Donnerstag, 5. April 2012

das macht weiter nichts (KEIN GEDICHT!)



ob einer ist kein dichtersmann
und leider gar nicht dichten kann
auch ganz dicht ist so mancher nicht
nicht jeder ist ein helles licht.

das macht weiter nichts

sagt liebevoll die frau mama
schreib weiter blablablablablabla
nenn es bloß ein bisschen tabu
dann findest leser, bubche, du

das macht weiter nichts

lass halt die idioten toben
und die noch dooferen loben
schlimm ist es für ein kleines licht
wenn keiner mehr über es spricht.

das macht weiter nichts

weit hinter den sieben bergen
bei den guten deutschen zwergen
hat man das lange schon gesagt
was auch den mann aus lübeck plagt

das macht weiter nichts

wenn die stimme des volkes spricht
was ihr so im sinne liegt,  nicht?
jetzt ist es raus, der ganze druck
rausgeschissen, hauruckhauruck

das macht weiter nichts

(Spülen nicht vergessen!)

(Man wird ja wohl mal sagen dürfen, sagt die verfolgende Unschuld gern und wischt sich die Spucke vom Schnauzer. So hat´s der Opa dem Enkel ohne Hand vor dem Mund weiterverzählt: "Abba:  ma darf´s ja nimmer laut sagen", hat das immer schon laut geblökt.)

ich sach da nichts dazu

das macht weiter nichts

„Aus pädagogische Sicht ist es bedenklich, wenn so was als Gedicht erscheint. Das könnte Minderjährige irritieren und zu falschen Begriffsbildungen führen.“
 __________________________

Arbeitsauftrag (ab Oberstufe)

Interpretieren Sie den vorliegenden Text im Kontext der aktuellen Debatte. Gehen Sie dabei auch auf die Textsorte ein.

(Interpretationshinweis: Achten Sie darauf, welche Worte hier nicht verwendet, möglicherweise bewusst vermieden werden!)



11 Kommentare:

  1. Ich sag da auch weiter nichts dazu, außer vielleicht, dass man als Mensch, der schreibend sein Leben verbracht hat und immerhin so etwas wie den Nobelpreis bekommen hat, doch die Formen unterscheiden sollte, und vielleicht ein bisschen Respekt vor der Dichtung zeigen sollte, also soll er bitte sagen, was ihn stört und bedrückt, was er kritisiert, aber nicht unbedingt in einem Gedicht, das keines ist und es im Grunde auch nicht sein will. Ich hätte einen offenen Brief angemessener gefunden.

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  2. mal ganz o.t.; warum kann ich mit meinem twoday nick hier nicht mehr kommentieren?

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  3. o.t. - sorry, das stelle ich gleich um. Ich war ein paar Tage nur sporadisch im Netz und da habe ich die Kommentarfunktion so geändert, dass man Anonym nicht kommentieren kann. Stellen Se sich mal vor, was der Mann aus Lübeck oder der aus dem Pfälzischen oder so sonst hier vielleicht auf die Seite pinnt, ohne dass ich das merke...Schalte ich aber wieder frei. (Wusste nicht, dass der twoday-Nick dann auch nicht geht, Open ID sollte gehen)

    Jo, in der Demokratie herrscht Meinungsfreiheit und die hat der alte Mann aus Lübeck auch immer gut genutzt. Sein gutes Recht. Mich haben seine politischen Meinungskundgebungen noch nie interessiert; ich halte ihn da auch nicht unbedingt für sehr mit Kenntnissen beschlagen oder gar mit Differenzierungsvermögen. Als Gedicht ist es aber echt ´ne Zumutung --- was soll man den Schulkindern sagen, wenn sie fragen? ;-).

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  4. Der Mann, den ich liebe, schreibt mir gerade über dieses "Gedicht": "Über Schirrmacher werde ich jetzt ein oder zwei Monate nicht mehr meckern." Man kann ja nie genau sagen, warum man jemand liebt, aber es gibt Gründe, wenn es anhält :). Zum Beispiel deswegen, auch.

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  5. Manchmal will man ein "Gedicht" auch einfach nicht als solches erkennen, dafür hätte ich dann aber bitte keine Befindlichkeitsäußerung, sondern eine literarische, nicht politische Begründung. Wenn mir der politische Inhalt nicht passt, heißt das doch noch lange nicht, dass es sich nicht um ein "Gedicht" handelt. Gedichte sind in erster Linie selbstreflexiv im Gegensatz zum "offenen Brief". Von dieser Selbstrefelexivität erkenne ich bei Grass viel, auch wenn er jetzt als alte SPD-Schachtel und "Sabberbart" verunglimpft wird.
    "Was gesagt werden muss(te)".

