Sonntag, 31. Juli 2016

"Es geht auch mal ohne Butter..." Serviceteil (random): EMPFEHLENSWERTE RESTAURANTS IN JURA UND PROVENCE

Eine Reise nach Frankreich ist (oder könnte/sollte?) immer auch eine kulinarische Reise (sein). Denn, wie der kürzlich verstorbene Papst der deutschen Restaurantkritik Wolfram Siebeck uns willige, aber weitgehend unerfahrene Esser_innen stets wissen ließ, ist und bleibt die bürgerliche, französische Küche der plumpen deutschen - jenseits der Kochshows und Küchenenthusiasten - überlegen. Darüber lässt sich streiten. Persönlich ziehe ich gute Butter, wie ich schon im Kopenhagen-Post in diesem Frühjahr kundtat, jedem feinsten Olivenöl mit Sonderprägung vor. Und französische Küche erschöpft sich ja auch nicht in der mediterranen, wie wir gleich zu Beginn unserer Reise noch einmal praktisch erleben konnten.

Im französischen Jura (der, beiseite gesprochen, eben jenen welligen, sanften Gebirgstyp vorstellt, den ich, die Mittelhessin, jedem Hochgebirge bei Weitem vorziehe, grad wie es schon Gottsched tat, dem bereits die rauhe Oberpfalz zu unwirtlich erschien: 

"Gehab dich also wohl, 
Du rauhes Pfälzer Land
Dein felsenreicher Grund 
Ist mir nur mehr bekannt,
Bekannt, doch auch verhasst.
Von deinen harten Steinen
Komm ich, gottlob, diesmal,
An, noch mit ganzen Beinen."

Was hätte der gute Mann erst zu sagen gehabt, wäre er, gleich mir, unterhalb des Croix de Provence in brütender Hitze um die karstige Montaigne St. Victoire  über Schlagloch versehrte Straßen gerumpelt? Doch: Ich schweige hierüber, wohl ahnend, dass eine Horde den Süden, die Hitze, das Olivenöl und die hohen, zackigen Berge fanatisch Liebender sonstens über mich herfallen würde.) ---im französischen Jura also stießen wir, geleitet von unserem Navi auf jenes abseits gelegene Saint-Amour mit dem schönen Namen und stiegen im St. Augustin ab, einem kleinen Hotel, das in einem ehemaligen Kloster komfortable modernisierte, wenngleich kleine Zimmer anbietet. Angeschlossen ist ein Restaurant, wo es - im besten Sinne - gutbürgerliche, regionale Küche - zu genießen gilt. Als Vorspeise hatten wir an jenem Abend ein üppiges Gratin mit Krebsfleisch und Klösschen, die in einer reichhaltigen, sahnigen Safransoße schwammen. Das war delikat - und magenfüllend. Morel versuchte sich hernach (zum ersten Mal im Leben) an Froschschenkeln. Sie wurden in Butter und Petersilie gebraten serviert. Ein Einmal-Händeputzen-ZitronenTüchlein war gleich beigelegt. Morel schwärmte hernach von der Zartheit des Froschfleisches. Weniger mutig hatte ich Bresse-Huhn in einer Sahne-Morchel-Soße bestellt, das gut war; für mich allerdings doch ein wenig zu mächtig nach der Vorspeise.

Froschschenkel in Petersilienbutter
Im Süden dann versorgten wir uns weitgehend selbst in unserem Ferienappartement in der Nähe von Aix. Die französischen Supermärkte, in denen wir einkauften, erschienen uns dabei - anders als vor Jahren jene in der Toskana - nicht mehr Qualität zu bieten als hiesige vergleichbare, auch nicht, was die Auswahl und die Frische des Gemüses angeht. Aber vielleicht fanden wir auch einfach nicht die richtigen. Auf den Wochenmärkten indes war die Auswahl gigantisch; Augen, Ohren, Nase wurde viel und Unbekanntes geboten. 

