I haven´t written a song of Dylans proportions yet, or started painting my first attempt at surrealism, and I doubt I could start a revolution if I tried – because apart from everything else, I´m a bit of an unfit bastard, though i´m lanky and lean. Just weak, too.
Ed hat keinen Plan und keine Ahnung. Seine Einschätzung der Realität kommt zwar gelassen daher, führt aber fast immer zu Resignation. Er ist ein Loser. Erst 19 Jahre alt hat er praktische keine Perspektiven. Er fährt lustlos Taxi, ohne im Besitz einer gültigen Lizenz zu sein, das Mädchen Audrey, in das er seit ewigen Zeiten verliebt ist, mag ihn, schläft aber dauernd mit anderen, seine Mutter kann Ed nicht leiden und beleidigt ihn, wo sie kann. Sein Vater, dem Suff verfallen, ist vor etwa einem Jahr gestorben. So dümpelt Eds Leben vor sich hin. Seine beiden besten Freunde Marv und Ritchie sind auch nicht gerade Sympathieträger. Marv ist ein langweiliger Geizkragen und Ritchie übertrifft Ed an Antriebsschwäche noch um Längen.
Das klingt nicht unbedingt nach einem Roman, den ein Heranwachsender, der sich mit Heldenfiguren identifizieren mag, schätzen würde. Doch Amazing (mein älterer Sohn), inzwischen fast 17 Jahre alt und – anders als, glaubt man den Gazetten, ein Großteil seiner Altersgenossen – ein Vielleser, warf mir das Buch auf die Truhe und sagte: „Das musst du unbedingt lesen.“ Amazing empfiehlt mir nicht oft Bücher, weil er weiß, dass ich mich für die von ihm bevorzugten Fantasy-Romane eher mäßig interessiere. „I am the Messenger“ von Martin Zusak (zu deutsch: „Der Joker“) war daher eine Ausnahme. Eine solche Empfehlung des eigenen Sohnes kann man unmöglich zurückweisen. Ich las also und lachte und schluckte auch mal und gab zu: das ist ein tolles Buch, tatsächlich nicht nur für Jugendliche.
Alles beginnt mit der Geiselnahme in einer Bank, in die Ed und sein Freund Marv geraten. Auf dem Boden liegend ärgert sich Ed über die Unprofessionalität des Täters: „The gunman is uselesss.“ („Der Bankräuber ist ein totaler Versager.“), glaubt er zu wissen. Auch das ist ein kapitaler Irrtum, aber Ed wird es erst ganz am Ende merken. Der trottelige Bankräuber wird geschnappt; Ed, der daran mehr zufällig als willentlich einen Anteil hat, wird für kurze Zeit zum Helden der Stadt. Er glaubt nicht daran, dass das Erlebnis irgendetwas ändert, aber: „It changes everything“. Im zweiten Kapitel gibt Zusak eine kurze Einführung in Eds Leben unter der Überschrift: „Sex should be like math.“ Ed sieht ganz passabel, aber nicht umwerfend aus. Er ist in nichts richtig schlecht, aber besondere Talente hat er, seiner eigenen Auffassung nach, auch nicht. Er liebt Audrey „something terrible“, aber völlig vergeblich. Ed hat sich darin eingerichtet, von allem, was er sich wünscht, bloß zu träumen: mit offenen Augen.
Aber nach dem Banküberfall geschehen sonderbare Dinge. Ed erhält Spielkarten. Als erstes ein „ace of diamonds“, ein Pik As. Darauf stehen drei Adressen und Uhrzeiten. Ed rätselt. Er geht zu den angegebenen Häusern zu den angegebenen Zeiten. Er beobachtet: einen Kerl, der regelmäßig nachts seine Frau vergewaltigt, ein Mädchen, das ein Läufertalent ist, aber sich nichts zutraut, einen resignierenden Pfarrer in einem sozialen Brennpunkt. Ed beginnt die Karten als Aufträge zu begreifen. Im Laufe des Romans werden immer neue Spielkarten ihn erreichen und ihre Botschaft zu entschlüsseln, wird schwieriger werden. Ed tut Dinge, von denen er nie geglaubt hätte, dass er sie tun könnte: Er bedroht einen Mann nachts in der Wüste mit einer Waffe und setzt ihn dort aus. Er hält Dinge aus, von denen er nie geglaubt hätte, dass er sie aushalten könnte: Er wird von zwei üblen Typen zusammengeschlagen, so dass ihn seine eigene Mutter nicht mehr erkennt. Ed wird „The Messenger“, mit jedem As, das er erhält, rücken die Aufträge näher heran an ihn und sein verkorkstes Leben. Sie betreffen schließlich auch seine Familie, seine Freunde, seine Liebe zu Audrey. Ed wird kein Held. Er entdeckt keine Superkräfte in sich. Aber alles ändert sich.
Diesen Roman las übrigens auch Mastermind, mein jüngerer Sohn, mit Begeisterung. Wenn Sie noch ein Weihnachtsgeschenk suchen für einen Jugendlichen, ist das unser Tipp. Aber es lohnt sich auch für Erwachsene das Buch zu lesen. Zu jeder Jahreszeit. Es bricht einen nicht das Herz, aber es fesselt einen. Mit Ed teilt wohl mancher manchmal das Gefühl, sein eigenes Leben nur zu beobachten wie einen Film, der einen nichts angeht. Man wartet. Weiß nicht worauf. Bis man begreift: Es hat schon angefangen. Leg los.
Empfohlen von Mastermind, Amazing und Melusine:
Martin Zusak: I am the messenger (englisch), € 7,20
Martin Zusak: Der Joker (deutsch), € 8,95
Auszug: Sex sollte wie Mathe sein
"Ich persönlich finde, Sex sollte wie Mathe sein. In der Schule. Keinen kümmert es, wenn er in Mathe ein Versager ist. Man brüstet sich sogar damit. Man sagt jedem, der es hören will: ´Klar, Bio und Englisch sind ganz ok., aber in Mathe bin ich die Vollniete! Diesen ganzen Logarithmusscheiß kapier ich im Leben nicht.´
Genau das Gleiche sollte man zum Thema Sex sagen können. Man sollte stolz verkünden dürfen: "Diesen ganzen Orgasmusscheiß kapier ich im Leben nicht, echt jetzt. Alles andere ist ja ganz ok., aber in dieser Beziehung habe ich nicht den blassesten Schimmer." Aber das sagt niemand. Das kann man nicht sagen. Besonders als Mann nicht."
Karo As... ; )
AntwortenLöschen...das Karo-As erhält Ed als erste Karte. Der Karo-Teil des Romans endet so: "Der Abzug schwitz unter meinem Finger. Meine Schultern brennen. Atme, erinnere ich mich. Atme. Einen Augenblick voller Frieden erschüttert mich und ich drücke ab. Der Lärm des Schusses brennt sich durch meine Ohren, und wie in jenem Moment, in dem ich den Bankräuber stellte, liegt die Waffe nun weich und warm in meiner Hand."
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