Freitag, 10. September 2010

GEIST DER ZEIT

von Tone Boss

Hätte ich nur vor der Zeit gesucht, die Welt wäre mir in den Schoß gefallen. Doch das verdammte heimleuchtende Lamm der Welt wandte sich in deinen letzten Tagen ab. So hatte ich nur die Dunkelheit, meinen Weg zu finden. Dich zu finden. Ich rannte aus der Zeit und schon warst du gegangen, mein trauriger Engel. Da richtete ich mein Verlangen auf den Horizont. Allein und müde. Ich schaute auf meinen von  Kriegen zerrütteten Staat und dort in den Oasen, auf die mein Blick fiel, sah ich Alles. Dort wartete schon die Stadt der Träume am Abgrund: an meinen Himmel geheftet wie die Morgendämmerung an die Nacht. Das ganze verdammte Königreich wartete. Weit in der Ferne spiegelte sich in den Glasfassaden der aufragenden Wolkenkratzer das Licht der Sonne. Wie ein Wunder stand  ich gezeichnet gegen das Licht, ausgespuckt aus den wild faulenden Ausscheidungen der grünbösen Träume meiner Jugend und verliehen an die diamantene Nacht der Stadt.

Mein Herz raste und flach atmend erreichte ich das reflektierende Neonlicht. Mit neu gewonnener Stärke und Zuversicht schleppte ich meine schwere Seele weiter und weiter und weiter. Ein Bild von allem, was hätte sein können und hätte sein sollen, stand vor mir auf.  Oh, welche Freude, die ich nicht fand, welche Infusion porzellanen Atems in meine Adern. Die Zeit des Schwelgens hatte mehr oder weniger begonnen, die Epoche des Saturn. Die Nymphen waren angekommen und ich konnte ihr ach so feines Lächeln viele Meilen entfernt noch sehen: Zeit zu spielen, Zeit ausgelassen zu sein, meine lieben Freunde. Ich wandte mich um, schaute in das endlose Dunkel zurück, das weiter und weiter und weiter sich ausdehnte. Tränen flossen, weil Nichts ungeschehen sein konnte, egal wie pur oder wie genial. Die Reformation war gescheitert. Es war Zeit für die Revolution. Zeit, nach vorne zu sehen. Die Macht der Verlassenen war nicht nur erschienen, sondern vereinigte sich mit der Lust. Glitzernde Paraden. Die Freude der Tobenden. Im Angesicht dieser diamantenen Nacht war er wieder ungebändigt und unbezwingbar geworden. Und wie trunken vereinigte er sich erneut mit der Strahlung. Minuten später in der Umarmung einer glänzenden nackten Nymphe, auf der Höhe seiner Fantasie hatte er grundlos den einen erschütternden, einfachen Gedanken: „Für wie lange diesmal, verdammt, für wie lange dieses Mal...“

Time out

(aus dem Englischen, übersetzt von M.B.)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen