Montag, 3. Oktober 2011

Pupp-A-Mania (7): FAMILIENIDYLL


Der Reiz solcher Szenen, ahnt selbst unser Kater, wie er sich scheinbar selbstvergessen die Pfoten leckt,  liegt in den unausgesprochenen Zeichen, die sie versenden. Was das Katzentier durchs Fenster schaut, ist die Mutter im Schein der Lampen, die ihren Busen über die Näharbeit reckt. Das gute Annerl hat´s versäumt die obern Knöpfe zu schließen, weil doch das Kind in der Nacht noch einmal verlangen wird nach ihrer Brust. So sitzt sie da in der hell erleuchteten Stube wie eine Schlampe; den Blicken jedes Nachtwanderers preisgegeben, der ums Haus schleichen mag. Ist´s da ein Wunder, wenn der Kasperl sich erzürnt über sie, der selbst nicht mehr hinlangen darf, seit das Balg sich in die Welt hinein gebrüllt? Er weint bitterlich in seiner Kammer droben und drückt des Annerls Kissen auf sein Gesicht. Das Raubtier schnurrt behaglich, als es die Tatze durchs Fenster hebt, dem braven Kasperl die Krallen über das Bäuchlein zu streichen. Was ein Wehklagen das sein wird! Wie das Annerl die Treppen herauf rennen wird!  Zu spät, zu spät. Das Annerl keucht und schlägt die Fensterläden. Das Monster draußen lacht aus grünen Augen schauerlich. Und Kasperl schreit: „Ich schlag dich tot.“ Jetzt kommt´s: Sie beugt sich über ihn und schleckt auf, was nicht zu sehen sein soll im Pupperlhaus. Zwischen Zunge und Haut muss es gewesen sein, bevor sie´s hinunterschluckt: ein Tropfen lebendig rothes Blut.

______________________________
Bisher erschienen:

Verwandte Beiträge 
(was im Puppenhaus ironisch romantisiert ist, wird in der Fabrik der Engel blutigster Ernst):

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen