„Dass die Herausarbeitung der
Geschlechterdifferenz unterblieb, wird nicht ohne Grund der Herrschaft
angelastet, die die Männer in der Geschichte über die Frauen ausübten. Es ist
jedoch notwendig hervorzuheben, dass die Beschränktheit gegenüber der symbolischen
Kraft der Geschlechterdifferenz vor allem im philosophisch-wissenschaftlichen
Wissen anzutreffen ist, im Unterschied zu anderen kulturellen Bereichen, wie
den Mythologien, den Religionen (die Theologie ausgenommen) oder den Künsten.
Diese Tatsache deutet darauf hin, dass die sexistische Herrschaft für sich
allein nicht jeden symbolischen Ausdruck der Geschlechterdifferenz verhindert
hat: ihre Verarbeitung fehlt vor allem da, wo das menschliche Denken sich um
den Wahrheitsbeweis bemüht.“
(Fischer/Franco/Longobardi/Mariaux/Muraro/Sanvitto/Zamarchi,
Zamboni, Zanardo: Die Differenz der Geschlechter – eine zu entdeckende und zu
produzierende Differenz; In: DIOTIMA. Philosophinnengruppe aus Verona: Der
Mensch ist zwei. Das Denken der Geschlechterdifferenz, Wiener Frauenverlag
1987)
Philosophie
als „Liebe zur Weisheit“ ist ursprünglich Hinwendung zur Welt und zum Denken
über die Welt und zwar in der Weise des „Wohlwollens“, der Liebe zur Welt und
zu sich selbst als Welt-Wahrnehmenden. Dieser Liebesversuch wurde in Form des
Gesprächs unternommen, als
Gespräch zwischen Meister und Schüler. Auch diese Beziehung sollte durch
Liebe geprägt, in höchstem Maße erotisch sein. Der Schüler folgte den
Gedankengängen des Meisters, weil er unterstellte, dass dessen Wissen und
Erfahrung ihn weiter führen könnte, als wenn er sich alleine auf den Weg machte.
Die Philosophie konstituierte
damit eine Liebesbeziehung, die asymmetrisch war und auf Gehorsam
beruhte, also eine autoritäre, die sich vor Machtmissbrauch und Manipulation
jedoch dadurch zu bewahren suchte, dass ihr Ziel die Emanzipation des Schülers
vom Meister war und beide gemeinsam sich auf einer durch die Liebe geheiligten
Suche nach der Weisheit befanden, einer Suche, die notwendig nicht mit dem
Leben des Meisters enden konnte, sondern fortgeführt und neu vollendet werden musste im Leben des Schülers,
der zum Meister werden sollte für andere Schüler. Diese Spirale der
Liebesbeziehungen wurde durch die Schrift unterbrochen, die die Worte des
Meisters festhielt und ihnen Dauer verlieh über dessen Leben und dessen Liebe
hinaus. Damit war der Grundstein gelegt,
um das, was als Weisheit galt und weitergegeben wurde, von der Liebe
abzuspalten. Weisheit wurde zum
puren Wissen, das lieblos vermittelt werden konnte. Sokrates, so ist
überliefert (in der Schrift Platons!), hatte eben dies bei der Einführung der
Schrift befürchtet. Die Schrift verweigere das Gespräch, das sie nur noch
mimetisch vorgaukle; sie sei eine Täuschung, deren Verantwortungslosigkeit eben
darin bestehe, dass derjenige, der eine Wahrheit behaupte, für diese nicht mehr
„von Angesicht zu Angesicht“ mit seinem Leib einstünde und also Gültigkeit
behaupte, wo Vorläufigkeit angebracht sei, Antworten festschreibe statt zum
Fragen ermuntere.
