Mittwoch, 7. Juli 2010

WEGE DURCH MEINE STADT (6): Heimatlos



HEIMAT -






LOS

"Wer keine Heimat mehr hat, dem wird wohl gar das Schreiben zum Wohnen."

13 Kommentare:

  1. das klingt gut.
    fragt sich wie dieses schreiben dann klingt ?
    z.b.

    das lobsiebaby

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  2. naja - es soll ja leute geben die sich in ihrer angestammten heimat fremd vorkommen, heimatlos vielleicht.
    also ist dieser satz ( und mein angeschlossenes post ) eigentlich beliebig.
    die sprache - das schreiben - kennt keine terrestrischen grenzen.
    sie kennt allenfalls die vermittlungsprobleme der sprechenden - schreibenden innerhalb ihrer komplexion

    so genug von lobsters oberflächlichem kommentieren für heut.

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  3. Die HEIMAT (als Zustand) ist immer verloren - als der Ort, an dem man sich bruchlos, verbunden, gewiss fühlt. Denn wenn man sich so fühlt, weiß man es nicht, dass es Heimat ist. Erst wenn man es verloren hat, sieht man a l s Heimat darauf zurück. Deshalb kennt auch die Heimat keine terrestrischen Grenzen, denke ich: Sie ist ein Sehnsuchtsort.

    Im Schreiben zu wohnen - ich finde die Metapher schön. Doch wohne ich dort nicht. Ich wohne, wo die wohnen, die ich liebe.

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  4. Ich kann ein Haus ... bewohnen - wenn ich's hab
    Ich kann jemandem ... anwohnen - wenn ich muss
    Ich kann jemandem ... beiwohnen - wenn ich will
    Ich kann in mir ..... wohnen - ja, wenn ich's denn kann

    W e n n ich's aber kann, in mir wohnen, b i n ich Heimat - verbunden, bruchlos, gewiss. Dann hat auch die Geste des "Heimat Gebens" einen erfüllenden Inhalt. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Lieben. Und spürbar wird's, ganz intensiv, wenn "Heimat" (zurück)erobert wird.

    Wer Heimat verliert, ist der wirklich noch zum mitteilsamen Schreiben befähigt? Ist der nicht in Wahrheit "vortot"?

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  5. Wie viele Migranten wären dann, lieber Hans, ´vortot´? Ich kenne viele, die den - ganz realen - Verlust beklagen, dass sie an den Ort ihrer Herkunft nicht zurück können. Auch der, von dem das Zitat unter dem Bild stammt, wurde gezwungen seine Heimat zu verlassen. Das Land, in das er nach Jahren zurückkehrte, konnte ihm aus gutem Grund nie mehr "Heimat" sein.

    Manchen bleibt dies erspart. Zu manchen Zeiten, in manchen Regionen sogar den meisten: dass sie unter Zwang gehen müssen, dass die Rückkehr ihnen verweigert wird. Metaphorisch gedacht jedoch, glaube ich, dass wir alle "Heimat" verlieren. Es gehört - für mich - zum Erwachsenwerden, dass man Sicherheit verliert, Zweifeln lernt, Risiken eingeht, Bindungen - mindestens -dehnt. Solange man sicher "in der Heimat" ist, begreift man das gar nicht, weil es kein "Außen" gibt, von dem aus man drauf blickte. Erst, wenn man draußen steht, sieht man es: Wie ein Wanderer in die erleuchteten Fenster eines Hauses blickt.
    Das "Heimatgefühl" (verbunden, bruchlos, gewiss) hat man - ich jedenfalls - nur in Momenten. - Und, verzeihen Sie, Hans: Es geht gerade nicht um "Eroberung": Die Heimat ist der Ort, wo kein Krieg herrscht.

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  6. Schreiben Sie jetzt gar nicht mehr in der Dschungel?

