Dienstag, 24. November 2015

ES LEBE DIE IGNORANZ! ("Können Muslime nicht malen?" oder "Was ist ein Fakt?)

Großen Menschheitsfragen gilt es auszuweichen, geradeso wie Kirchenfürsten, die als Klimakönig oder Weihnachts-Grinch Kompetenz vortäuschen, die ihnen fehlt. Wer die Mühen der Ebene scheut, sollte die Klappe halten, statt Beistand (von oben) anzurufen.  Schlage ich mal vor. Ich traue nur noch denen, die hingehen, wo es ungemütlich ist und Zustimmung unwahrscheinlich: An den Fronten der Widersprüche, der Ängste und Verletzlichkeiten. Wo Zorn wächst, Hass und Leid. Und Phrasendreschen nicht gediegen wirkt, sondern blöd. "Am Anfang war das Wort"? Blabla. Die TAT! 

Mit anderen singe ich vielleicht Lieder (besser: summe mit). "Schneeflöckchen. Weißröckchen." Ich bin konservativ und kitschorientiert bis ins Mark. Ich werde auch dieses Jahr wieder Adventskalender aufhängen und Tannengirlanden schwingen. Oder friedfertig lächeln. (Und inwendig fluchen?) Ich weiß nichts besser und nichts Besseres.  "Sie wollen halt perfekt sein.", hält mir einer vor. Das begreife ich als Beleidigung. Zeit zum Schmollen bleibt indes nicht. Ich wünschte, ich könnte mal was ausplaudern. All die Geheimnisse, die ich nicht hüte. Stattdessen kneife ich die Arschbacken zusammen. Ich bin feiger geworden. Und trauriger. Immer nur der (Über-)Mut hat mir Glück gebracht.  

Was wäre wenn: Schlachten-Maler Baselitz gesagt hätte: "Schwarze können halt nicht so gut malen. Das ist ein Fakt." oder "Muslime können halt  nicht so gut malen."? Gäbe es dann Solidaritätskundgebungen einer empörten Linken? Davon ist auszugehen. Wie von all der Selbstgerechtigkeit in jeder Timeline. Jede/r will sich noch ein wenig Distinktionsvorteil verschaffen: Viel- und Fernfliegerinnen gegen Konsumfetischisten und Fleischfresser, Gemüse züchtende Eigenheimbesitzerinnen mit Solardächern gegen Hartz IV- Stromverbraucher mit Flachbildschirm, gefühlige Katzenbilderposter gegen rationalisierende Nerds. Es lebe der Widerspruch. Und die Ignoranz!

Denn ohne Ignoranz geht gar nichts. Die meiste Zeit will ich mich mit niemandem streiten und niemandem anvertrauen, wie heftig ich liebe. Die meiste Zeit will ich so tun, als ob ich die meisten erträglich fände und niemanden von der Klippe stoßen könnte. Die meiste Zeit setze ich eine unverfängliche Miene auf, rede so mit und rum und wenn es mir schlechter geht, reiße ich dümmliche Witze. Die meiste Zeit achte ich auf meine soziale Verträglichkeit. Aber die allermeiste Zeit verlasse ich mich auf das Bekannte und die geliebten Menschen und sperre die Welt da draußen aus. 

Es lebe der Eskapismus! Ich liege das aus und stehe dazu. 

Heute Abend schaue ich Eric Rohmers "Herbstgeschichte". Auch wenn´s schon Winter wird. Ich bin nämlich immer ein wenig zurück und rückständig, obwohl ich so schnell renne. Und für niemanden spreche.

2 Kommentare:

  1. yoe ... ?
    temperament gehört - wenn überhaupt möglich - dazu : sonen syntaxflow darf ich angenehm(st) flüssig lesen - okey manche textinhalte verlangen nach nachlesungswürdiger gesperrtheit ( diese drängte sich auf ) ... ( not even ma zhang )
    und philosophische texte ( haben explanationsabsicht isn't it ) ... sowas wie ein weiteres, was ich hier schon irgendwie favorisierte, wa ?

    i am not really alone

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  2. frank zappa :

    " definition des rockjournalimus : leute die nicht schreiben können, machen interviews mit leuten, die nicht denken können, und fabrizieren daraus artikel für leute, die nicht lesen können. "

    aus zappa ' i am the american dream '

    vorher - balzac :

    " kritiker wird man, wenn man nicht künstler werden kann ( ... ) "

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