Freitag, 18. Juli 2014

Eigentlich...

Eigentlich sollten Posts, die mit "eigentlich" beginnen, gar nicht geschrieben werden. Denn eigentlich ist "eigentlich" ein gar verdächtig Wort. Kein Schatz. (Kein Fall also für den Wort-Schatz, das pädagogische Projekt, das auch schon lange brach danieder liegt.)

Trotzdem mal geschaut, was eigentlich  im Grimm´schen so steht. Ohne Goethe geht´s eigentlich nie:

ich macht ihm deutlich, dasz das leben,
zum leben eigentlich gegeben,
nicht sollt in grillen, phantasien
und Spintisiererei entfliehen


So lässt´s sich´s zusammenfassen, Dichterkönig: Das "Eigentlich" ist die In-die-Pflichtnahme gegen die Grillen, Phantasien und Spintisierereien, gegen das Uneigentliche, Irrelevante, gegen die Prokrastination und Verschwendung. Den Verdacht hat der Mann aus Frankfurt nur noch erhärtet: "Eigentlich" will aufzwingen, was wichtig ist, richtig und gut. Was eigentlich zu denken, zu tun, zu sagen wäre. Wenn da nicht wären: Grillen, Phantasien, Spintisierereien, Schlaf- und Traumlust, Wägbarkeit, Sowohl-als-auch, Muße. Das "eigentlich" ist also eigentlich ein Wort, das aus dem Wort-Schatz verbannt gehört, weil es ihn mindert und seine Bedeutungshöfe einschränkt.

Manches Mal indes braucht es das "Eigentlich" dann doch. (Sie sehen: Ich schreibe nicht, diesmal, "sie", "wir" oder gar "ich". Mit Grund.) Denn eigentlich will es gar nichts schreiben. Schlapp sein. Sich aus der Sonne legen. Gesichtsgymnastik machen. Oder so. Aber auf der Seite steht oben noch immer der depperte Tanz, von dem es sich ärgert, dass es überhaupt was dazu geschrieben hat. 

Das war doch so gewesen, eigentlich: "Haste das gesehen?", wurde sie gefragt und hat sich das aus der ARD-Mediathek hochgeladen. "Bisschen dämlich.", hat sie gesagt und damit hatte es sich. Erst später dann, als auf Facebook und Twitter im Sekundentakt beleidigt wurde, hat sie sich aufgeregt. Als die Leberwürstchen ans Werkeln gingen, die es nicht ertragen konnten, dass in der sogenannten Qualitätspresse das ARD-Sponsoren-Spektakel auf seinem Höhepunkt nicht ganz so doll gepriesen wurde wie bisher gewohnt. Als sich zeigte, dass gegen "unsere Helden" keine/r auch nur ein Flüsterwörtchen sagen darf, ohne dass die Volksseele kocht. Da ist sie sauer geworden und hat vom Leder gezogen (sagt man/n so???)  Und sie mag Fußball, trotzdem. Das Spiel, wohlgemerkt. 

Dennoch ist´s ihr/mir jetzt peinlich. Dass es so breit oben steht auf der Seite. So wichtig scheint. Eigentlich. Ist´s mir das nicht. Sondern. Davon heute nichts. Denn eigentlich will ich heute nix posten.

Eigentlich...
Denn was geschrieben ist, das steht eigentlich fest. 

(Hehe, da kommt der Schalk raus vom Aufpasser "Eigentlich": Denn eigentlich ist ja immer auch das Gegenteil genauso wahr. So gründlich ist der - eigentlich - nämlich gar nicht. Denn eigentlich ist "Eigentlich" immer nur ganz eingeschränkt plausibel. Uneigentlich  wenn eine so will. Eine Doppel-Existenz: Ordnungshüter und Chaot in einem.) 


(To whom it may concern: Ich schalte hier grundsätzlich keine anonymen Kommentare frei. Wer sich nicht mal die Mühe macht, sich eine wiedererkennbare Open-ID zuzulegen, dessen Beiträge sind hier obsolet. Ich hatte das öfter schon mal geschrieben, aber es weiß vielleicht noch nicht jede/r Fan der Seite. Insgesamt tendiert meine Lust mit Menschen im Netz zu diskutieren, die sich bedeckt halten, sich z.B. hinter immer wieder wechselnden Nicks verstecken oder sich Fake-Identitäten zulegen, gegen Null. Ich glaube nicht an das Habermas´sche - oder irgendein anderes -  Kommunikationsmodell, bei dem logische Argumentationsketten von neutralen Vernunftsmenschen ausgetauscht werden, bis d i e Wahrheit sich zeigt. Ich glaube an Beziehungen. Und gehe von Wahrheiten aus.)



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