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  7. Liebe read An, das ist ja schön, das Sie sich melden. Sie haben zwei sehr schöne Gedichte eingestellt. Ich freue ich mich sehr, dass ich Ihnen das hier schreiben kann.
    Nein, ich möchte den Herrn Herbst nicht ärgern. Aber ich lese Ihre Gedichte. Und gern.

    Herzliche Grüße, liebe Read An!

    Melusine

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  8. Ein sehr schöner (bzw., betrachtet man ihn genauer, "schöner") Satz ... und man könnte ihn fortsetzen, "... weil unser einziges Nest unsere Flügel sind (und gnade Dir Gott, die sind weg!!!); das stand irgendwo - ich glaube, bei Capote - als Motto oder so, und der Verfasser ist mir allerdings entfallen...

    Im Übrigen wäre die Installation perfekt, wenn man sich da rein setzen könnte.

    Und würde es Deine Integration behindern, wenn ich dieses Dein Blog-Häuschen in meinem solchem verlinken täte (oder wie man da sagen tut)? - Es steckt,ich gebe es zu, auch eine ordentliche Portion Bequemlichkeit dahinter, denn ich müsste dann nicht immer so rum suchen; gerade im Alter hat man es doch gern ein bissche behaglich... - Genau - hüstel!

    Mit vorzüglicher Zerknirschung

    Das Fossil

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  9. Lieber Graphodino!
    Gerne - gerade so habe ich es ja auch gemacht: Siehe rechts. Und ganz ohne zu fragen :) (sorry!)

    Herzliche Grüße - entknirschend (die mittelalten Knochen)

    Melusine

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  10. Schade, es wäre ein Verlust.
    Ich kann nur für mich sprechen. Hätte er mir gegenüber so reagiert, ich wäre geblieben, nicht aus Trotz, sondern trotzdem. Das macht die Dschungel aus, deswegen schreibe ich dort auch, und auch ich bin schon des öfteren dort mit anderen zusammengeprallt.

    Aber wie Sie es möchten, dann muss ich mich einfach ein wenig mehr zerstreuen, ich bin dort manchmmal zu festgewurzelt.

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  11. Liebe Melusine,

    "Heimat als Zustand", die Sie als "immer verloren" bezeichneten, hatte mein Interesse angezogen. Das kam vielleicht nicht deutlich genug hervor. Der Heimatbegriff als Umklammerung von Raumvorstellungen hat seine Wirkung auf mich vor längerer Zeit schon verloren, damit beschäftige ich mich nicht mehr besonders.

    Es ist eben die metaphorische Ebene, die mich fasziniert: Ihre Deutung in Richtung Verlust, den das Erwachsenwerden mit sich bringe, stimmt mich seltsam berührt. Dem will ich noch weiter nachsinnen.

    (Innere) Heimat wird immer wieder zum "Kriegsschauplatz", wenn die Erschütterung, das Beben im Außen allzu heftig ausfällt, wenn es zu Destabilisierung kommt. Das kann der gänzliche oder auch schon teilweise Verlust des umgebenden Gewohnten sein, zum Beispiel der Verlust des Arbeitsplatzes oder das Fortgehen des selbständig gewordenen eigenen Kindes. Es kann aber auch Erschütterung im Innen zur Destabilisierung führen, denken Sie sich eine entsprechende Krankheitsdiagnose.

    Das Ringen um Stabilität, während und nach der Erschütterung, kann sehr schnell Dimensionen annehmen, die mit Aufruhr oder gar Krieg nicht völlig verfehlt bezeichnet werden könnten. Das erleben auch Alteingesessene. Die (Rück)Eroberung eines inneren, sich heimatlich anfühlenden Zustandes, kann dann schon mal zum kräftezehrenden Prozess werden, vor allem, wenn die Restauration des "Alten" unmöglich wurde. Es kann aber auch misslingen. Wie viele Einheimische bleiben übrigens zeitlebens fremd mit sich selbst, halten sich aus engagiertem, beziehungsvollem Leben heraus, sind 'vortot', obwohl sie nie weg mussten (oder gerade deshalb?)

