Dienstag, 6. Dezember 2016

BERGENDE BOTSCHAFT (Nikolaus-Tagebuch 2016)

Waren es Fittiche einst
eines Adlers, unter denen
mich zu bergen mir ziemte?

Das ist doch nur leeres Gewäsch. Nachahmung des fliegenden Türmers auf niedrigem Niveau. Wie wenn eine die Arme ausbreitete, winzige Momente lang, Flügel wüchsen und dann würde gefedert. Denn so geht es doch immer aus: Etwas sinkt zu Boden. Die Gravitation, unser Beharrungsvermögen, die Sehnsucht nach dem Bestand. Wir wollen Erben hinterlassen, sagte ich. Nur den Trägen mag es genügen Testamentsvollstrecker zu sein. Wir anderen wollen sorgen und versorgen weit über unsere Zeit hinaus, den Horizont strecken, der sich vor uns dehnt und uns so sauber verzwergen. Es steckt in unserem Bemühen ein verzweifelter Kampf gegen die Sterblichkeit. Ich gebe dir jederzeit zu, wie lange ich das geleugnet habe. Denn ich bin eine Gebärerin (wider Willen).

Wie wenn sich die Felder weiter erstreckten, über jede annoncierte Feldrandlage hinaus. Immer sind die Nachbarn hier draußen im Einöd in Wahrheit jedoch gesellig und hören grausige Musik. Es wandert kein Lied um den Mond und fliegt kein Ton zitternd nach Haus. Heimat ist, was verloren ist oder nicht (ist). (Wie Eifersucht zu Liebe.) Feindrandlage. Wo ich mich immer finde. 

Außerdem halte ich fest: An diesem Nikolaustag einen flüchtigen Moment deine Hand berührt zu haben. Ein Lächeln bis zu meinen Augen gezaubert, nicht bloß die Mundwinkel nach oben gezogen. Die Verkrampfung meiner Hände, die nach innen gestellten großen Zehen, die Traurigkeit, die mich grundlos überrollte, als du den Flur hinunter gingst, ohne dich umzudrehen, all das, so hoffe ich, blieb unbemerkt.

Es wird weiter regiert, wie gehabt. Kim-Faktor nicht ganz erreicht. Die Zufriedenheit derer, die ihre Feindbilder klar sortiert haben. Ich entfreunde mit Absicht den einen nicht, der Die Achse des Guten mit Likes verziert. Ich muss das lesen. Wie die Tiraden jener, die für Hamas Spenden sammeln. Die abscheuliche Sippensolidarität der von Erdogan enttäuschten Kopftuchträgerinnen. Den Aktivismus der popular-vote-getriebenen verzweifelten Clintoniaer. Wie von einem anderen Stern. Es steigt kein Fest, kein Himmel bricht. In Italien gibt es auch Weihnachtsmärkte, Demokraten, die Renzi verlassen und Hasardeure, die Weine testen. Alles wird gut, glaube ich, denn falls ich mich irre, werde ich das noch früh genug erfahren.

Es soll leicht sein, in einer Gruppe die Psychopathen zu identifizieren. Schizophrene erleben ihre manischen Phasen als unbeschreibliches Glück. Dann explodieren die Sterne. Ich könnte in die dunkle Rhön hinausfahren, in die wellige Wetterau auch und Sternschnuppen jagen. Ich wüsste schon, was ich mir wünschen würde XXX.

Luvm

Keine Rätsel. Nur Antworten. 

Ich habe die Frage vergessen. Mit Absicht.

Denn:

2 Kommentare:

  1. Deine Texte sind immer ein Glück für mich. Wirklich wahr, das ist nicht übertrieben. <3

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