Sonntag, 29. August 2010

BRAVO FOTO-LOVE STORY: MASOCHISTISCHE NEIGUNG








Als M. gegen Mittag von zu Hause aufbricht, ist sie voll hoffnungsfroher Erwartung. Sie hat sich schön gemacht für die launische Geliebte. In deren Lieblingsfarben von oben bis unten gekleidet steht sie am Bahnhof und mustert im Fenster der Bahnhofsgaststätte ihr Outfit. Sie ist aufgeregt, weil es das erste Treffen nach drei Monaten "Beziehungspause" ist. Sie wünscht sich sehnlich, dass das Wiedersehen gut verläuft.

Beim Umsteigen wird M. langsam mulmig. Sie weiß, dass die SGE nicht ihr allein gehört. Diese Geliebte will mit vielen geteilt werden. Lässt sich von versoffenen Fettsäcken ansingen. Selbst pöbelnde Rassisten weist die Unbeständige nicht zurück. M. lehnt den Kopf gegen die Wand, um sich zu beruhigen.








Fast schon angekommen bei der Geliebten muss M. eine Leibesvisitation ertragen. Bevor man sie vorlässt, wird ihr noch einmal klar gemacht, dass jede wahre Leidenschaft vom Tod infiziert ist.








Sie ist endlich bei ihr. Ms Herz schlägt schneller. "Schwarzundweiß wie Schnee, das ist die SGEee...." Zur Feier des Wiedersehens lassen die Treuesten der Treuen Konfetti und Bier-Manschetten regnen. 






Am Anfang scheint die Geliebte sich ins Zeug zu legen. Bevor die Hälfte der Zeit rum ist, verschafft sie M. und all den anderen einen Höhepunkt. TOOOOOR. In der 38. Minuten durch unseren Rotschopf: Patrick OOOOOOchs. Bevor M. in der Pause auf Toilette geht, sagt Helmut: "Wenn ´se den noch gemacht hätte, dann könnte mer beruhigt sein." Und M. antwortet: "Helmut, wann ham mir in den letzte Jahrn hier gesesse und die letzt Viertelstund einfach genosse? Des is die Eintracht." Und Helmut nickt weise. 


M. bringt zwei Äppler aus der Pause zur Beruhigung mit, was sich als sehr vorausschauend erweist. Denn jetzt geht alles daneben. Die wolle all nur de Ball rumschiebe und net renne. Wenn isch de fette, teure Brasilianer seh, kriesch isch die Krise. Voll-Pfoste. Dene müsst des Blut in de Socke koche, bei dem was die verdiene. Die ham des Spiel net kapiert: Uffs Tor solle die schieße. 


Nix war´s. Mal wieder. Eintracht-Fans sind leidgeprüft. 1:3. 0:6 Punkte. 17. Tabellenplatz. Scheiß-Saison-Start. Wenn ich das sehe, könnte ich heule. Bis zum 18.ten September. Auf ein Neues dann. M. bleibt der Geliebten treu. Und ist trotzdem sauer. Bis zum Umsteigen. Dann - im Bahnhof - kauft sie sich ein Zitroneneis, packt "Florenz und Bagdad" aus und einen Bleistift und schreibt weiter in ihr Notizheft an "Der Geschichte des Auges". 




Es ist nämlich so: Wie die Geliebte sich mit tausenden von Nebenbuhlern einlässt, so hat M. auch andere Liebhaber/innen. Und zwischendurch denkt sie nicht mal an die SGE. Erst wieder in 7 Tagen. 


"Im Großen und Ganzen war es ein Spiel, das, wenn es anders läuft, auch anders hätte ausgehen können." (Eike Immel)


Rückblick: Fußball-Fieber

4 Kommentare:

  1. Alle Eintracht-Fans sind Masochisten!

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  2. Na, na! Aber es ist was Wahres dran. Aber auch: unerschütterliche Optimisten. Kontra-Faktisch!

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  3. Schicke Kappe, Melusine Melu! Und überhaupt …..

    Der Dichterin auf dem Divan schulde ich ja noch eine konkrete Antwort auf eine direkte Frage. Und nie war ein Tag besser dafür als dieser heute:

    Denn wenn, dann bin ich unter der Raute geboren. Und an der Hand meines Vaters, der hatte als junger Mann dort in der III. Herren gespielt, in das gegangen, was kalt war, und damals noch Volksparkstadion hieß. Ich habe von E r w i n Seeler gehört und vielleicht noch die Glatze von Charly Dörfel gesehen, aber das ist fast zu lange her – das Kind, das ich war. Doch wie Schorsch Volkert links durch ging, das kann ich Ihnen aufmalen, wie das Gesicht von Manni Kaltz. Dr. Klein wurde Präsident, souverän, Anwalt, der hat aus der Tiefe des Raumes einen großen Manager geholt, und dann ging es bis nach Athen, und der, der heute ganz woanders ist, schoss das einzige Tor.

