Montag, 29. Oktober 2012

SCHREIBSUCHT. ("Our tension and our tenderness")

Obwohl die beiden letzten Wochen der Überarbeitung der zweiten Fassung des Romans PUNK PYGMALION (Link auf eine fehlerstrotzende Ur-Fassung ohne Schluss) galten, schreibe ich auch weiter an meinen anderen "Großprojekten": MELUSINE FEATURING ARMGARD und dem dazu gehörigen Sequel ICH KÜSSE MEIN LEBEN IN DICH...Die Marten-Ehen. Und das, obwohl ich bei dem einen nicht weiß, ob überhaupt noch die Chance besteht, es jemals in meiner Lebenszeit zu beenden (schließlich habe ich für das Erzählen von knapp vier Monaten, nämlich August 2009 - November 2009 mehr als zwei Jahre gebraucht und es sollen zwanzig Jahre erzählt werden, zurück bis ins Jahr 1989) und bei dem anderen keine Ahnung habe, wohin mich diese Erzählung führt, ob es überhaupt so etwas wie einen "Plot" gibt.

Während ich bei MELUSINE FEATURING ARMGARD von Anfang an (fast) alles wusste, was geschehen war -  die ganze Geschichte der Ehe im "neuen Deutschland" nach 1989, die Jahre in Chicago am großen See, die sprechende Stille über dem Stechlin- , damit es so endet, wie es im Blog am 16. November 2009 endet (Armgard: ABFLUG. "Right here") und die Zeit sich für eine auflöst (Melusine: EINE ZUVIEL "Liebe ist ein süße Licht"), hat sich "ICH KÜSSE MEIN LEBEN IN DICH... Die Marten-Ehen" aus einer einzigen Szene entwickelt, die mir plötzlich vor Augen stand: Die Begegnung der Fischschwänzigen mit dem bebrillten Heilmann im Hinterzimmer einer Berliner Buchhandlung, hinter einer blauen Tür. Sie wiederholten sich in Moskau, Rom, London und wieder in Berlin, diese Treffen der Unmenschlichen, aber zu Anfang wusste ich noch gar nichts von Almuth (die zuerst auch anders hieß) und Willoughby, dem Sohn, den Heilmann durch ein teuflisches Ritual zu retten versucht, einen blutigen Puppenmord, an dessen Verwirklichung ich nun auch schon mehr als zwei Jahre scheitere. 

Es geriet ins Stocken, dieses Schreiben, mit dem doch meine ganze Bloggerei ("MELUSINE FEATURING ARMGARD" gab es längst, bevor ich an "Gleisbauarbeiten" dachte) begonnen hatte, als mir klar wurde, dass der dunkle Tom, dem meine Annie/Armgard verfallen war, sein eigenes Leben hatte, als er es einforderte gegen mich:  die Flüche gegen seine Mutter, die er ausstieß, seine Sehnsucht nach dem Strand von Sydney, die ich lange nicht nachfühlen konnte, seine Liebe zu Karim, dem Freund, der sein von Drogenexzessen zerrissenes Leben bezeugte und ihn wach rüttelte, damit er doch wieder seine Songs schreiben konnte - und weiter fluchen. Er wurde mir fremd und widerlich. Daran musste ich arbeiten. Ich begleitete ihn in die Pfadfinderlager seiner Kindheit ("SESSION. I´d dive for your memory") und die Anstalten, wo seine Mutter gehalten wurde, später. Da wusste ich es. Die Verbindung, nach der ich gesucht hatte: "ANGEL. Everybody said that she´s good in bed." So war das. 

Ich glaube nicht, dass mir bis hierher noch jemand folgen kann. Was macht das schon? Wie alle anderen behaupte auch ich, dass ich es für mich tue, das Schreiben. Das ist gelogen. Ich tue es, weil ich die Geschichten loswerden muss, die mich bedrängen, nach denen ich aber auch suche, wie eine Süchtige nach ihrem Stoff. Wie alle Süchtigen tröstet mich der Gedanke, dass auch andere von diesem Suchtstoff besessen sind. Ich suche Leser_innen. Auch das ist wahr. Aber ich schreibe nicht für sie. Oder für mich. 




LOVE IS A SIGN - aus diesem Song der Go Betweens habe ich schon einmal Verse verwendet im Roman-Fragment MELUSINE FEATURING ARMGARD, für "KOPFLOS. Love is a sign", die Begegnung des dunklen Tomasz mit der schönen Rosie. Das heute eingestellte Kapitel ist gewissermaßen ein Schwester-Kapitel dazu. Die Liebe ist ein Zeichen in vielfacher Gestalt.

(Für "Neu-Einsteiger": Die Inhaltsangabe)

Das neue Kapitel heißt WELLEN. "Our tension and our tenderness":

"Dass es mehr war als eine Affäre, ein Aufbäumen gegen das Altern, die Geilheit auf einen faltenlosen durchtrainierten  Körper, die Bestätigung der noch vorhandenen Attraktivität durch die zärtlichen Hände eines jungen Schönlings auf meinen Hüften, dass es mehr war; spürte ich nicht in unseren atemlosen Umarmungen oder wenn ich erschöpft neben ihm lag,. Ich sah es nicht, wenn er sich erhob, um am Fenster eine Zigarette zu rauchen, eine makellose Silhouette hinter der gelben durchscheinenden Gardine. Ich sah es völlig unerwartet, als ich ihn in den Arkaden sitzen sah, von Weitem, vor einem Schnellrestaurant mit Karim, die Arme aufgestützt und den Kopf vorgeschoben, die wüste dunkle Haarlocke tief in die Augen fallend, die müde wirkten und traurig, während Karim, schmal und agil, mit beiden Händen gestikulierend auf ihn einredete. Da sah ich es, dass ich verloren war, dass ich mich nicht mehr befreien konnte von dieser Fesselung an einen Mann, der mir so fremd war und bleiben würde, an den ich aber schon gebunden war wie mit festen Tauen durch dieses Gefühl, das mich in diesem Moment erfasste oder dass ich in diesem Moment, als ich stehen blieb, als habe mich etwas plötzlich erschreckt, endlich erkannte: Ich liebte...." 

Weiter: hier.


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