Über „die soziale Herkunft der Intelligenz“ fühlt mancher sich berufen, was Dummes zu sagen, freilich stets aus der Gewissheit, zu den überdurchschnittlich Intelligenten zu gehören, versteht sich. Noch nie habe ich gehört: „Leute, ich bin ein Trottel, ganz klar, das kommt von meinen Genen.“ (Das stimmt nicht ganz, fällt mir gerade auf: Dämliche Mädchen habe ich gekannt, die behaupteten, sie könnten nicht rechnen, weil sie kein Y-Chromosom haben. Und natürlich zuhauf bekloppte Kerle, die meinen, es gehöre zu ihrer Männlichkeit, dass sie sich nicht beherrschen können. Jedoch sind solche Idioten stets überzeugt, dass die ihnen fehlende Fähigkeit nicht als Intelligenz definierend gelten kann. Klar doch: Die Mathematikluder halten sich ansonsten für ganz gelungen und die Dumpfbacken glauben trotzdem von sich, sie hätten was drauf.) Besonders eklig hervorgetan hat sich im Hinblick auf das Gerede über Intelligenzverteilung nach Abkunft der Herr S., dessen Name hier nicht genannt werden soll, den die Partei, deren Name hier gleichfalls nicht genannt werden soll, auszuschließen sich nicht überwinden konnte.
Fakt ist: Das Gehirn entwickelt und ändert sich. Und: Intelligenz ist, was man gerade dafür hält. Alexander Kluge beschreibt, wie sich die Intelligenz durch den "Stress der Nähe" ausbildet. Weil du mit anderen rumhängen musst, stellst du dich ein, siehst voraus, wie der oder die reagieren könnte, machst dich schlau: DAS NEUE GEHIRN. Außerdem habe sich die Komplexität des menschlichen Hirns zunächst nicht durch bessere Ernährung, sondern durch bewusstsseinerweiternden Drogenkonsum entwickelt. „Erst das Bier, dann das Brot.“ (Merkt Euch das!)
„- Wollen Sie damit sagen, die Intelligenz sei ein Rauschmittel, welches bewirkt, dass man es in der Nähe miteinander aushält?
- Sie ist der Treibstoff.
- Ohne sie kein Fortschritt.
- Nicht einmal ein Mensch.
- Ohne Drogen keine Politik?
- Politik gehört zu den Drogen.“
Dazu muss man allerdings sagen, dass die Nähe bestimmter Menschen auch bei intensivem Drogenkonsum unerträglich bleibt. Hirn hin oder her.
Nicht, dass ich dem Bier zugetan wäre – ich hätte mein erstes noch zu trinken in diesem Leben. Zu bitter. Doch was für ein Gedanke: Intelligenz als Rauschmittel. Der Stress der Nähe. Abgrenzungsreaktionen als Treibstoff fürs Denken. Klar. Berauscht von dieser Produktion dann Nähe aushalten können. Ein befreiendes Bild: dass Intelligenz nichts ist, mit dessen mehr oder weniger großzügiger Zuteilung man sich abfinden muss. Sondern etwas, das man herstellen kann. Im Rausch der Interaktion. Und wie nebensächlich dabei werden kann, ob die als solche gelungen war: Wachsen ist mehr als Schlüsse ziehen.
AntwortenLöschenIhre überragende Intelligenz, liebe Phyllis, mit Bier oder ohne, haben Sie durch diesen Kommentar bewiesen: Ohne - wie ich vermute - Kluges Text oder gar den seines wissenschaftlichen Gewährsmanns (denn Kluge ist ja Dokumentarist) zu kennen, haben Sie den gern dieser These sogleich erfasst. So ist es. So sei es.
AntwortenLöschenDas Bier indes ist ja nur eine Möglichkeit - seit ich über 40 bin halte ich mich auch eher an Weine. Gute (nicht immer = teuer)!
Ihre Reaktion, liebe Melusine, ist in meinem gegenwärtig leider leicht paranoiden Zustand schwer zu deuten. Sie veräppeln mich, oder? Meine Intelligenz hält sich leider derzeit noch schwer in Grenzen! Ebenso - wie Sie richtig vermuten - wie meine (k)Kluge Lektüre. Obwohl ich den Mann im Gern großartig finde.
