Montag, 2. Mai 2011

OBAMA KILLED OSAMA. - NA UND?

„Obama killed Osama“, schreit Mastermind und reißt die Tür auf. So werde ich am 2. Mai um 6:30 Uhr geweckt. Verpiss dich, denke ich, aber das sagt eine Mutter natürlich nicht zu ihrem Sohn. („Lügnerin“, ruft Amazing, „genau so redest du mit uns, mach den Leuten nix vor.“ Alles frei erfunden, selbstverständlich, denn Familie ist privat und wir sind verdammt bürgerlich und deshalb trennen wir strikt zwischen Privatleben und Öffentlichkeit.)

„Freust du dich?“, will er wissen. Ich dreh mich weg. Was geht mich das an? „Mir doch egal.“ Bei näherem Nachdenken ist es mir nicht egal. Es stimmt mich verdrießlich. (Heute verstimmt mich alles. Ich bin einfach mies drauf.) Wenn Osama bin Laden gesagt und getan hat, was behauptet wird, dass er gesagt und getan hat (So sicher bin ich mir da nicht), dann hat er bekommen, was er wollte. Uncle Sam als Wunscherfüllungsmaschine: Wir anerkennen dich als Feldherrn einer bedrohlichen Gegenmacht. Wir suchen dich nicht als Kriminiellen, sondern führen Krieg gegen dich. Wir machen dich zum Märtyrer. Mr. Bin Laden wurde eine ganz große Nummer: Mit Stock und Sandalen weißgewandet durchs afghanische Hochland ziehend, mit sanfter Stimme den heiligen Krieg verkündend, mit tiefem Blick das Reich Allahs (inklusive hinreichend vieler Jungfrauen) versprechend. Der verwöhnte Sohn eines arabischen Ölmillionärs mit ein paar verqueren Ideen im Kopf und erheblichem Geltungsdrang war plötzlich Herausforderer der größten militärischen Macht der Welt. (Das war auch ökonomisch bedeutsam, denn nach dem Ende des Kalten Kriegs hätte der militärisch-industrielle Komplex ganz schön in die Röhre geguckt ohne diese neue Herausforderung). Rumsfeld orderte, Cheney intrigierte und verteilte die Gelder an seine Spezis, Bush junior erklärte die Kriege.

Ich bin nicht froh, dass Osama bin Laden erschossen wurde. Lieber hätte ich ihn vor einem ordentlichen Gericht gesehen. Wie die oben erwähnten drei Herren auch. Es wäre schwer geworden, das ist mir klar, ihnen ihre Verbrechen nachzuweisen. Bei allen vieren wäre es dem Staatsanwalt sicher am leichtesten gefallen, Belege für Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Korruption, Betrug beizubringen. Schwieriger wäre es gewesen, die vier für die Morde, die sie mutmaßlich beauftragt haben, zur Rechenschaft zu ziehen. Da keiner der vier direkt am Abzug gesessen hat, wäre es für Richter stets darum gegangen, ihren Tatanteil zu bestimmen. Mühsam das. Aber es wäre der Mühe Wert gewesen. Es hätte mich erfreut. 

Die gemeinsame Unterbringung der vier in einem Gefängnis hätte meinen Frohsinn noch steigern können. Unter dieser Bedingung wäre ich auch bereit gewesen – entgegen meiner sonstigen Überzeugung – eine etwas überlange Untersuchungshaft aufgrund der schwierigen Beweislage in Kauf zu nehmen. Vielleicht so lange, wie einige Unschuldige in Guantanamo gesessen haben?

„Ach Mensch, nie freust du dich.“, seufzt Mastermind. „BAYERN!“ (Ein Scheißtag eben – an dem ich schon in der Früh dran erinnert werde, dass ich einem Bayern-Fan Kost und Logis gewähre. Und die Eintracht steigt am Ende ab...) Ein wirklich missglückter Start in den Tag heute. „Obama killed Osama.“ Na und? Mir doch egal.

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