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  6. HIER, lieber Bücherblogger. war vom "Inhalt" des sogenannten Gedichts, sofern es die Position des Dichters zum Iran-Israel-Konflikt betrifft, in keiner Weise und keinem Satz die Rede. Ich halte dies alledings politisch schlicht für Unsinn und ignorant gegenüber den Fakten. Als "Gedicht" hat Frank Schirrmacher den Text in der FAZ m.E. sehr zutreffend interpretiert und dabei insbesondere das herausgearbeitet, was man auch "Selbstreflexivität" nennen könnte. Es ist gerade das, was für mich den Text als literarischen und politischen Text (und in diesem Fall auch den Autor, der ihn veröffentlich hat) widerlich macht.
    Frank Schirrmacher: Was Grass uns sagen will
    Allerdings weigere ich selbst mich und habe das in meiner Persiflage ja auch zum Ausdruck gebracht diesen Text seiner Gestalt und sprachlichen Mittel halber als Gedicht zu lesen, dies aber keineswegs um seiner politischen Aussage willen. (Siehe oben).

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    1. Liebe Melusine Barby,

      zunächst finde ich es gut, dass auch meine andere Meinung als solche erst einmal akzeptiert wird, ohne gleich als Sympathisant von am deutschen Stammtisch rumorenden antiisraelischen, meist auch noch mit antsemitischem Ressentiment verquickten Parolen in einen Topf geworfen zu werden. Ich habe mir Herrn Schirrmachers Leitartikel-Gedicht-Analyse nun zweimal durchgelesen. Die Relationen von Wortbedeutungen wie "Überlebende" mit den Holaucaust-Opfern oder den Begriff "Herkunft" eine genealogische Konnotation zu geben, um ihn wiederum gegen Grass zu verwenden und ihn quasi als Subtext zum Zweit-Sarrazin zu machen, halte ich für eine Fehlinterpretation. Vielleicht hat er den falschen Schraubenzieher oder ist nicht so gut im Zusammenbau von IKEA-Regalen, denn mir gelingt es ohne weiteres das Leitartikel-Gedicht auch nach seiner Analyse wieder zusammenzubauen.
      Liebe Melusine, ob die obige "Persiflage" der richtige Ton ist, um auf einen Text mit doch sehr ernstem Inhalt zu antworten, bezweifle ich leider etwas. Als Spontanreaktion zeugt er von gelasssenem Humor, akzeptiert, aber wenn ich Ihren Text mit Grass´ vergleiche (Asche über mein Haupt),dann fällt mir auf, dass sich der/die Sprechende wenig selbst befragt, also gerade nicht selbstreflexiv ist, sondern eher pädagogisch. Wenn ich mit Schülern diesen Text diskutieren würde, müssten Sie ihm zunächst einmal objektiv unvorbelastet Raum geben, ohne ihn im Vorhinein als minderwertiges, mit einem Gedicht nicht zu verwechselndem Machwerk gleichzusetzen. Gerade weil ich Sie und den Sie lieben schätze, ist es legitim, vielleicht sogar spannend, einmal nicht der gleichen Ansicht zu sein.