AntwortenLöschenParanoid! Ich meinte das so, wie ich´s schrieb. Ohne Ironie. Mich rettet Kluge gerade - zoon politicon
AntwortenLöschenErstaunlich, wie sie sich mit einem Fusch! in Rauch auflöst, die Paranoia. Gute Rettung weiterhin; freue mich schon auf mehr Kluge(s) von Ihnen. Immerhin, ein winziges Häppchen desselben hab' ich auch zu bieten, doch das kennen Sie sicher bereits. http://taintedtalents.twoday.net/stories/5702442/
AntwortenLöschenPsyches Panorama
AntwortenLöschenIch will mal über den Stress der Nähe einsteigen. Es gibt einen positiven Stress, einen der Nähe erzeugt, mutwillig, wollend: ES AUSHALTEN: Natürlich auch den, der Nähe herstellen muss um sich eines Stresses zu entledigen. Das kennt man. Täter und Opferbeziehungen, z.B. das Stockholm Syndrom. Oder den Alltäglichen, der über die Intelligenz des Voraussehens, durch Abwegen und Einschätzen den weiteren Interaktionsverlauf entwickelt, besonders beim Lügen als Schutzmaßnahme, für mich oder mein Gegenüber. Sie muss schließlich in gewisser Weise wirklich werden. Sicher ist auch die Fähigkeit sich in den anderen hinein versetzen zu können eine Form von Intelligenz. Vielleicht die Voraussetzung die einen erst zum Lügen befähigt.
Rauschmittel nehme ich ja nur um ungewohnte Zustände herbeizuführen. Irgendwie auch eine Lust an sich selbst. Für mich gibt es aber nur einen Rausch innerhalb einer Interaktion mit einem anderen Menschen. Es ist ein Sekundenzustand, in dem ich mich gerade dessen entledigt wiederfinde was Herr Kluge als Mittel bezeichnet. Unmittelbarkeit. Und Unmittelbarkeit fand ich nur in einem Gesichtsausdruck, ein Augenblick, die Augen allein sind es nie, es ist ein Gesichtsausdruck, der den Blick „formt“, etwas wiedergibt, wortlos, fast ein Reflex, und in jeglicher Weise unbedacht.
Müsste ich es beschreiben, ich würde sagen es liegt etwas Hingelächeltes darin, das dich in einen Zustand taucht. Dieser Ausdruck ist der Pfeil, den du auch selbst abgeschossen hast. Ganz unbewusst. Ich komme wirklich erst jetzt darauf. Es ist ein Gesichtsausdruck, an dem du den geschauten Blick vernimmst, und im Nachhinein verstehst, dass du deinen gegeben hast. Du bist der Hirsch unter Wasser. Vielleicht herrscht in diesem Moment so etwas wie eine Gleichzeitigkeit aller Dinge. Daher ist dieser Zustand auch wieder zeitlos. Psyches Panorama. Ich glaube wir nennen es Moment weil wir uns nicht mehr erinnern und nur durch lineare Wahrnehmung der Zeit so etwas wie Raum wahrnehmen, was es uns unmöglich macht davon zu sprechen. Es gibt auch einen Verräter. Es ist das Herz. Ich selbst nahm es immer als einen elektrischen Impuls wahr. So als hätte dir jemand mit einem Defibrillator einen Stromstoß verpasst. Reanimiert...
Nicht zuletzt offenbart sich Intelligenz in der Sprache. Wenn das auch noch mit einer witzigen Reaktion geschieht, muss ich unwillkürlich lachen. Damit der "Gern" des Genzen oben (2. und 3. Kommentar) nicht verloren geht...
AntwortenLöschenDass der Herr S. stottert ist ja nicht so schlimm, aber was da sonst noch so alles rauskommt, das schafft mich ab.
@read An
AntwortenLöschenDas Herz ist ein Verräter. Wie wahr. Der elektrische Schlag. Es ist eben doch keine bloße Metapher. Sondern eine körperliche Wahrnehmung. Auch dass das Herz "aussetzt" und: wie einem "die Luft wegbleibt".
Ich bin gegen die Unmittelbarkeit gerade so sehr, wie ich die Sehnsucht nach ihr teile. Ich verwahre mich, indem ich sie abwehre, gegen mich selbst. Dem Rausch erliege ich dennoch. Die Jagd. An ihr nehme ich teil, aber nicht als Jäger(in). Oder möchte ich den Rollentausch bloß niemals eingestehen? Das schlafende Wild. Ein versinkendes Kind. Alles wird mir zum Bild. Ihnen auch? Psyches Panorama. Ich sehe es auf einer porzellanen Tasse, die ich in den Händen drehe (Das ist keine Ironie, sondern steht für das Filigrane, in das ich alles Pathetische zu wandeln versuche.)
read An - Sie fordern mich immer heraus. Nicht mein (logisches) Denken, sondern das, was darunter liegt: die gestresste Intelligenz imaginierter Nähe (also: was einzig zählt.) Und ich bleibe überfordert. Aber gern. (Animiert.)
