Freitag, 2. Dezember 2011

REVOLUTION COMES! ("Friede den Palästen!")

Liberté, egalité, maternité
Das hättet ihr jetzt nicht gedacht, Brüder und Schwestern, Genossinnen und Genossen, Occupyer aller Länder! Die Revolution beginnt am Frankfurter Lerchesberg! Demnächst. Für  Ortsunkundige: Das ist ein Villenviertel im Frankfurter Süden; dort siedelt sich an, wessen Börse gut gefüllt und wessen SUV voll betankt ist. Und es zeigt sich: Ich habe mich jahrelang politisch-menschlich falsch orientiert.  Als eingeschworene Kritikerin des Voodoo-Kapitalismus´ Reagan-, Thatcher- + Kohlscher Prägung, als gesundheitsgeschädigtes Opfer der neuen Sozialdemokratie á la Blair/Schröder (chronischer Brechreiz) und als müde Beobachterin Merkelschen Trübsinns („Wir steuern im Nebel“), hätte ich mich längst mit Gleichgesinnten vom Frankfurter Lerchesberg verbünden und die Revolution vorbereiten können, die dem Ganzen (schwuppdiwupp!) den Garaus macht.

Heißa! Bald schon ist Weihnachtszeit! Die roten Zipfelmützen aufgesetzt (Erinnert Euch, auch die Sansculotten trugen so ähnliche Dinger!), Lenkräder in die Hand, Mienen grimmig – jetzt geht´s Euch an den Kragen: Umweltsünder, Luftverpester, Lärmschleudern! Schluss mit lustig! Dr. K. auf dem Frankfurter Lerchesberg hat´s leid und ich mit ihm. Hört, was der Mann zu sagen hat: „Ich hänge mir einen Pflug ans Auto und reiß die Landebahn auf.“ Gut gesprochen! Es ist eh alles bald vorbei, sagt Dr. K. Der Euro ist am Ende und mit ihm das schöne Vermögen. Wer nix mehr zu verlieren hat, der haut rein und drauf. Seit kurzem kann sich der Doktor nicht mehr mit seinen Nachbarn in aller Ruhe drüber austauschen, wo die sauer verdienten Moneten angelegt werden könnten (falls jetzt nämlich der Euro einbricht!) und wie dabei die Wegelagerer (vulgo: Staat!) auszutricksen seien, die sich bei ihm und seinesgleichen bedienen wollen. Jetzt rauschen ihm die Flugzeuge über die vielen Quadratmeter Wohnraum, die er sich hierher gestellt hat. Früher flogen die mehr so, wie sie sollten: über hässliche Mietskasernen nämlich.

Wenn die Demokratie das Eigentum nicht mehr schützt, wozu ist sie dann gut? Seine Nachbarn pflichten ihm bei. So geht das nicht. „Das System“ ist korrupt, haben sie festgestellt. Er überlegt, sagt der Doktor, ob er eine leer stehende Bodenkammer in seiner Villa an Al Kaida-Aktivisten vermieten soll. Von da aus wären Flugzeuge gut abzuschießen, meint der Doktor. Nicht dass er Al Kaida-Leute kennt, der Doktor. Aber so ist das eben: In revolutionären Zeiten werden die Feinde meines Feindes meine Freunde. Der macht Ernst, der Doktor.

Ich nicht. Wahr ist nämlich: Letztlich ist mir die Revolution zu anstrengend. Ich hab´ auch gar kein Auto, an das ich einen Pflug hängen könnte. Und mit den Typen von Al Kaida will ich mir kein Bad teilen. Also ich zieh nicht ein bei Dr. K., auch wenn ich von da ganz gut mit einer Flugabwehrrakete rumballern könnte. Aber das kann ich eben auch nicht, sein wir ehrlich! Ich lass das mal die machen. Die vom Frankfurter Lerchesberg. Wenn die Revolution dann erst richtig läuft, findet sich schon eine Gelegenheit, meine bescheidenen Talente für die gute Sache einzubringen. 

3 Kommentare:

  1. Das verstehe ich auch nicht mehr, dass der Staat das Eigentum nicht mehr schützt. Schließlich hat er doch die ganze Zeit dafür gesorgt, dass bestimmte Menschen ihren Reichtum anhäufen können. Leistungsträger - und jetzt das. Jetzt sollen wir alle im gleichen Boot untergehen? Das ist doch nicht gerecht.

    AntwortenLöschen
  2. Nee, da ist der Vertrauensschutz weg. Am Ende kommt´s noch so weit, dass Steuern wirklich gezahlt werden müssen. Und die Leistungsträger was tragen, statt tragen zu lassen... (Ich glaub´s aber nicht, dass es so weit kommt. Der Herr Dr. K. ist eine Ausnahme. Er wird geopfert, der Arme.).

    AntwortenLöschen
  3. Genau, den opfern wir dem Gott Kapitalismus. Dann ist er uns wieder gnädig gestimmt und wir können noch 30 Jahre weiter machen.
    Länger wird es eh nicht, da macht der Klimawandel nicht mit. Wir wollen doch realistisch sein.

    AntwortenLöschen