Im Hintergrund: Frauen und Sklaven
Tatsächlich
aber irrte Sokrates und es wurde die Abspaltung von der Leibhaftigkeit der
Wahrnehmung und der Liebe zum Beginn dessen, was fortan als Philosophie noch
galt. Der Abschied des Denkens von der Person des Denkenden, seines Körpers und
seiner erotischen Beziehung zum Gegenstand des Denkens und zu seinen
Gesprächspartnern galt mehr und mehr als Reinigungsprozess: zur Klarheit
gelangt das Denken, indem es sich als neutral und distanziert von seinen
körperlichen Bedingungen und ohne Gefühl für seinen Gegenstand und seine
Mitmenschen denkt. Das war eine Fiktion, die auf Voraussetzungen gründete, die
schon Sokrates und seine Schüler wie selbstverständlich ausgenutzt hatten. Die
Zeit für die Gespräche beim Gang unter den Säulengängen gewannen sie, indem die
reproduzierenden Arbeiten in der Gesellschaft, von der aus sie sich dachten,
von Sklaven und Frauen erledigt wurden. Beide Gruppen waren konstitutiv für die
Form, die ihr Denken annahm und annehmen konnte, blieben aber in diesem
ungedacht. Dabei gab es jedoch einen gewaltigen Unterschied zwischen beiden
Gruppen: Während der Philosoph wusste und fürchten musste, dass er jederzeit
selber Sklave werden konnte (als solcher allerdings Meister eines „freien“
Schülers sein oder bleiben konnte), wusste er, dass er niemals eine Frau sein
würde.
„Der Mann/Mensch als männliches
Geschlechtswesen trägt die Begrenztheit in sich und verabsolutiert diese
Begrenztheit dennoch mit wachsender Dynamik in einer faszinierenden logischen
Parabel, indem er sie zur Universalität erhebt, so dass diese Universalität
vermittels einer abnehmenden Dynamik sowohl jenes begrenzte Männliche, das sie
hervorgebracht hat, als auch das andere Geschlecht enthalten kann, welches nun
zum ersten Mal in Erscheinung tritt, abwesend zwar in diesem logischen Prozess,
aber dennoch in ihn aufgenommen, einverleibt und an ihn angeglichen. Dies ist
der Weg, auf dem der Mann/Mensch die Parabel des Selbst durchläuft: Er findet
und erkennt sich als das Besondere seiner Universalisierung wieder. Der Frau
hingegen geschieht es, dass sie sich nur als das Besondere vorfindet, als das
endliche andere, das im universalen Neutrum Mensch/Mann enthalten ist.“
(Adriana Cavarero: Ansätze zu einer
Theorie der Geschlechterdifferenz; in: DIOTIMA. Philosophinnengruppe aus
Verona: Der Mensch ist zwei. Das Denken der Geschlechterdifferenz, Wiener
Frauenverlag 1987)
Eros: Bedürftigkeit und Begehren
Dennoch
- oder gerade deswegen ! - brauchte er, der Meister, als es darum ging, die
Grundlage des Eros zu ergründen, die Frau als Meisterin, die ihn führte und
lehrte: DIOTIMA. Es ist das einzige Mal in den Dialogen des Sokrates, wie
Platon sie schildert, dass eine Frau auftaucht. Es gibt viele Deutungen dieses
Dialoges des Sokrates mit der Diotima. Sokrates, wie Platon es erzählt, hegte
jedenfalls keinen Zweifel daran, dass es ohne die Liebe keine Weisheit geben
könne und wer von der Liebe etwas wissen wollte, wendete sich also an die Frau.
Diese allerdings, so berichtet es Platon, tritt nicht selbst in der Männerrunde
auf, sondern es wird von der Begegnung mit ihr erzählt. Auch das scheint mir
bedeutsam. Es ist der erste jener „Reinigungsprozesse“, die stattfinden müssen,
damit das Denken sich von seinem Ursprung lösen und das „autonome Subjekt“ zur
Geltung bringen kann, das sich selber zeugt. Noch aber hat sich das Denken nicht
von der Liebe gelöst – und deshalb tritt sie, die Andere, die später nicht mehr
gedacht wird und nicht mehr denkt,
noch einmal als Erzählte auf. DIOTIMA weiß um den Ursprung des Eros, der
nicht in der Schönheit liegt, sondern im Schlamm: EROS ist in ihrer Darstellung
ein Kind der Armut und des Lasters; die Mutter eine Bettlerin, der Vater ein
Säufer. Bedürftigkeit und Gier begründen die Liebe. Eros ist – von Mutters
Seite her – ausgeliefert, hilflos, sehnsüchtig und – von Vaters Seite her –
findig, bezaubernd, leidenschaftlich. Die Liebe ist das Wissen darum, dass es
keine Weisheit geben kann, die nicht der eigenen Bedürftigkeit und des eigenen
Begehrens eingedenk ist.