@Bücherblogger Das darf ihm nicht gelingen, dem Herrn. Sie müssen bleiben. Lieber soll das Tschland gehen. ;-)
AntwortenLöschenDaaanke! Ich war schon am zweifeln ob es gut war den Text so abzuschicken. Es liest sich ja als hätte ich nix kapiert vom eigentlichen Thema: 6. Setzen, An! Was so nicht ist. Daher noch etwas dazu. Diese Form von Intelligenz, die sich aus Gruppendynamiken entwickelt, oder spezielle Dynamiken überhaupt erst begünstigt, sodass man überhaupt erst von Gruppierungen oder Peer Groups sprechen kann, ist eine überlebensstrategische, so scheint mir. Das Neue Gehirn. Das Stelldichein ist doch weniger ein Rausch, oder? Es ist eine Droge. Ganz sicher! Aber eher eine mit fast ruhigstellender Wirkung. Ein Sedativum. Zumindest dort wo Man muss! Und von dort aus gesehen, ist es doch fast schon ein Liebäugeln mit einer bestimmten Form des Verhaltens: A:sozialität und wie sie im eigentlichen Wortsinne verstanden werden muss. Weniger eine mutwillig schädigende aber eine die von anderen vielleicht so wahrgenommen wird, breche ich mit Strukturen.
AntwortenLöschenDie Tasse
Melusine, ich glaube es kommt darauf an, wie ich mich diesem Begriff nähere. Pathos. Erst einmal nicht nachschlagen was darunter definiert ist und welchen Wandel dieser Begriff vollzogen hat.Sich überlegen was eigentlich der Auslöser ist. Das war meine
Herangehensweise. Denn irgendwie konnte ich mit Pathos immer etwas anfangen, ohne dass ich mich darum bemüht hätte einmal nachzuschlagen. Dieser Begriff wird meist
abwertend verwendet. Manchmal weil es so ist. Dann nämlich,- und an dieser Stelle kann man nachschlagen- passt es wie die Faust auf's Auge: als rhetorisches Mittel, im Sinne von gelernt ist gelernt und verfehlt im besten Fall sein Ziel nicht. Es überwältigt. Das kann changieren zwischen: Wow, das hat mich beeindruckt bis hin zu: Ja ja, das kennen wir alle, zu ganz schlimm: „Geh doch weg mit deiner Herzscheiße!“. Das Überwältigende ist natürlich mit dem Unmittelbaren verwandt. Ich bin für die Form der Überwältigung, die gewissermaßen aus dem „Nichts“ kommt. We're absolute beginners. Die andere Form, sicher, die greift auch bei mir, die instrumentalisierte, auch die von „kitschiger“ Sorte. Mittlerweile. So jedenfalls stellte ich schon fest. Es kommt eben darauf an. Was ist jetzt aber das Pathos mit dem ich etwas anfangen kann, bzw. das Pathos, das sich aus der anderen Form von Überwältigung speist? Melusine, es kommt vielleicht aus dem Filigranen! Wenn das Filigrane ein bestimmtes oder auch unbestimmtes Gefühl bezeichnet, das dich -und du hast es nicht kommen sehen- aus dem Nichts anfiel, durchzuckte oder überwältigte, dann willst du davon sprechen. Es vielleicht sogar teilen, wenigstens es als Echo noch nachhallen lassen, für dich selbst. Es ist der Versuch es festzuhalten, es zu überführen. Das Gefühl der Überwältigung wird übersetzt. Man kann fast sagen es ist der Versuch es materiell werden zu lassen. Es wirklich werden zu lassen. Der Mensch ist so!!! Und Melusine, beachten Sie das Wörtchen lassen hierbei. Ganz wichtig! Es muss sich irgendwie selbst Weg bahnen. Stoffbahnen, über deinen Kopf hinweg. Aus Überwältigung wird ÜberWELTigung. Und wieder liegt der Versuch darin: aber du solltest es ja lassen...
