Dienstag, 15. Februar 2011

WORT-SCHATZ (2): Gosse


„Wir liegen alle in der Gosse, aber einige von uns betrachten die Sterne.“, schreibt Oskar Wilde.

Das stimmt wahrscheinlich. Jeder von uns ist mal ganz unten. Nicht nur mit Blick auf Erfolg oder Selbstbewusstsein, sondern auch und vor allem in moralischer Hinsicht. Wir benehmen uns daneben. Aber über uns funkelt, wenn wir den Blick heben wollen, der bestirnte Himmel. Wir können auch anders.

Manche allerdings suhlen sich in der Gosse gern. Sie rechnen es sich zur Ehre an, sich zu benehmen wie der letzte Depp mit Bierflasche vor dem Trinkhäuschen, der die Passantinnen anpöbelt. Freudvoll lassen sie sich aufs unterste Niveau herab und fühlen sich dabei als Avantgarde der Tabubrecher: Prügel androhen, Potenzgehabe und Angeben mit Promiskuität, die ganze unoriginelle Palette. Das Gefolge der Alphatierchen schweigt selbstverständlich still oder nickt verständnisvoll. „Der lässt sich nix gefallen, unser Boss.“

Das ist die Gosse. Umgangssprachlich sammeln sich dort die Obdachlosen, Kleinkriminellen und Verwahrlosten. Ich finde für diese drei Gruppen ist es beleidigend, mit den wahren Gossenbewohnern, den besudelten Suhlern, gerne auch mit Abitur und Bildungsdünkel,  in einem Zug genannt zu werden.


Schlussfolgerung
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern. Aber habe Mitleid.

(meinen Söhnen gewidmet)

7 Kommentare:

  1. zu?

    Ist (leider) häufiger anzutreffen.

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  2. endlich checkst es auch du. hatte mir schon sorgen gemacht. mitleid finde ich überflüssig mit dem.

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  3. "Avantgarde der Tabubrecher" - zum K*****, diese Mechanik! Und dass das immer wieder funktioniert. /Gute Kinderstube ist das beste Mittel dagegen! :-)

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  4. @Sanne "mit denen" - Plural! Denk dran: Das sind alles verletzte Kinder. Mitleid verdienen sie nicht, brauchen es aber.

    @Deshalb widme ich die Serie auch meinen Söhnen. :-) (Ja, es funktioniert. Die Mafia, alle Banden organisieren sich so. Man ist vor allem anders als "die andern" - egal worin und wodurch).

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  5. ja schon, nur verwende ich den begriff schmuddelkind nicht in gleichen zusammenhang wie gossenkind. letzteres scheint mir nicht nur verwahrlost, sondern ins kriminelle abgerutscht, mit wenig aussicht auf lebensaenderung.

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  6. @Iris Darum ist das "den" auch hervorgehoben. Weil eben nicht die Schmuddelkinder aus dem Lied gemeint sind. Eben nicht jene, die ausgegrenzt werden aus sozialen Gründen, sondern jene, die sich selbst ausgrenzen und daraus Profil zu gewinnen meinen, keine, die erniedrigt werden, sondern solche, die sich selbst erniedrigen, weil sie unter das ihnen mögliche Niveau fallen.

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