Restaurants besuchten wir nur während unserer Ausflüge, dann jeweils zur Mittagszeit, und immer nahmen wir das "menu du jour", meist jedoch auf zwei Gänge reduziert (meistens kann man wählen zwischen Vorspeise + Hauptgang bzw. Hauptgang + Dessert). Unsere Auswahl trafen wir zufällig, ohne vorher Reiseführer oder Internet-Empfehlungen zu konsultieren. Trotzdem wurden wir nie wirklich enttäuscht (außer vielleicht ein wenig in Avignon, wo uns der starke Regen ins erstbeste Lokal an der Ecke trieb).

Le Plaza Le Paillotte, Arles
In Arles mieden wir das Café La Nuit und die angrenzenden Restaurants an der Place du Forum, die auf der Van-Gogh-Touristen-Welle schwimmen. Wenige Straßen weiter stießen wir auf Le Plaza La Paillote, wo ich die beste Gazpacho gegessen/getrunken habe, eiskalt, intensiv tomatig, mit frischen Kräutern gewürzt. Wunderbar. Auch die Hauptgänge (Dorade bzw Huhn) waren aromatisch provencalisch gewürzt und schön präsentiert. 

In St. Remy-de-la-Provence aßen wir im L´Aille ou La Cuisse, dessen Auslage an verführerischen Nachspeisen in der Vitrine im Eingang uns anzog. Trotzdem verzichteten wir dann auf ein Dessert, was sich als goldrichtige Entscheidung erwies. Denn als Vorspeise servierte man uns in Einmachgläsern delikaten Ziegenfrischkäse mit Früchten, Salat und Schinken. Als Hauptgang gab es Parmentier. Zu Hause verstecken wir unter der Kartoffelkruste meist Estragonhuhn. Hier war es ein Rindfleischschmorbraten, so zart, das die Stücke von der Gabel fielen.

 L´ Aille ou La Cuisse, St. Remy

In Aix speisten wir, erschöpft von einem vor allen Dingen Morel verdrießlich stimmenden Film über Cézanne, der kein fades Unverstandener-Künstler-Genie-Klischee ausließ, im zartblau dekorierten Salon-Café des brandneuen, privat finanzierten "Artcenters" des Hotel de Caumont. So doof der Cézanne-Huldigungsfilm ist, so kitschig die Artikel im Souvenir-Shop, so sehenswert ist die Ausstellung "Turner et la Couleur", die gegenwärtig (bis Mitte September) dort gezeigt wird. Das Café bietet zur Mittagszeit eine Auswahl an ambitioniert präsentierten Salaten, die nach Operntiteln benannt sind. In Frankreich muss einmal Foie gras sein, finde ich, also bestellte ich eine Variante mit ebendieser. Die Salate des Cafés sind teuer, sehr frisch, gut abgeschmeckt und originell kombiniert. 

Retro-Tankstelle, voll funktionstüchtig, St. Remy


Fast immer passt der regionale Rosé zu den leichten, sommerlichen Mittagsgerichten. Wir testen uns noch durch eine Auswahl, die wir eingekauft und in den heimischen Norden mitgenommen haben. Zuletzt, vor der herrlichen (wenn auch nicht meinem Geschmack, s.o., entsprechenden) Kulisse der Montaigne St. Victoire von der Südseite aus, besuchten wir die Domaine Richeaume, auf deren roterdigem Boden die deutschstämmige Familie Hoesch seit 30 Jahren biologischen Weinbau betreibt. 

Eine Food-Bloggerin wird aus mir nicht mehr, stelle ich fest. Ich esse gern. Am liebsten gut. Aber mir fehlen, grad wie beim Wein, meist die Worte, um einen Geschmack genauer zu beschreiben. 

Und ich bleibe, im Großen und Ganzen, ein nordisches Gewächs: Es darf schon mal Olivenöl sein, gutes selbstverständlich. (Gute) Butter bleibt mir lieber. Auch zu einem Croissant :-). 






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen