Formen die abgeschliffenen Steine der Gegend ebenso aufnehmend wie im Inneren die Drehung einer Muschel. Dagegen nervten Lily van der Stokkers kindisch-naive Objekte und Malereien, die so aussahen, als habe Ikea ein wenig dekorativ-nette Kunst in Auftrag gegeben. Keine Missverständnisse: Ich habe weder etwas gegen Auftragsarbeiten, noch lehne ich Naivität als Ausgangspunkt kreativen Schaffens grundsätzlich ab. Aber ich habe etwas gegen falsche Naivität, die nicht kindlich ist, sondern kindisch. In dem Tate-Ableger in St.Ives finden sich einige sehr schöne Werke  der klassischen Moderne, darunter gefielen mir diesmal am meisten Dadaville von Max Ernst, ein typischer Rothko und Amoebe, eine weiß bemalte organisch geformte Bronze der kürzlich verstorbenen Louise Bourgeois. Jedoch wird die Wirkung der Werke in St. Ives durch eine schlechte, nämlich zu enge Hängung stark gemindert.

Viel schöner war der Besuch in Barbara Hepworth Atelier und Skulpturen-Garten. Was mir bei Henry Moores Skulpturen oft überwältigend-protzig erscheint, das ist bei ihr stets mit Zartheit, ja Zärtlichkeit verbunden, die mich enorm berührt: das Zusammenspiel menschlicher Körper mit Landschaftsformen, Widerstand und Harmonie, die Arbeit mit dem Material (Holz, Stein, später Bronze) statt am Material.

Noch einmal wurde mir auch, wie schon bei der Re-Lektüre von Jahnn, klar, welche Beziehung zur Landschaft ich habe und warum ich die gestaffelten pfirsischrosa schimmernden Toskana-Hügel oder die grün unter wolkenblauem Himmel liegenden South Downs soviel mehr liebe als die grau-schroff-schneeweißen Alpen-Höhen oder die blutrot aufsteigenden Klüfte der Rockys. Rund statt spitz, gehaucht statt getupft, anziehend statt abweisend, bearbeitet statt verödet, einsaugend statt zerschmetternd. (Gegensatzpaare sind immer irreführend vereinfachend, weiß ich, -auch hier: kein Missverständnis: Die Faszination am Schroff-Abweisenden kann ich gut nachvollziehen, sogar teilen, aber ich liebe es nicht.)

Dust as we are, the immortal spirit grows
Like harmony in music; there is dark
Inscrutable workmanship that reconciles
Discordant elements, makes them cling together
In one society.                                               

William Wordsworth

Barbara Hepworth Atelier, wie sie es nach ihrem plötzlichen Feuertod hinterließ



5 Kommentare:

  1. all die beschrieben orte habe ich vor jahren auch besucht. meine erinnerung deckt sich mit der ihrigen. schoen noch einmal davon zu lesen.

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  2. Ja? Barbara Hepworth Garten war wirklich wunderbar. Es hat mir auch noch einmal gezeigt, wie auch der Besuch des Foundling Museums, dass ich mir immer noch eine "nicht museale" Kunst wuensche, die ihren Ort in der "Lebenswelt" (bloedes Wort) hat.

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  3. wenn ich mich recht erinnere, gab es da auch etwas der gewuenschten art- ein cafe mit einem segelboetchen und kleineren Hepworth- plastiken.

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  4. @Julia
    Das Cafe habe ich leider verpasst. Dafuer habe ich den Ausblick aufs Meer oben im Cafe der Tate Gallery genossen und ein Glas Wein aus Cornwall probiert. (Naja, ein Weinanbaugebiet wird das hier erst mal nicht.)

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