Freitag, 20. August 2010

FASHION VICTIM

Frust-Kauf, Blut-Rache und Opfer-Status

"Wenn sich die Tyrannei der Mode in ihrem Sein erschöpft, ist dieses Sein letztlich nur eine bestimmte Zeiterfahrung (...) Jede neue Mode schlägt eine Erbschaft aus und untergräbt den Zwang der vorherigen. Die Mode erlebt sich selbst als ein Recht, als das Naturrecht der Gegenwart über die Vergangenheit. Obgleich aber die Untreue ihr eigenstes Wesen ist, lebt sie dennoch in einer Welt, die sich allzu gern für unveränderlich halten möchte und mit der sie sich ganz und gar einig fühlt. Die Rhetorik - und ganz besonders die Rationalisierung des Zeichens - erlauben es, diesen Widerspruch zu lösen. Wenn sich die Mode bemüht, eine fiktive, vermeintlich dialektischere Zeitlichkeit zu entwickeln, in der es Ordnung, Dauer und Reifung gibt (...) so eben deshalb, weil jene rachsüchtige Gegenwart, die sie kennzeichnet, allzu vergänglich, beinahe unaussprechlich ist. Die Aggressivität  der Mode, der Rhythmus der Blutrache ist, sieht sich somit entwaffnet von einer ruhigeren Zeitvorstellung. In jener absoluten, dogmatichen, rachsüchtigen Gegenwart, in der die Mode spricht, verfügt das rhetorische System über Gründe, die die Mode wieder an eine weniger starre, langfristigere Zeit zu binden scheint - Gründe, die höflich oder bedauernd über den Mord hinwegsehen lassen, den die Mode an ihrer eigenen Vergangenheit begeht; als vernähme sie von fern jene besitzergreifende Stimme des toten Jahres die zu ihr sagt: "Gestern war ich, was du bist, morgen wirst du sein, was ich bin."                                                                                                   Roland Barthes: Die Sprache der Mode

Ich will ich kein Wurf-Objekt sein und kein Opfer der Schau. (Vgl. Bear Hug), will mich erhöhen und über mich hinauswachsen auf mindestens einen Meter und fünfundsiebzig. Zum Beispiel. Welches Bild sich wohl von da oben zeigt? Tausend Plateaus. Auch von dort. Alles war immer schon einmal. Frustriert eingekauft? Alles Lüge. Es ging mir gut: Ich wollte sie einfach haben. Besitz bindet, aber die Zeit fließt. So wird man älter. Und Mamas Hippie-Look ist plötzlich wieder en vogue. 


The times they are a changing... 


Be aware, you might sink like a stone... (Oder stolpern...)

5 Kommentare:

  1. deine fuesse und deine schuhe auf dem foto? ;)

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  2. Ja, ein Versuch, die 1,70m zu überschreiten, ohne auf die Nase zu fallen. :)

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  3. nicht uebel ... sexy ;) und frauenpower in einem. der absatz hat ne gute hoehe ...

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  4. Liebe Melusine,

    fashionvictim ist etwas anderes, dazu muss man oder frau schon ein Zimmer voller Klamotten haben: Sie können mal vorbeikommen, wenn meine Mitbewohnerin nicht da ist, dann zeige ich Ihnen mal ein victim in der vollen Ausprägung des Wortes. Allerdings verdient sie ja auch ihr Geld damit und die kann einfach nicht im legerlook ankommen. Aber ein Paar Schuhe machen noch keine shopping Hysterie.
    Aléa

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  5. @ Julia Ich kann nur drauf laufen, weil es Plateau-Schuhe sind. Auf der Höhe, meine ich.

    @Aléa - Es ist - gestehe ich - nicht nur das eine Paar :). Die Stärke des Wahns drückt sich ja auch nicht unbedingt in der Menge der Objekte aus, sondern in der Unbedingtheit, mit der das eine Objekt gewollt wird. ---Wie bei allen Süchten erliege ich auch dieser in der Form eines "Quartalssäufers". Es überkommt mich kurzfristig und heftig und dann kann ich es über lange Phasen auch wieder sein lassen.

    --Das Roland Barthes-Zitat ist, fällt mir auf, auch eine schöne Ergänzung zu Ihrem Beitrag über das Älter-Werden: die eigene Vergangenheit morden. Man kann fast verstehen, warum das mancher als Ausweg erscheint.

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