Ich
tappe auch immer wieder in die alten Fallen.
„WOMANTHOLOGY: Heroic“ ist angekommen: Das heroische Projekt von über 150 Autorinnen und Zeichnerinnen, die Vielfalt weiblichen Comic-Schaffens in einem fetten, bunten Band zu dokumentieren. Entstanden aus den Rückmeldungen auf einen Tweet von Renate de Liz („Female Creators – would you be interested in being part of an anthology made by all females, possibly published, w/profits for a cause?“) und binnen weniger als 30 Tagen finanziert durch die Subskribentinnen bei Kickstarter, ermöglicht dieser Band einen Einblick in das vielfältige und spannende Schaffen weiblicher Comic-Macherinnen.
„WOMANTHOLOGY: Heroic“ ist angekommen: Das heroische Projekt von über 150 Autorinnen und Zeichnerinnen, die Vielfalt weiblichen Comic-Schaffens in einem fetten, bunten Band zu dokumentieren. Entstanden aus den Rückmeldungen auf einen Tweet von Renate de Liz („Female Creators – would you be interested in being part of an anthology made by all females, possibly published, w/profits for a cause?“) und binnen weniger als 30 Tagen finanziert durch die Subskribentinnen bei Kickstarter, ermöglicht dieser Band einen Einblick in das vielfältige und spannende Schaffen weiblicher Comic-Macherinnen.
Sexismen
und ewig-gleiche langweilige Gewaltorgien sind in vielen Graphic Novels an der
Tagesordnung. Die Liste der einsamen, gestörten, beziehungsunfähigen, aber
kampfgeilen Superhelden ist lang und sie haben eine große Fangemeinde. Auch ich lese/schaue gerne Graphic Novels, einige, wie zum Beispiel "Watchmen" sind für mich nicht
weniger bedeutend als Romane der sogenannten „Hochkultur“. Dennoch: Wie im sonstigen Literaturbetrieb (hoch oder niedrig) nerven mich auch in den Comics
die Geschlechterstereotype und die sich wiederholenden öden Erzählungen über
starke Männer und schwache Frauen, die Wichsvorlagen-Bombentrichtertitten
und die Selbstvergewisserung männlicher Egos durch die Unterwerfung oder
Überschreibung der Frau, die Entwürfe von Frauenbildern, die keinen anderen Zweck haben als ziemlich simple Männerwünsche zu befriedigen und der Mangel an Darstellung von Beziehungen
zwischen Frauen. Es gibt natürlich viele Graphic Novels, die nicht so
sind: Zuletzt habe ich dem Amazing die Reihe „Y-The Last Man“ aus dem Regal
geklaut. Trotzdem vermisste ich weibliche
Autorinnen und Zeichnerinnen, andere Blicke und Blickweisen auf Frauen- und
Männerkörper, abwechslungsreichere Handlungen und einen vielseitigeren und queeren Umgang mit den ikonographischen Vorräten. Die Branche wird von männlichen Machern und Konsumenten dominiert.
Snow White, Blood Red von Peggy von Burkleo und Alexis Hernandez |
Und hier ist es also: WOMANTHOLOGY: Heroic. „Die Zeichnungen sind hochwertig.“, gibt der Amazing sofort zu. Seine Kritik aber teile
ich zum Teil: Die Stories, die jeweils höchstens 2-6 Seiten umfassen, sind oft
sehr flach und schlicht. Wir beide, der Amazing und ich, mögen
entwickeltere und verwickeltere Geschichten. Das Talent vieler Zeichnerinnen dagegen ist unverkennbar, so
unterschiedlich die Stile sind. Worum geht es? Um (verhinderte) Superheldinnen,
Monster, Diskriminierung von Farbigen, Punks, Schwulen und Lesben, High
School-Lust und Frust, Kinder- und Alp-Träume, Hexerei, alte und junge Frauen,
Freundinnen, sexuelle Übergriffe, Roboter, Katzen (naja) und andere Tiere,
Detektive, Raumschiffe, Liebeskummer, Prinzen und Prinzessinen, Piratinnen und
Meerjungfrauen, Kinder und Küche.
Die ganze Palette also. Vom klassischen amerikanischen Stil (viele
Kameraperspektiven, harte Schnitte, starke Kontraste, flache Räume, kleine Bilder), über den
franko-belgischen Stil (größere Einzelbilder, oft mehr Tiefenschärfe) bis zum
japanischen Manga-Stil ist alles vertreten.
Und
dann schlägt die Falle zu: „In every heart a Masterwork“ von Gail Simone
(Autorin) und Jean Kang (Zeichnung) verschönert die kleine Schwester die
Horror-Comics des Bruders, indem sie die gruseligen Monster-Biester und
Splatter-Gangster in Gäste einer Geburtstagsparty verwandelt oder niedliche
rosa Hasen retten lässt. Eine dümmliche Stimme in meinem Kopf nennt das schnell: Verharmlosung. Dann merke ich, wie sehr ich mich selbst wieder mal von den antrainierten Reflexen habe leiten lassen: düster, negativ,
hässlich, gewaltätig = Kunst(verdacht); hell, heiter, optimistisch, bunt,
fröhlich = Kitsch. Tatsächlich wird hier die Geschichte einer
Selbstermächtigung erzählt. Das Kind fürchtet sich vor den Monstern, die es aus
den Comics des Bruders angreinen. Aber statt heulend davon zu rennen, ergreift
es die Initative und seinen rosaroten Malkasten „art4kids“. Mit den
Mitteln, die erschrecken sollen, malt und klebt es sich eine eigene, eine
„heile“ Welt zurecht. Dieses Kind ist naiv, selbstverständlich, aber naiv ist
nicht gleich dumm, im Gegenteil. Mehr naive Optimisten täten der Welt gut.
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