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    2. Lieber Dietmar, leider kann ich in dem "Gedicht" von Grass keinen anderen ernsten Inhalt erkennen als jenen, den Schirrmacher frei gelegt hat. Es ist in der Tat so, dass ich weder zum Thema Proliferation von Atomwaffen noch zum Iran-Israel-Konflikt Grass´für einen ernst zu nehmenden Diskutanten halte. Es steht auch in dem Text, den Gedicht zu nennen ich mich ohne Anführungsstriche weiterhin weigere, nichts, was nicht anderswo schon längst von wesentlich besser informierteren und sprachlich zu diesem Thema versierteren und sich angemessener ausdrückenden Menschen diskutiert würde (Ich nenne hier nur mal Daniel Barenboim oder Avi Primor). "Neu" ist allenfalls die Unterstellung eines geplanten Atomwaffen-Erstschlags durch Israel für die - mit Verlaub - Herr Grass jeden Hinweis, von Nachweis ganz zu schweigen, schuldig bleibt und bleiben muss. Nein, dazu habe ich wirklich nichts zu sagen, außer dass mir die Meinung des Herrn Grass zu einem Thema, von dem er offensichtlich wenig Ahnung hat, vollkommen gleichgültig ist. Grass hat zu politischen Themen noch nie etwas zu sagen gehabt, was mich auch nur im entferntesten interessierte. (Das ist kein Vorwurf an ihn als Literat.) Dass er indes viele Zeilen darauf verschwendet sich vorab als Opfer zu inszenieren und die Behauptung aufzustellen, er habe unter (Selbst-) Zensur gelitten, ist in der Gesellschaft, in der wir leben, insbesondere der Linken, die Grass auch jetzt hofiert, geradezu grotesk.
      Mein Text ist in der Tat die Parodie einer pädagogischen Reaktion darauf. In 10 Minuten geschrieben. Keinerlei tiefer gehender Anspruch dahinter. Sondern die Ausstellung der Anspruchslosigkeit gegenüber diesem selbstgerechten Pamphlet und dem Echo, das es gefunden hat. Ich fühle auch keinerlei Verpflichtung, auf einen schlechten Text, dessen Inhalt ich teilweise dumm und teilweise unverfroren finde, anders zu reagieren. Man könnte gar nicht reagieren, wie ich es meist tue, wenn etwas für vollkommen misslungen blöd halte. Nur haben mich die Feuilletons heute früh mehr geärgert als der Grass-Text, eben weil sie ihn politisch ernst genommen und in seine Falle getappt sind. Außer Schirrmacher eben. Dem ich dafür - wie Morel - ungefähr 2 Monat manches nachsehen werden.
      Nein, wir werden hier zu keiner Übereinkunft gelangen, da die Voraussetzungen nicht gegeben sind. Sie nehmen den Text ernst, das ist mir (wie auch Morel) unmöglich.

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  7. Lieber Bücherblogger, ich schätze es sehr, wenn Sie Texte als literarische ernst nehmen, aber bei diesem Gedicht ist das verlorene Liebesmüh. Grass will ja gerade, dass seine politischen Inhalte nicht diskutiert werden, deshalb führt er ein literarisches Ich, das angstvoll seine Tinte verspritzt und sich masoschistisch auf die Kreuzigung am Kreuz der öffentlichen Meinung (heute abend in den Tagesthemen, morgen in Apekte) vorbereitet. Schirrmacher ist für seine Analyse zu danken: er weist den Tabuisierungsmythos zurück (das von Grass Gefordert ist diskutabel), aber zurecht skandalisiert Grass Anspruch zum Opfer zu werden. Ich war einmal froh, die Faz zu lesen.

    Herzliche Grüße,
    Morel

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  8. Lieber Morel,

    die vorauseilende Opferrolle Grass´ ist sicher problematisch, da gebe ich Ihnen recht. Aber dass ihn oder seinen Text diese Rolle disqualifiziert, als politischen Inhalt diskutiert zu werden, sehe ich so nicht. Die Diskussion hat doch gerade erst begonnen und auch der Artikel von Herrn Schirrmacher ist da ja nicht der Weisheit letzter Schluß. Vor allem diskutiert er bei seiner Analyse den politischen Inhalt gerade nicht, zumindest seinen aktuellen Nahost-Bezug nicht wirklich. Ich sehe Teile des Gedichts auch gar nicht nur im Israel-Iran-Kontext, sondern die "Fußnoten der Geschichte" würden wir alle, egal wer Atomwaffen besitzt, kämen sie zum Einsatz. Ich bin für die Vernichtung aller Atomwaffen, auf allen Seiten und die des Westens können ja nicht die einzig legitimen sein. Dass es sowohl in Deutschland, als auch in Israel Atomwaffen gibt, hört man nicht so gern und Waffenexporte möchte man nur als friedlichen Wirtschaftshandel verstanden wissen. Mit Waffen kann man aber nie friedlich handeln.

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  9. Na ja, die relativ konkreten Vorschläge von Grass beziehen sich auf die internationale Kontrolle der israelischen Atomwaffen, nicht auf alle möglichen Konflikte. Schirrmacher kann mit Recht auf den Platz verweisen, den seine Redaktion zum Beispiel dem Schriftsteller David Grossmann, der seinen in der israelischen Armee dienenden Sohn in diesem Konflikt verloren hat, regelmäßig einräumt.. Als Kriegsdienstverweigerer wird meine Sympathie immer Versuchen der friedlichen Konfliktlösung gehören, zu denen Grossmann und viele andere beizutragen versuchen. Aber der Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen ist länger und anspruchsvoller als ein Gedicht, mit letzter Tinte geschrieben. Und ehrlich gesagt empfinde ich es schon als reichlich arrogant aus dem sicheren Deutschland einem Land Ratschläge zu erteilen, das täglich beschossen und bedroht wird.

    Herzliche Grüße,
    Morel

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