Ich weiss, dass Sie sehr in Bildern denken. Die Bilder sind in ihren Texten. Bei mir ist es auch so. Generell denke ich, das ist wohl bei jedem so. Nur dass manche eine höhere Sensibiltät dafür entwickelt haben zu beobachten, was die Bilder mit einem machen. Manche wollte ich schon regelrecht von mir los:schreiben. Sie auch? Bestimmt! Da bin ich mir sicher!
Dass Sie an eine Tasse denken finde ich sehr interessant, denn Sie können nicht wissen, dass ich, wenn ich Psyches Panorama schreibe, ein bestimmtes Bild im Kopf habe. Ein 360° Panorama. Etwas, dass dich umgibt. Wie eine Landschaft.
Das schlafende Wild. Acteon ist doch der Überwältigte.
AntwortenLöschenWir alle sind Acteon, das habe ich schon länger begriffen. Wir jagen, wenn überhaupt, erst wenn es da war, wenn wir uns verwandelt haben. Ich kann nur
erahnen was Sie mit dem sinkenden Kind meinen. Das ist ein Bild, bei dem sich das Verstehen nur über das Gefühl einstellt. Es ist eher ein Nachempfinden. Es sieht aus wie ein Kind, aber mein Gefühl sagt mir es ist der Er:wachsene.
Liebe read An! Ich werde antworten. Überwältigend (?), ach Quatsch, das kann ich ja gar nicht von meinem Standpunkt aus ;-). Aber ich brauche ein wenig Zeit. Gerade dröhnt mein Schädel und kann keinen Gedanken fassen, kein Bild entwerfen...Auf bald.
AntwortenLöschenSie können sich ruhig Zeit lassen. Oder es auch lassen. Im Ernst. Ich hätte es nämlich kürzer fassen können. Es ist der Beweggrund den ich daran verstehe. Ich streiche das: Es wirklich werden lassen, es ist einfach der Versuch es zu verarbeiten, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Oder gänzlich die Sprache.
AntwortenLöschenIch vertrage noch nicht mal das Kiffen. Davon bin ich schon umgefallen. Filmriss...
Nur Engel lauschen mit ihren Lippen am Licht.
@read An
AntwortenLöschenDrogen Tassen Schreibgründe - und: Was ist ein Mensch? (Immer wieder. Verdammt!) Ich betrinke mich gern. Nicht oft. Ich mag es, wenn der Boden wankt. Das Kiksen in meiner Kehle und die überbordende Albernheit. (Hältst mi fest, i schlog di nieder!) Aber: Vom Kiffen werd´ ich bösartig friedfertig. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Denn mein friedfertiges Ich ist verlogen und intrigant. Ein besserer Mensch bin ich streibar und nüchtern ( nur w e n n ich ein Mensch bin, allerdings.) Im Frankfurter Filmmuseum (leider gerade wegen Umbau geschlossen) kann man sehen, wie sich der Film entwickelt hat. Panoramen sind einer seiner Ursprünge. Oder Daumenkino. Die camera obscura. In Bildern denken. Bilder denken. „Als die Bilder laufen lernten...“ (die meinen laufen immer schon ...mir davon.) Das begriffliche Denken, von dem unserer Lehrer Klaus meinte, es sei das einzig „wahre“ Denken, blieb mir eine „Fremdsprache“. Die Unschärfe der Bilder, die Suche nach dem Scharfsteller, der stete Übersetzungsvorgang in eine Sprache, die nie genügt. Wie mögen Menschen schreiben, denen die Sprache das Denken ist? Das weiß ich nicht. Auch Töne, Musik s i n d es mir nicht. In ihnen schwelge ich, vergehe, verschwende mich. Doch es entsteht nichts. Nur aus den Bildern wächst die neue Brut. Wie Unkraut. In ein Bild von Vermeer eindringen. Mit meinem Mund die Perlenohrgehänge berühren. Den Zeigefinger über eine Teppichstickerei gleiten lassen. Als Kind stellte ich in meinem Puppenhaus Szenen. Ein Batteriebetrieb sorgte für Beleuchtungseffekte. Ich schaltete das Licht aus und schaute durch die Fenster in mein „theatrum mundi“. Es hat Gründe, warum ich immer wieder im 18. Jahrhundert lande. Die Aufklärung hellt mir nicht den Himmel auf, sondern leuchtet a u s der Dunkelheit. Blend-Werk.