Dienstag, 8. Mai 2012

BIT BLUESY (Zur Erinnerung an Grant McLennan)



Grant McLennan starb am 6. Mai 2006 in Brisbane. Ihm und Robert Forster, die die Songs für die Band "The Go-Betweens" schrieben, ist mein Blog-Roman "Melusine featuring Armgard" u.a. gewidmet. Lindy Morrison spielte Schlagzeug und Amanda Brown Geige und mehr.

Spring Hill Fair (1984) war die erste LP der Go Betweens, die ich bewusst wahrnahm. Das war das Jahr, indem ich begann zu studieren. Unkind and unwise war der Song, den ich am meisten mochte. Der Titel drückte aus, wie ich mich fühlte (dachte ich damals. Alle anderen fanden mich "sehr freundlich") Spring Rain und Head full of steam von der LP "Liberty Belle and the Black Diamond Express" waren meine nächsten Favoriten. Während Robert Forsters lines and tracks immer etwas Düsteres, manchmal fast Sarkastisches hatten, und er auch äußerlich die Rolle des Dandys ausfüllte, der die Welt mindestens so arrogant scannte wie Morrissey von "The Smith", wirkte Grant McLennan wie der nette Junge vom Land, aber seine Texte waren keineswegs naiv, sondern füllten die Lücke, den Riss in allem und durch alles, mit Melancholie und Heiterkeit, die sich bei ihm keineswegs widersprachen. Right here aus dem Album "Tallulah" (1987) ist eines meiner All-Time-Lieblingslieder und - "irgendwie" - auch "mein" Liebesleidlied überhaupt. 16 Lovers Lane (1988) enthält so viele Lieblingssongs, dass ich sie hier nicht aufzählen kann.

Die Go-Betweens trennten sich 1989; ich schloss mein Studium ab, das Land, das ich bewohnt und nicht geliebt hatte, hörte auf zu existieren und im Rückblick empfand ich eine perverse Nostalgie, fast so als hätte ich es doch geliebt, dieses Provisorium aus Verantwortungslosigkeit und Wohlstandsvöllerei, Badewannen voll Dosen-Bier, Liege-Feten zwischen Chips-Krümeln, Collagen-Kunst und Hegelianern, die sich im Morgengrauen schwermütig und kaltblütig zur Lektüre versammelten. Ich kniff die Arschbacken zusammen, wurde erwachsen, verdiente Geld, lernte Immobilien-Haie und Finanzmakler kennen und merkte trotzdem nicht, wie und warum die Eisdielen in Erfurt in die Hände der Camorra fielen. Ein Weimarer Restaurator schwärmte mir von neuen Zeiten vor, in denen wir "Westler" noch staunen würden, was im Osten möglich wäre. Ich war schon zu müde, um ihm zu widersprechen. Die Abwesenheit der Go-Betweens blieb ein Teil des Phantom-Schmerzes, den ich mit Anschaffungen und Zukunftsplänen betäubte.

2000 kam es zur Re-Union der beiden Song-Schreiber. "The Friends of Rachel Worth" erschien. Da wurde mein Lieblingslied When she sang about Angels, das auch einen ganzen Erzählstrang in "Melusine featuring Armgard" inspiriert hat (ANGEL. Everybody said that she´s good in bed). Heute liebe ich besonders Magic in here, wie dieser Beitrag zeigt: I don´t want to change a thing when it´s magic. 2005 erschien "Oceans Apart" und etwas begann sich zu regen. Das Lied He lives my life setzte Wellenbewegungen in Gang. Es vergingen aber noch Jahre, musste noch einmal Fontane gelesen werden und erstmalig der See, der Stechlin besucht, ein Dunkler Ritter aus der Unterwelt (Down under) kennengelernt und ein Schriftsteller (wieder-)gefunden werden (siehe: Credits) bis diese Schwingungen ins Schreiben mündeten. Ein Delta, kein steter Strom. 

Deshalb gibt es Gleisbauarbeiten. Ein schwacher Versuch, das Ursache-Wirkungs-Schema zu bedienen. Auch andere Rinnsale führten hierher. Andere Erzählungen. Auto.Logik.Lüge.Libido. und der Zugverkehr. Es gibt viel Grund froh zu sein, zornig, dankbar und traurig. 

Ich hätte gern noch mehr gehört von ihm, von Grant McLennan, dessen Stimme ich vermisse. "Bit bluesy..."





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