Sonntag, 12. August 2012

Mensch, MÄNNER, wehrt Euch!


Die Wochenzeitung „ZEIT“ ist arm dran. Nicht nur ist sie mit dem unsäglichen  Herrn Jessen geschlagen, über den jedes weitere Wort verloren wäre. Nein, sie hat auch noch den mir bisher namentlich noch nicht aufgefallenen Peter Dausend unter Vertrag, der weiß, „was sich gehört“, mit jener selbstverständlichen Ironie der Macht, versteht sich, die ihrer Beschränktheit nie gewahr wird, weil sie ja gar so uneigentlich auf alles, besonders an sich selbst vorbeiguckt.

Jener Herr, dessen Namen Sie gleich wieder vergessen sollten, hat ein (wie könnt´ es bei dem Thema anders sein) ironisches Textlein unter dem Titel „Siggi Superdaddy“ über die Elternzeit des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel geschrieben. Und das liest sich so unwitzig: „Ach ja, er ist schon eine Nummer, der Siggi. Andere Väter gehen in die Babypause, um die Frau zu entlasten. Gabriel, um das hyperaktive Kind zu sein.“ Missverstehen Sie mich nicht: Ich habe keine Ahnung, wie Sigmar Gabriel seine Vaterrolle gestaltet. Doch wäre ich ein Mann, träte ich dem Herrn Dausend für diese Worte – metaphorisch – nicht nur in den Allerwertesten, sondern in die Eier. Väter kümmern sich also um ihr Kind, wie der Herr Dausend meint, um der Mutter behilflich zu sein. (Wir wollen aber nicht ungerecht sein und nur auf diesem armseligen Zeit-Redakteur herumhacken. Morel erinnert sich an eine Kollegin, die sich kürzlich im Fahrstuhl ganz ähnlich und lobend über einen Kollegen äußerte, der „seiner Frau so prima hilft“  in der Elternzeit.) Der Mann als Vater hat ganz offensichtlich in den Augen gewisser Männer und Frauen keine eigene, selbstständige Beziehung zu seinem Kind. Er „geht der Mutter zur Hand“, wenn er das Kind betreut. Wäre ich ein Mann,  so machte mich ein solch vergiftetes Lob unglaublich wütend. Warum ist es für diese Leute offenbar unmöglich, die Beziehung eines Mannes zu seinem Kind, seine Vaterschaft, als etwas Eigenständiges und Wertvolles anzuerkennen, das nicht durch die Mutter vermittelt ist und werden muss?

Um weitere Missverständnisse auszuschließen: Ich vertrete hier nicht die Position derjenigen, die lautstark „Väterrechte“ einklagen (nicht selten verbunden mit Tiraden gegen den "Feminismus", von dem sie keine Ahnung haben). Gerade die Reduktion der Vaterschaft auf das „Recht am Kind“ ist Teil der symbolischen Ordnung, die Männer von ihren Kindern und ihrer Vaterschaft entfremdet. Wo der Vater seine Beziehung zum Kind als „Hilfskraft“ der Mutter beginnt, muss es zwangsläufig zu jenem Entfremdungsprozess kommen, der in  so vielen schmerzlichen Fällen dazu führt, dass Vater und Kind einander verlieren. Männer also müssten meiner Überzeugung nach darauf beharren, dass ihre Vaterschaft in der Öffentlichkeit, im Berufsleben und im sozialen Umfeld als bedeutender Einschnitt anerkannt und gewürdigt wird. Es braucht Bilder vom Vater, der nicht weiter am Rande steht, wie Joseph (der sich zu einer Vaterschaft bekannte, obwohl er nicht gezeugt hatte) auf jedem traditionell ikonographischen Bild der "Heiligen Familie". „Der Vater und das Kind“ – diese Beziehung  müsste viel häufiger dargestellt, in ihrer Vielfalt erzählt und gedeutet werden, um die symbolische Ordnung zu ändern. Das Problem als Rechtsfrage zu betrachten, führt dagegen in die Sackgasse, weil es die Beziehung zum Kind weiterhin und vor allem als Machtfrage denkt. Das weist nur zurück auf jenem „abwesenden Vater“, der das „Gesetz des Vaters“ symbolisiert, aber beziehungsunfähig und lieblos bleibt.

Es gibt jedoch Hoffnungsschimmer, selbst im privaten Umfeld einer weitgehend missglückten feministischen Erziehung als Versuch „artgerechter Männerhaltung“. Amazing, mein 18jähriger Sohn, ist – wie auch hier im Blog in einem leider einmalig gebliebenen Gastbeitrag schon zu lesen war – Fan der Serie „How I met your mother“. Vor ein paar Tagen sprach ich ihn darauf an, dass mir aufgefallen sei, in wie vielen Kinofilmen im letzten Jahr Jason Segel, einer der Hauptdarsteller der Serie, eine bedeutende Rolle spiele, u.a. auch in dem in Kürze in die Kinos kommenden, von der Kritik hoch gelobten: „Jeff, der noch zu Hause lebt“. Dagegen habe ich von den beiden anderen männlichen Hauptdarstellern der Serie lange nichts gehört. Der Amazing konnte mich aufklären. Sein „Liebling“, der Darsteller des Barney Stinson (in der Serie ein sexistischer Angeber, der den Bro-Code entwickelt) könne sich grade nicht so intensiv neben der Serienrolle auf eine Kinokarriere konzentrieren, denn er habe „einen Mann und zwei kleine Kinder.“ Der Amazing fand das richtig, wichtig und selbstverständlich, dass ein Vater sich um seine Kinder kümmert. Dass Neil Patrick Harris offen schwul ist, trägt zur Glaubwürdigkeit seiner Rollenfigur, die als Parodie auf den heterosexuellen „Norm-Mann“ angelegt ist, eher noch bei. (Dennoch wäre es natürlich wichtig, wenn in solchen Soaps auch homosexuelle Paare ganz selbstverständlich vorkommen würden.) Dass der Amazing so denkt, ist – da gebe ich mich keinen Illusionen hin - , kein Ergebnis feministischer Erziehung, sondern der Erfahrung mit seinem eigenen Vater.

Quelle: bild.de



(Ein wenig wurde der Optimismus, den mir Amazings Einlassung ermöglichte, am selben Tag jedoch wieder getrübt. Beim Friseur blätterte ich in der ausliegenden Yellow Press und sah ein Foto vom gemeinsamen Urlaub der Paare Elton John/David Furnish und Neil Patrick Harris/David Burtka mit ihren Kindern. Im Begleittext wurde darauf verwiesen (ich kann das hier nur sinngemäß, nicht wörtlich wiedergeben), wie süß die vier Papas mit ihren Kleinen seien, aber selbstverständlich stehe eine Nanny bereit für die schwierigeren Pflegeaufgaben. Da stimmt das Geschlechterstereotyp dann wieder. Alle Eltern, egal ob Mann oder Frau,  würden, wenn sie es sich leisten könnten, gelegentlich gern Unterstützung bei der Kinderpflege in Anspruch nehmen. Im dümmlichen Klischee, das noch immer weit verbreitet ist, wird aber so getan, als sei die „Mama“ stets bereit, während der „Papa“ schnell überfordert ist.) 

1 Kommentar:

  1. Selten genug, dass "man" auf Differenziertes trifft, so wie hier. Dazu noch gut geschrieben. Sehr anregend. Vielen Dank dafür.

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