Mittwoch, 22. Februar 2012

"Um Sprache zu erfinden, darf der Mensch die Natur nicht bespringen." (Schnabelkerfen und Primzahlen)

Acting as...

Acting ass...

Ganz unkorrumpiert schwingt das Es die Hüften. Sodann (nicht der Ex-Bundespräsidentenkandidat) wird die superweiche Vorlage für den Hintern platziert (neue Rechtschreibung, wie sie mir gefällt).

Schuf Gott die Welt in sieben Tagen? Natürlich nicht, meine Damen, meine Herren, aber wer weiß schon, was sieben Tage für die Götter sind. Die Wunder der Welt lasse ich mir nicht von Rick Santorum, Joseph Ratzinger oder Mullah Omar vermiesen (die Zusammenstellung dieser Herren ist gewollt und wird nicht entschuldigt).

Kennen Sie Zikaden? Sie zählen, wie ich lese, zu den Schnabelkerfen (oh, welche Wörterpracht ist noch zu entdecken!) Zikaden sind außergewöhnlich farbig und facettenreich, besonders ihre Augen. Verfallen Sie der Pracht einer Rhododendronzikade! Zikaden lieben Primzahlen (das sind die Zahlen, die sich nur durch sich selbst  teilen lassen und Generationen von Mathematikern den Schlaf gekostet haben). Es gibt 7er, 11er und 17er-Zikaden.

Die magicicada septendecimi folgen dem 17er Rhythmus. Ihr Leben ist kurz, sie fallen als gigantische Biomasse in Heerscharen wie eine biblische Plage vom sommerlichen Himmel Virginias. Mit Schneeschippen räumen sich die humanen Bewohner des Landstrichs ihre dreiflügeligen Garagentore frei. Doch nach wenigen Wochen ist der Spuk vorbei. Erst 2021 wird eine neue Generation magicicada aus dem Boden kriechen, in den sie im Sommer 2004 als Larven verschwanden. Der Junge, der weinend sein Skateboard im Schrank lassen musste, weil die Straße von Zikadenhorden bedeckt war, wird dann längst an der Westküste studieren. Die Frau aus  Deutschland, die 2004 ihren ersten Zikadensommer erlebte, wird schon viele Jahre wieder drüben auf der anderen Seite des Atlantiks wohnen. Für Bill von nebenan aber, der hier geboren ist, wird es die dritte Zikadengeneration sein, die über seine Scheune herfällt. Er wird unverdrossen bleiben und fasziniert wie bei ersten Mal im Jahre 1970.

Die Beschränktheit unseres Denkens, die alles als Zeichen wahrnimmt, macht auch vor den Zikadenforschern nicht Halt.  „Die Zikaden“, so sagt Evolutionsbiologe Sauer (nicht der Kanzlerinnengatte; der ist Physiker) „machen es potentiellen Räubern nahezu unmöglich, sich auf Zikaden zu spezialisieren.“ Der Zikadenlebenszyklus wird als schlaue Zikadenstrategie begriffen. Wir können nicht anders, stellte schon vor 200 Jahren der Physiker und Aphoristiker Lichtenberg fest, als die Welt als ein Buch zu lesen, dessen Schriftzeichen uns jedoch größtenteils unbegreiflich bleiben.

Wir – die zwanghaften Leser:innen? Wir (wie schnell sich meinereine an den pluralis majestatis gewöhnt) sprechen von unsereiner als wären wir überzeitlich, übergeschlechtlich, überkulturell „der Mensch“, das Wesen, das anders als „wir“ nicht existieren kann. Chronologie, Ursache und Wirkung, Fortschritt, These und Antithese, logischer Widerspruch, die Welt als Code, der unsere Dechiffrierungskünste herausfordert – so denken wir: Mitteleuropäer der Neuzeit.

 „Um Sprache zu erfinden, darf der Mensch die Natur nicht bespringen.“, glaubt Herder.

So? Drauf!

Es geht auch anders.

Traumpfade. Hexentänze. Wildwüchse. (Selbst-)Befriedigung. Delirium. Nahkampf.  Spielwiese.

Opting out.
Acting in.

„It´s better to play than to do nothing.“

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