Dienstag, 14. Juni 2011

OHNE BEISSHEMMUNG

Ein Beitrag von BenHuRum



Mit tiefer, doch triefender Stimme rief sie das Mädchen herbei: „Mein Kindchen, ach, dass ich so vergesslich bin. Immerzu such´ ich mein Tüchelein. Verzeiht´s mir, mein Herzchen ?“ Das Kind half der Alten mit festem Griff unter die Arme, sich aufzurichten. „Herrjemine, Herrjemine, wie bin ich gebrechlich, mein Engelchen. Wie du alles wieder hergerichtet hast: das Tässchen und das Tellerchen, mein Gäbelchen und mein Küchelein.“ Das Mädchen schob ihr das Tischtablett vor die Brust und legt ihr die Finger um den Henkel der Tasse. Die Alte kicherte: „Ach, Kindlein, wie schäm ich mich, ich weiß nimmer mehr,  wo sie sind, meine Beißerchen, herrje.“ Es stand ihr, glaubte das Kind zu bemerken, das Wasser in den Augen. „Komm her zu mir, reich mir dein Händchen.“, rief die Alte. Es legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihr hinab. Da schlug ihr die Alte die Fangzähne in den Nacken. „Wie süß mein Engelchen heute schmeckt, wie reinlich und zärtlich das schmale Hälschen...“, frohlockte der Wolf.

(Zur Initiative "Wölfe gegen den Behaviorismus")

(Text: M.B.)

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