Wer
vom Eros ergriffen ist, will begierig und maßlos die Lücken füllen, die er an sich
selber wahrnimmt. Das Begehren richtet sich auf die Verbindung mit dem Anderen,
das „Nicht-Ich“ ist, auf Fruchtbarkeit und Zeugungskraft, auf das Hervorbringen
des Neuen, des Ungesehenen und Ungehörten; es ist gleichermaßen körperlich wie
geistig-seelisch. In Sokrates Erzählung von Diotimas Rede über die Liebe gibt
es die Fortpflanzung als Ausdruck dieser Liebe und die Hervorbringung des
Schönen in Kunst, Literatur und Gesellschaft. Immer geht es darum, die eigene
Lebensspanne durch die Liebe zu überschreiten. Der Eros ist das Verlangen der
Sterblichen nach Unsterblichkeit. Obwohl Sokrates aber Diotima anruft, um den
Grund der Weisheit, die Liebe, zu begreifen, verschließt er mit seiner
Erzählung im reinen Männerkreis dem weiblichen Wissen schon den unmittelbaren Weg in die Philosophie.
Denn die Fortpflanzung wird der Seite des Weiblichen zugeschlagen werden (der
Natur), während die Hervorbringung des seelisch-geistig Schönen, die Werke, zur
männlichen Aufgabe (der Vernunft) wird. Platons Schrift reproduziert und
verstärkt diesen Vorgang; die Verschmelzung der platonischen Philosophie mit
der paulinischen Theologie vom Vater-Sohn-Erlöser-Gott wird den Ausschluss
endgültig vollziehen. Der Mann, der denkt, wird sich von seinen körperlichen
Begierden und seinem Geschlecht „befreien“, wenn er denkt: als Mensch. Die
Frau, die nicht denken muss, wird in ihrer Mutterschaft aufgehen, ohne die
Liebe als Lust kennenzulernen (die heilige Jungfrau). Die Weisheit der DIOTIMA wird
verschwinden, als Spur aufgehoben nur im Text des Platon, für den niemand mehr
mit seinem Körper einstehen muss. Der „Wille zum Wissen“, zu dem die Liebe zur
Weisheit in diesem Prozess verkommen ist, hat sich die Körper untertan gemacht
und die Gier in Gewalt über sie verwandelt. (Es gehört zur Tragik des „Denkens
des Herrn“, dass die Kritik am „Willen zum Wissen“, wie sie zwei Jahrtausende
später Foucault vortragen wird, diese Denkbewegung vollendet, indem sie die
Selbstauslöschung des denkenden Subjekts betreibt.)
Die
Frau, die von sich aus spricht, ist nun
längst aus dem Diskurs verschwunden, wie auch der Mann, der der Philosoph einmal war, als er sich noch
mit der Diotima traf. Er ist jetzt der
Mensch, ein Neutrum, das sich als Text begreift. Nur wer genau liest, kann
in jenem Menschen das Geschlecht erkennen, das die Andere nicht ist, aber ihr
Sein als Voraussetzung braucht. Denn nicht nur die Fleischmassen, mit denen die
Spartaner ihre Kriege führten, mussten weiterhin aus Mutterleibern gepresst
werden, sondern auch die Denker in den Wandelgängen, die Feder-Halter und
Maschinen-Schreiber, die Sesselfurzer und Pult-Steher. Davon war aber nicht
mehr die Rede. Nicht davon, dass sie verhungert wären, hätte keine liebende
Brust sie genährt, dass sie zu Tode wund gelegen wären, hätte keine liebende
Hand ihre Windeln entleert, dass sie verkümmert wären, hätte keine liebende
Stimme ihnen ein Lied gesungen. Sie erlernten eine „Muttersprache“, die die
Sprache des Vaters war und die Mutter war schweigendes „Sein“. Die Weisheit der
Anderen kann daher nicht zu Gehör gebracht werden als Echo der „männlichen“
Philosophie; sie ist nicht, was dieser noch fehlt und hergestellt werden kann
in Bezug auf diese, sondern war stets deren ungesagter Ur- und Hintergrund. Sie kann sich zum Klingen nur bringen
durch die Hinwendung zur Anderen, zur anderen Frau:
„Dieses Schweigen zu brechen, gelangt
