In diesem Jahr ist Neuseeland Partnerland der Buchmesse. Mein Sohn Amazing hat einige Monate in Neuseeland gelebt, auf der Nordinsel, in einem Vorort von Auckland. Da war er 16 und ich lernte beim Abschiednehmen und in den Monaten ohne ihn, dass mein Leben sich ändern musste, die "Familienzeit" sich ihrem Ende zuneigte. In jenem Sommer fuhren wir, die "Restfamilie", in Urlaub an die Mecklenburgischen Seen und ich begegnete dem Stechlin, der Auslöser wurde für die Bloggerei, die es mir ermöglichte, wieder zu schreiben und mich mit Menschen in Verbindung brachte, die ich ohne sie nie kennengelernt hätte.
Der Amazing nahm aus Neuseeland viele Erfahrungen mit, vor allem wohl die einer wesentlich liberaleren Gesellschaft, die Vielfalt nicht "erträgt", sondern bewusst bejaht. In der ersten Schulwoche berichtete er mir beim Skype-Telefonat: "Wir haben einen Schwulen in der Klasse und das ist ganz o.k. Man weiß es und es ist nix dabei. So was wäre daheim unmöglich." Dass alle anders sind und keiner "normal", war die wichtigste Erkenntnis, die der Neuseeland-Aufenthalt dem Amazing brachte. Dabei war er nicht unkritisch. In seiner Gastfamilie mit angelsächsischem Background nahm er durchaus rassistische Tendenzen gegenüber den Maori wahr; aber er stellte auch fest, dass in der Schule solche Haltungen nicht geduldet und aktiv bekämpft wurden. Ich weiß nicht, ob es einen kausalen Zusammenhang gibt. Der Freundeskreis des Amazing jedenfalls ist seit dem Neuseelandaufenthalt wesentlich "bunter" geworden. Viele seiner Freunde und Freundinnen haben einen asiatischen Hintergrund, die Eltern des jungen Mannes, mit dem er in der kommenden Woche die erste eigene Wohnung beziehen wird, kommen aus Pakistan.
Der Amazing ist kein großer Naturfreund (Wandern hält er bekanntlich für Folter). Der Schönheit und Unberührtheit der Landschaft auf der Südinsel konnte er sich jedoch nicht verschließen. In den Schulferien unternahm er damals eine 14tägige Reise auf die Südinsel, bei der sich beinahe ein Ohr abriss (wovon ich auf Facebook durch ein gruseliges Foto erfuhr) und zum ersten (und letzten?) Mal Bungee sprang (wonach er mich mit einer SMS um halb sechs Uhr morgens - Zeitverschiebung - aus dem Bett warf: "WOW! Bungee!").
Unwahrscheinlich, dass ich jemals nach Neuseeland komme. Doch ich reise "auf der Stelle" hin, indem ich neuseeländische Literatur lese. Eine der für mich beeindruckendsten und wichtigsten Autorinnen kommt aus Neuseeland. Ich habe ihrem Werk hier im Blog schon mehrmals Posts gewidmet: Janet Frame. Die Überschrift über dem ersten Post gilt nach wie vor: Entdecken Sie Janet Frame! Eine weitere Autorin, die ich sehr empfehlen kann, ist Keri Hulme. Und wie immer lohnt es sich natürlich, die Texte im Original zu lesen.
Meine Empfehlungen zur Buchmesse:
Entdecken Sie Janet Frame (An Angel at my Table, Poems, Short Stories)
For Creation is movement (Janet Frame: towards another summer)
Te Mutunga - Ranei te take. Das Ende ist der Anfang (Keri Hulme: Bone People)
Auch eine meiner Lieblingsautorinnen stammt aus Neuseeland: Katherine Mansfield mit ihren wunderbaren Short Stories: http://de.wikipedia.org/wiki/Katherine_Mansfield Hervorragend übersetzt von Elisabeth Schnack, längere Zeit vergriffen, jetzt bei Diogenes neu aufgelegt. Trotzdem natürlich am besten im Original.
AntwortenLöschenUnd jetzt bestelle ich mir endlich Janet Frame!
Liebe Grüße!
Danke für die Erinnerung an die großartige Katherine Mansfield. Erstaunlich, dass so ein kleines Land so viele Autorinnen hervorgebracht hat, die einem sofort einfallen, noch vor den männlichen Autoren. Vielleicht ist das kein Zufall. Neuseeland war auch das erste Land, in dem die Frauen das Wahlrecht hatten.
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