    Aber das Leben bleibt nicht, wo es war, es geht woanders hin, weiter. Der Sinn des Lebens ist es, aus dem Gleichgewicht zu geraten, hat mir einmal eine kluge Frau geschrieben, die kam aus Sibirien, oder wie hieß noch diese Stadt? Denn nur, wenn man aus dem Gleichgewicht gerät auf einem Bein und sich wieder fängt im Ruhe- und Mittelpunkt auf dem anderen, dann macht man Schritte und geht wie ein Mensch. Und wenn man geht, dann kommt man auch wohin, z.B. dahin, wo man früher im Waldstadion gespielt hatte, und verbringt da so seine Zeit. Schweizer Platz, Darmstädter Landstraße, Schirn Cafe’ und Bar. Sprachliche Erinnerungen bei Jakob Arjouni.

    Schicke Haare, Melusine! Und überhaupt …… .

    „Wie Du wieder aussiehst!“ (das war eine Liedtextzeile, die Sie da verwendet hatten, nicht?). Diesmal Good Hair Day. Ein Traum. Die Kappe. Um vorsichtshalber das Sportliche auszubauen: Der Traum von der Schale ging doch in den 90ern fast in Erfüllung. „Fußball 2000“. Stein und Bein hätte ich damals geschworen, dass es klappt. Was war los? Zu viele Heulsusen? Zu wenige Dr. Kunters und Dr. Hammers? Aber von den Fragen zurück zur Frage:

    Nein, liebe Melusine, heute gehe ich nicht mehr und stelle mich in Stadien. Manchmal werde ich in Lounges eingeladen, aber das hat mit Fußball nur zum Teil zu tun, und ganz gewiss war ich nie Hertha-Fan, und oft sind es auch keine Arenen des Fußballs. Also schaue ich mir den ohne besondere Lokalbindung aus der Entfernung am Bildschirm an ab 18.00 Uhr oder dort, wo einmal Harry Valerien gestanden hatte, diskutiere, wenn ich Zeit habe, im Stillen mit bei Jörg Wontorra und lese montags in der FAZ von Auswärtssiegen.

    Discretion! No, pictures, no names: NO!

    Beste Grüße

    Jürgen Grabowski

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  4. Wie freue ich mich über Sie, hier, NO!

    
“Der Dichterin auf dem Divan“ – sie (die ja keine Dichterin sein kann) ist „West-östlich o h n e Divan“, auf dem ruht schon der Dichterfürst. Da mag Frau sich nicht dazu legen. Doch von West nach Ost schon mal gehen...

    Das ist schlimm mit den Namen der Stadien: Volkspark- und Waldstadion so heißen sie „unter uns“ immer noch, nicht wahr? Ganz gleich welcher Netzanbieter oder Finanzdienstleister da grade als „Sponsor“ auftritt. Gab es das Wort in unserer Kindheit schon? Kann mich nicht dran erinnern. Manni Kaltz – unvergessen. Auch für mich. Und auch Horst Hrubesch. Von Kevin Keegan hatte ich sogar einen Bravo-Starschnitt (Sie sehen, woher das kommt mit der Photo-Love-Story).

    Fußball 2000: Ich hatte mein JayJay Okocha T-Shirt. Mein Bruder ging als Zeuge Yeboahs. War das schön. Wir werden Jupp Heynckes niemals verzeihen. „Nein, liebe Melusine, heute gehe ich nicht mehr und stelle mich in Stadien.“ (Freilich habe ich in meinem Alter jetzt auch einen Sitzplatz!) Das ist schade. Mir geht es genau andersrum. Ich lese den Sportteil nicht mehr. Alles wird breit getreten. Jeder Pups, den so ein Jüngelchen macht, das gegen einen Ball treten kann. Oder die Sinnsprüche, die man den Trainern entlockt. (Unser jetziger ist auch nicht gerade ein Hans Meyer.) Im Stadion dagegen habe ich 90 Minuten Leidenschaft. Auch Qual. Manchmal Euphorie. (Eher selten als Eintracht Fan.) Die Dauerkarte war auch ein Befreiungsschlag: Seht her, sagte das den Söhnen, ich bin noch was anderes. „Ich geh fort und ihr bleibt da, sprach die Frau Mama.“

    „Discretion! No, pictures, no names: NO!“ – NO, heißt das, Sie raten auch mir, die Fotos wieder rauszunehmen? Dann erscheinen da rätselhafte Fragezeichen, was auch ganz interessant ist.
Diskretion macht interessant, nicht wahr? ☺ Und Jürgen (Grabowsiki), der ist „Der Beste“ – für immer!


    Wir haben die Eintracht im Endspiel gesehen,
    mit dem Jürgen, mit dem Jürgen,
    sie spielten so gut und sie spielten so schön
    mit dem Jürgen, mit dem Jürgen.
    Schwarzundweiß wie Schnee,
    das ist die SGE,
    wir holen den DFB-Pokal
    und wir werden Deutscher Meister. (MEISTER!)

    Herzliche Grüße
    Melusine

    Und NO: Eine Freundin konvertiert mir die Johnson-Aufnahme „Versuch einen Vater zu finden) als MP3-Datei und dann stelle ich sie vielleicht als erstes Hör-Stück in dieses Blog (falls das urheberrechtlich erlaubt ist).

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