    Der Zustand "Heimat" lässt sich bewusst machen, kultivieren, sinnlich erfahren. Im Schmecken (Palatschinken!), im Riechen (Buchrücken), im Hören (Musik), im Tasten (Selbstberührung), und das alles mit geschlossenen Augen! Sie betreiben Yoga, finden diesen Zustand in konzentriertem Bewegen und Innehalten, nicht wahr?

    Die Bedeutung dieser Heimatauffassung für die Schaffenskraft (die künstlerisch genauso, wie die alltägliche) bedenke ich immer wieder auf's Neue, aber auch im Kontext von Salutogenese.


    Herzlichen Gruß entbietend
    H.

    PS: Ihr sorgfältig komponiertes Selbstbildnis fühlt sich beinahe als eigene, schöne Metapher an.

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  12. Liebe read An!
    Ich freue mich immer von Ihnen zu lesen. Hier (selbstverständlich) und Ihre Gedichte im Dschungel. Lesend kann ich den Herrn des Waldes nicht stören :). Ansonsten finde ich, es ist sein gutes Recht zu entscheiden, was und wen er dort lesen will.

    Irden und Erden - ruft in mir wach: Hinieden und Vonnöten. Die Bilder, die Sie gefunden haben sind sehr stark: das Schmettermosaik, die Spracheinblutungsblume. Ich weiß, Ihnen geht es um das "Gebären" von Sprach(e)(-formen). Doch ich spüre die GEBURT des Körpers durch den Körper, die kein Wort hat, kein Wort kann, aber - das Totentuch. Der Körper wird : zugedeckt - wörtlich. Gerade las ich in Markus A. Hedigers: Krötenkarneval über Engel: "Ausgehend von ihrer Funktion wage ich die Schlussfolgerung, Engel seien keine sprachlichen Wesen. Sie reden, aber sie verstehen nicht." Das Wort wird aus der Stille geboren. Die Stille zu zerreißen, ist ein Gewaltakt. Die Botschaft der Engel. Es sind Erz-Engel, schwertführend.
    Ich schreibe keine Interpretationen. Ich assoziiere. Verzeihen Sie.

    Lieben Gruß in die Nacht
    M.

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  13. Lieber Hans! Ich finde es schön, dass Sie so beharrlich darauf dringen, mir das Eingeständnis abzuringen (oh, das reimt sich, ich lass es jetzt aber stehen), das Heimatgefühl sei nicht "verloren". Sie selbst beschreiben jedoch sehr einfühlsam, wie "Heimat" - auch jenseits eines Bezugs zu einem Landstrich - verloren gehen kann und wie man darum ringen mag, sie zurückzugewinnen. Ich kann Ihnen da gut folgen.
    Doch ist es für mich so, dass eine bestimmte Form von Sicherheit/Selbstverständlichkeit (die vielleicht eh nur in die Vergangenheit imaginiert wird) sich nur noch in Momenten finden lässt, nicht mehr als Zustand. Auch glaube ich, dass es so sein muss. Ich kann das am besten mit einer Geschichte erklären (und damit wird es schon wieder fiktiv):
    Als Kind sprang ich gerne vom Vordach in den Garten. Ich hatte gar keine Angst dabei. Wenn das im Bauch beim Aufprall so ein herbes Zucken gab, genoss ich es sogar. Eines Tages dann stand ich auf dem Dach und schaute hinab. Ich sah zum ersten Mal, was ich schon tausend Mal gesehen hatte: es ging über zwei Meter hinunter. Und ich konnte nicht mehr springen. Das war ein sehr klarer Moment: Es ist gefährlich. Ich verstand das und stieg auf der anderen Seite hinunter.

    --Danke, dass Sie "Selbstbildnis" geschrieben haben und nicht "Selbstinszenierung" :)

    Herzlichen Gruß nach Wien
    Melusine

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