das Wort der anderen an mein Ohr: ihre Worte, ihre Vorstellungen treffen mit
den meinen zusammen und verbinden sich nach und nach zu einem Sinngewebe, einem
Geflecht von Bedeutungen. Zwischen meinem Schweigen, das versucht zu Wort zu
kommen und dem von der Sprache schon Gesagten erstreckt sich als Form der
Vermittlung, als vorläufige Distanz zum Unmittelbaren, durch die das Wort erst
möglich wird, die bisher stets vom Diskurs ausgeschlossene Dritte, die
symbolische Mutter, ein Gewebe von Vorstellungen und Bedeutungen, die zwischen
mir und der anderen ausgetauscht werden und es uns erlauben zu sprechen, Worte
zu sagen, die nicht mehr das Echo einer weit entfernten Stimme sind.“
(Wanda Tommasi: Die Versuchung des Neutrums;
in: DIOTIMA. Philosophinnengruppe aus Verona: Der Mensch ist zwei. Das Denken
der Geschlechterdifferenz, Wiener Frauenverlag 1987)
Was
Philosophie ist? Die Liebe zur Weisheit. An den Universitäten, wie man erkennen kann, findet Philosophie nicht
statt. Weder liebt man, noch sucht man Weisheit. Man will wissen. Man liest Texte. Man legt Texte aus. Es gibt keine Welt, die nicht Text
ist. Die „Philosophen“ an den Universitäten wollen nicht die Welt verstehen, sondern die Texte
vorgängiger Philosophen. Das ist das Ende der Philosophie. Es ist das Ende der
Philosophie, die sich von der Weisheit der Diotima endgültig verabschiedet hat: von dem
Wissen um die Bedürftigkeit und den Mangel, um die Gier und die Leidenschaft.
Es ist das Ende einer Philosophie, in der die Frau sich nicht sagen kann, weil sie angeblich immer schon mitgemeint
ist, in der Formel vom Menschen, der kein Mann sein will, kein Erzeuger, kein
Bedürftiger und kein Begehrender. An
dieser Stelle, an der die Philosophie und das Patriarchat am Ende sind, wird jedoch die Erinnerung an DIOTIMA von den Frauen wachgerufen. Die italienische Philosophinnen-Gruppe
„Diotima“ hat seit Ende der 80er Jahre eine Reihe von Texten vorgelegt, in
denen „die Liebe zur Weisheit“ gepflegt wird, die Hinwendung zur Weisheit der
Frauen um die unentrinnbare Einheit von Körper und Geist, um die Bedürftigkeit
des Leibes, den Mangel an Zärtlichkeit, das Begehren und die Leidenschaft, die
Hinwendung zum Gespräch und zur Autorität der Anderen, die gesucht wird. Es
gilt sich aus der Gefangenschaft zu befreien, die sich entweder nur begreifen
und aussprechen kann als das, was „der Mann“ nicht ist oder „von sich
absieht“ und sich in ein Neutrum verwandelt. Wenn die„Verlustspur des
Subjekts“, das kein Geschlecht haben durfte und kein Körper sein, dessen
Begehren negiert und dessen Bedürftigkeit geleugnet wurde, freigelegt werden
kann, werden sich auch für den denkenden Mann neue Wege auftun: was Freiheit zu
sein vermag, jenseits der Fiktion der Selbstschöpfung und Autonomie, wie der
Verlust der Nähe und des Körpers zu überwinden ist, die Anerkennung der Mutter
und der Mutterschaft, aber auch die Hinwendung zu Vaterschaft und die Liebe zum
Kind die Weisheit bereichern können. (Keine Missverständnisse: Es geht nicht
darum, Kinderlose auszugrenzen, sondern um die Wieder-Einbeziehung der Vielfalt
menschlicher Lebensformen in die Philosophie, die der Abstraktion vom
„körperlosen“ Erkenntnis-Apparat zum Opfer gefallen sind. Es geht darum, auch
das Begehren ernst zu nehmen, das sich nicht dem „Willen zum Wissen“ unterwirft
und Teilhabe am Diskurs nicht länger von Selbstverleugnung und
Distanz zum Anderen abhängig zu machen, nicht länger Beiträge, die „Von-sich-ausgehen“, die Anteilnahme zeigen und Erfahrung mitteilen, zu denunzieren.)
