Sonntag, 22. Juli 2012

BAYERISCHES STAATSBAD KISSINGEN - ein Schlachtfeld für Theo


Fontanescher Ehedialog
„Die Preußen, Mila, kamen von Norden,/
An Bronzell vorbei und über die Rhön,/ Ein bergichter Marsch, doch strategisch schön/ Und sehr überraschend, mit anderen Worten,
/ Wie Hannibal nach Italien hinein,
/Zur Saale zog Vogel von Falckenstein.“
„Ach, Theo!“
„Ich hab' es einst alles genau beschrieben,
/Aber, ach, wo bist du, Sonne, geblieben!
/Alle reden von Moltke und Königgrätz,
/Doch Kissingen vergessen sie stets.
/Das Schlachtfeld von Königgrätz glich einer Torte,/
Das von Kissingen war von anderer Sorte.“
„Mein Theo!“
„Die Bayern standen am Uferrand,
/Regiment König Otto von Griechenland,
/Alles brave Landeskinder,
/Dazu zwei Vierundzwanzigpfünder,/
Ich hätte sie dennoch anders postiert
/Man ahnt doch schon, was nun passiert ...“
„Wirklich, Theo?“
„Soeben (legt den Arm um sie) umfaßte die linke Flanke,/
Ein friderizianischer Gedanke.
/Da wurde der Friedhof zum letzten Kastell,
/Der Kampf ging bis zur Marienkapell',
/Versteckt auf der Kanzel, von der sonst gepredigt,
/Hat still sich ein Bayer der Waffen entledigt
„Genug, Theo!“
Bad Kissingen, Juli 2012

Theodor Fontane war zweimal in Bad Kissingen, wo sich auch allerlei adelige Prominenz des 19. Jahrhunderts tummelte. Alles ist bis heute bestens gepflegt; Morel glaubt, dass eine Hundertschaft von Gärtnern die Innenstadt regelmäßig beackert, jätet, pflanzt, gießt, düngt. Meine Mutter macht sich Sorgen: "Wer soll das auf Dauer bezahlen?" Mein Vater sagt: "Aber schön isses." Dem Amazing und dem Mastermind ist es egal, Hauptsache es gibt genug und gut zu essen (zum Frühstück Lachs mit Rösti zum Beispiel, zum Abendessen eher Mittelmaß vom Buffet, aber große Portionen), die Neffen vergnügen sich im Whirlpool ("Du sollst aber nicht zu lange drin bleiben, J.", ermahnen sie mich, kaum dass ich reingeklettert bin.) Neffe G. analysiert Hannibals Zug über die Alpen, während Neffe E. mir einen stilvollendeten "Köpper" zeigt, die "Arschbombe" hinterdrein darf aber auch nicht fehlen. Morel ist nicht zu einem Besuch des SPA zu überreden, weder Massage noch Pediküre können ihn locken. Die Schwägerin gönnt sich das Erstere; mein Bruder und ich das Letztere. "Sind Sie oder er jünger?", werde ich gefragt. Das ist doch immerhin mal eine Genugtuung. 
Wir haben keine Schlachtfelder gesehen und keine Friedhöfe in Bad Kissingen wie der alternde Theodor Fontane, der anschließend über "Eine Frau in meinen Jahren" schrieb. Bismarck war auch nicht da, - na heute wäre der "Alt-Kanzler" eher Herr Schröder, am Ende noch mit seinem "lupenreinen Demokraten"-Freund. Die haben wir gleichfalls nicht vermisst. Frau Emilie Fontane hatte offenbar einiges zu ertragen, nahm´s aber mit (Gleich-)Mut. Überall Weltgeschichte, nirgends Vergnügen - ach, Theo, genug!

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