„Klassisch ist das Gesunde,
romantisch das Kranke.“
Johann Wolfgang Goethe
Das
Romantische ist der Kritik unterworfen, so sehr, wie es selbst die Kritik in Form
der Ironie sein will, weil das Romantische - und vor allem die romantische
Poesie - ALLES sein will: die GROSSE SYNTHESE, humorvoll und ernsthaft, All und
Schwall, Kuss und Schluss, Kraft und Ohnmacht, süchtige Erlösung. Also? Was ist
romantisch? Die Foto-Tapete, na klar. Auch die geschmähte Foto-Tapete - Strand,
Palme, Sonnenuntergang - ist romantisch. Weil aus dem dumpfen Kellerloch, wo
die Foto-Tapete an der Wand hängt, die Sehnsucht
dampft, nach Sonne und Südsee. Da aber klingelt der Theoretiker der Moderne
an der Tür und klebt seinen Kuckuck auf Tapete, Fernseher und Plattensammlung (zeitgemäßer: Ipod):
Es gibt nämlich echte und unechte Bedürfnisse. Der Tapetenkleber ist der
Tourismus- und Kulturindustrie verfallen, sagt Theo, der Theoretiker und bohrt
ein Loch in die Wand. Jetzt pfeift von draußen der Wind herein.
Der
Romantiker lebt im falschen Leben und steht am Abgrund. Der Horizont ist weit
und der Weg führt nach unten. Der Romantiker bleibt stehen. Der Romantiker
steht still. Er steht still und sehnt sich weg. Die Füße werden schwer, die
Augenlider schmerzen. Es ist, wie es ist, und es ist fürchterlich, seufzt er
und sinkt zu Boden. Ein Priesterlein kommt des Weges und zieht dem Romantiker
eine Kapuze über den Kopf. Dankbar schließt er die Augen und verblödet
beklommenen Herzens, ergibt sich dem Trunke und küsset die Füße seines Herrn. "Nur wer auf Knien betet. Und Lateinisch."
Größers wolltest auch du, aber die Liebe zwingt
All uns nieder, das Leid beuget
gewaltiger,
Doch es kehret
umsonst nicht
Unser Bogen, woher er kommt.
Friedrich Hölderlin
Das
Romantische wehrt sich gegen die ewige Schufterei und die böswillige
Nützlichkeit. Man will nichts haben, sondern werden. Der Romantiker ist der Mensch gebliebene Antipode des „Homo oeconomicus“, jenes imaginierten Monsters, dem
anzugleichen sich die Apologeten der Geldwirtschaft tagtäglich mit ihren Weckmaschinen,
Mobiltelefonen und Terminkalendern abmühen. Abends wollen sie aber doch ein
bisschen Kerzenschein und weiß gewaschene Unterhosen. Der Feierabend-Romantiker
verkostet guten Wein, tiefrot wie Blut. Auch Dracula, nicht wahr, war doch im Grunde ein
Romantiker? So rot wie Blut, so weiß wie Schnee, so schwarz wie Ebenholz. Ach
ja, die Liebe....
Der
Romantiker beschwört im Gesang die Ewigkeit, aber er kann nicht treu sein. Er
liebt die Liebe und die Frauen, den Wein und den Gesang (...nein, das war
vorher schon, Empfindsamkeit und so...). Der Romantiker will halt ALLES und
noch mehr. Genug kann nie genügen. Vor allem nicht die Welt, wie sie ist. Er
könnte der große Verbündete aller linken Befreiungsbewegungen sein.
(Nachtigall, ick hör dir trappsen: Auftritt - der „Sozialromantiker“). Davon
liest man eher nix. Denn der Romantiker liebt die Sehnsucht und verabscheut die
Tat. Der größte Feind des Romantikers ist der Pragmatiker. Denn sofort hat der
Romantiker den Verdacht, dass der Macher sich korrumpiert. (Was meistens stimmt,
übrigens!)
Das
Höchste und Edelste im Menschen verbirgt sich und ist ohne Nutzen für die
tätige Welt (wie die höchsten Berge keine Gewächse tragen), und aus der Kette
schöner Gedanken können sich nur einige Glieder als Taten ablösen.
Jean
Paul
„Der“
Romantiker wird ein Mann sein, wie man sieht, denn romantische Frauen sind fast
immer Projektionen, Wunschbilder männlicher Phantasien. Frauen nämlich bluten
einmal im Monat (so rot, so rot). Sie denken an frische Unterwäsche, Sicherheitsnadeln und Nagellack. Sie backen aus Kuchen Knusperhäuschen, knöpfen die Blusen auf und zu, schrubben die Böden, füttern die hungrigen Mäuler, lassen sich
ausführen, tanzen die Schuhe durch und lachen durch das Loch in der Wand in den
Wind, mein Kind.
Freiheit allein bringt Geist; Geist
allein bringt Freiheit
Bettina von Arnim
Ich
will ALLES. Kann nie genug kriegen. Lebe im falschen Leben. Glaube an die große
Liebe, die Auferstehung und die Revolution, kann Blut sehen, aber keinen Revolver
halten, zahle die Raten, lese Gedichte, verstopfe das Klo mit dem Fiskalpakt,
packe Sandsäcke und träume vom Meer. Verdammt. Romantisch.
das ist so schön und irgendwie auch war und gerade aus dem grund verlieben sich frauen so gerne in romantiker. denn auch sie sind sehnsüchtig und projizieren gern wunschfantasien auf irgendwelche verankerungen. sprich meist auf irgendwelche künstler und poeten, träumer und fantasten, die nur für sich selbst leben können und keinem nachwuchs den rotz von der backe wischen müssen....
AntwortenLöschenja, ein frauenleben ist ein teilzeitleben zwischen teizeitjob, halbe portionen, kurzurlaub und teilzeitromantik...
aber nur so kommen wir dem ideal des "ich will alles und zwar sofort" ein kleines stückchen näher.
Vielleicht ist der Wind, der von draußen reinpfeifft die eigentliche Romantik. Aber es geht ja nicht um Wahrheit, sondern um Polemik.
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