„Um die männliche Einschließung der Liebe im
Werk rückgängig zu machen, bedürfte es eines weiten Weges des Mannes in seiner
Erinnerung zurück: zum Ort der Trennung von Körper und Geist, zur Anerkennung
der Abhängigkeit von der Mutter als Lebensspenderin. Und er müsste dahin
kommen, auszusprechen, dass er der anderen als Freundin, als Liebender und
Mitdenkender bedarf. Nur darüber vermittelt kann es zu einem noch ausstehenden
körperlichen Denken kommen, in dem allererst Nähe und Berührung von Lebendigem
möglich wäre, weil es nicht von Phantasmen und Projektionen beherrscht wäre.
Statt durch (Selbst-)Schöpfung fortwährend in eine eigene Welt gebannt zu
bleiben, müsste der Mann ´den Zyklus der Einsamkeit ...vollenden, um zum
anderen zurückzukehren, verletzt vielleicht, aber frei“ (Luce Irigaray). In
einer solchen geistig-körperlichen Rückkehr könnte ein ´Gedächtnis des
Berührens´ erwachsen, das sich in unserer Kultur aber bisher nicht realisiert
hat.“
***
Ursprünglich
war es meine Absicht, über das kürzlich im Ulrike Helmer Verlag erschienene Buch
„Macht und Politik sind nicht dasselbe“ der Diotima-Philosophinnen-Gruppe in der Reihe "Erlesen. Buch-Empfehlungen" zu schreiben. Immer wieder griff ich beim Schreiben zu den bisher in deutscher Sprache erschienen Bänden der Gruppe in meinen Regalen, um mich der Zusammenhänge und meines eigenen - vorläufigen - Standpunktes zu den von DIOTIMA verhandelten Themen und Begriffen zu vergewissern. Daher möchte ich nun meine Gedanken zu jedem der Bücher in einer losen Folge darstellen,
an deren Ende erst die „Besprechung“ des neuen Bandes stehen soll.
Die italienische Philosophinnen-Gruppe DIOTIMA entstand im Jahr 1983. Von Anfang an ging es darum, dass verschiedene Frauen innerhalb und außerhalb der Institution Universität sich gemeinsam, im Gespräch miteinander, darüber verständigten, wie das Begehren von Frauen in einen philosophischen Diskurs eingebracht werden könne, der wie selbstverständlich davon ausging, dass die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht keine Bedeutung für die Beiträgerinnen hatte.
Die italienische Philosophinnen-Gruppe DIOTIMA entstand im Jahr 1983. Von Anfang an ging es darum, dass verschiedene Frauen innerhalb und außerhalb der Institution Universität sich gemeinsam, im Gespräch miteinander, darüber verständigten, wie das Begehren von Frauen in einen philosophischen Diskurs eingebracht werden könne, der wie selbstverständlich davon ausging, dass die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht keine Bedeutung für die Beiträgerinnen hatte.
Dieses ist mein erster Post zu der von mir geplanten „DIOTIMA-Reihe“; er gilt dem Band „DER MENSCH IST ZWEI. Das Denken der Geschlechterdifferenz.“, der 1987 erschien. Ich habe ihn erst einige Jahre später gelesen, als die Bedeutung der Geschlechterdifferenz mir durch meine Arbeiten zu William Hogarth, aber auch durch meine eigenen, veränderten Lebensumstände (ich war Mutter geworden) zunehmend bewusst wurde. Meine Fragen damals galten zuerst nicht der Konstruktion von „Weiblichkeit“ und der „Rolle der Frau“, sondern richteten sich auf die verdeckte Bedeutung von „Männlichkeit“ in kunsthistorischen, literaturwissenschaftlichen und philosophischen Kontexten, denn mir war aufgefallen, wie sehr die Texte und Bilder, mit denen ich mich beschäftigte durch die Darstellung der Geschlechterdifferenz geprägt waren, ohne dass dies jedoch offen thematisiert wurde. „Die Frau“ war eingesetzt, um das „Andere“ einer Männlichkeit zu repräsentieren, die sich über sich selbst ausschwieg. Daher habe ich diesen Beitrag mit einem Zitat abgeschlossen, dass die Hoffnung ausdrückt, die Auseinandersetzung mit der Geschlechterdifferenz sei kein ausschließliches Projekt von Frauen, sondern werde auch zum Anliegen vieler Männer.
DIOTIMA. PHILOSOPHINNENGRUPPE AUS VERONA: DER MENSCH IST ZWEI. DAS DENKEN DER GESCHLECHTERDIFFERENZ, WIENER FRAUENVERLAG, WIEN 1987 (antiquarisch)
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