Freitag, 23. Juli 2010

Reisejournal (8): 1. Rude Britain und "The bride stripped bare by her bachelors"

Rude Britain:  A Stick of Rock, Cock?



Wie schnell diese Woche in London vergangen ist. Auf dem Weg zu der  Theatervorstellung in Coram´s Field habe ich gestern Abend um die Ecke in der Caledonian Street ein MiniCab bestellt, das uns Samstagmorgen nach Paddington bringen wird. Von der Theatervorstellung werde ich später noch erzählen (aus Gender-Perspektive ja ein äußerst fragwürdiges Stück: "Die Zähmung der Widerspenstigen") - und einige Links zu Songs setzen, die ich aber noch bei youtube finden muss.

Auf dem Weg zur Tate Modern heute morgen passierte ich die Statue von Emmeline Pankhurst und legte eine Blume nieder. In der Tate hatte ich viel Freude an der Sonder- Ausstellung "Rude Britain. British Comic Art". Immer wieder, selbstverständlich Hogarth, von dem hier im Blog nun schon öfter die Rede war. "The South Sea Bubble" passt unverändert, um auch gegenwärtig die vorherrschende Gesinnung zu illustrieren, die  "die Wirtschaft" und was ihr - angeblich - nützt, für "die Welt" hält. Auf Hogarth´s Stich schneidet der Teufel dem Glück (in weiblicher Gestalt) das Fleisch vom Leib und wirft es in die gierige Menge der Spekulanten. Im Vordergrund wird die nackte Wahrheit gerädert und geschlagen, während rechts die Ehre die Peitsche spürt. 

In der Dauerausstellung der Tate überraschte mich, welch starken Eindruck mir diesmal die Porträts von John Singer Sargent machten, deren "life likeness" mich so anrührte, dass ich fast die Hand ausstrecken mochte, um diese wunderschönen Frauen zu berühren, um zum Beispiel mich einzureihen in den Kreis, den die drei Schwestern Hunter auf einem Rundsofa bilden, einander an den Händen fassend und doch jede für sich gezeigt und erfasst: die linke ganz auf sich selbst bezogen mit einer Perlenkette spielend, die rechte den Blick des Betrachters aufnehmend, doch in sich zurückziehend und die mittlere offen auf diesen sich zu bewegend. Später fiel mir noch ein Gemälde von Walter Sickert ins Auge, von dem Patricia Cornwall behauptet, er sei Jack the Ripper gewesen. Es zeigt die ganz in rot gekleidete, angespannt vor einem dunkelbraunen Hintergrund lauschend stehende Schauspielerin Minnie Cunningham im Profil. Von Turner gefiel mir diesmal am meisten "London vom Greenwich Park aus", wohl als Ersatz für die entgangene Bootsfahrt nach dem von mir so geliebten Greenwich. 

Immerhin konnte ich die kurze Flusstour von der Tate Britain zur Tate Modern am Südufer der Themse genießen. Die "Klassiker der Moderne" haben es schwer bei mir zur Zeit. Schnell fühle ich mich gelangweilt, denke: Ah, klar, das kenne ich schon. Doch beeindruckte mich Richard Hamiltons (ja, das ist der, der das White Album der Beatles gestaltet hat) Rekonstruktion von "The large glass" bzw. "The Bride stripped bare by her Bachelors" von Marcel Duchamp. Es zeige, erläutert der beigefügte Text "sexual desire as the endlessly frustrated cranking of an absurd machine." Das überzeugte. Darstellung und Erläuterung.

Länger als sonstwo hielt ich mich jedoch in dem Raum auf, der den Photographien von Bruce Davidson gewidmet ist. Sie sind wunderbar, Momentaufnahmen aus der Underground von New York, so klar und tief wie es nur die analoge PHotographie auf Celluloid zu bannen vermag - und ein Fotograf, der sein Medium beherrscht, nicht nur handwerklich. 

Es ist 1 Uhr Nachts; ich hatte einen spannenden Tag mit Kunst und Theater. Morgen muss ich schon wieder packen, denn Samstag geht´s weiter. Vom Theater - wie gesagt - erzähle ich später. 

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