Mittwoch, 14. September 2011

DAS HÄSSLICHE TIER ZEIGT KEINE ZÄHNE

Das schreibe ich, um mich selbst zu be(un)ruhigen: dass ich wieder einmal davon abweiche, mich auf das zu konzentrieren, woran mir liegt und mich stattdessen vom Handeln und Sprechen (bzw. Schweigen) anderer auf  Seitenwege drängen lasse, die wohl in lockerer Verbindung stehen zu meinen Vorhaben, jedoch diesen äußerlich bleiben. Wenig kann mich gegenwärtig so angreifen, wie das politische Tier in seiner ganzen verlotterten Unbestimmtheit, mit seiner glitschigen Haut, die sich keinem Zugriff stellt, seiner bösartigen, parasitären Fresssucht. Es zeigt keine Zähne, dies hässliche Tier; es lächelt greisenhaft und Verzeihung heischend, während es dir hinterrücks das Blut aussaugt und deine Bahnen mit seinen ekligen Säften vergiftet. Es spricht: „Ein bisschen Vertrauen musst du schon haben.“ Es antwortet: „Das musst du doch einsehen.“  Es weiß: „Alleingänge können wir uns nicht leisten.“ Es seufzt: „Du  musst noch viel lernen.“ Es bittet dich zum Vier-Augen-Gespräch. Es behandelt dich als Therapie-Patienten. Mein Fehler, dass ich das Ungetüm wie einen Drachen mit Speer und Schild bekämpfe. So wird das nix. Man kann es nur aushungern. Doch das geht an die eigene Substanz. Gleichzeitig vollzieht sich schleichende Anverwandlung. Die Zurückhaltung bildet Schleim auf meiner Außenhülle. Voller Ekel erkenne ich: „Ich werde Tier.“ (An dieser Stelle bitte ich alle unpolitischen Lebewesen aus dem Tierreich ergebenst um Verzeihung.)

Was ich wollte: 

Melden, dass es noch keine Nachrichten gibt von Ansgar und Emmi. Ein langes Schweigen, doch fühlt es sich nicht verdorben an, wie das des heimlichtuerischen Tiers, sondern traurig und verloren. (Das Tier kennt keine Melancholie, keine Liebe und keinen Schmerz; auch keinen Hass. Es fehlt ihm das Menschliche in jeder Hinsicht.) 

Über „Erzählen im Netz“ schreiben, ein Beitrag, an dem ich lange schon arbeite, den ich immer wieder überarbeite und den ich im Kontext der Blogparade zu „Storytelling. Storyselling“ veröffentlichen will (Zeitdruck!) (Eine neue Wendung verlangte auch die Lektüre von Hartmut Abendscheins lesenswerter Essay-Reihe zur Funktion des Trolls.) 


Eng mit dieser Arbeit verbunden ist eine Rezension zu Alban Nikolai Herbsts „Die Fenster von St. Chapelle“, die ich auch laufend umschreibe, eben weil ich noch genauer verstehen will, wie in dieser Novelle, die im Netz entstand, die Autorschaft (für die Druckfassung)„wiederhergestellt“ wird. 


Außerdem: Melusine featuring Armgard: Ein Gesang aus Singapore, furchterregend schön. 


„Asexualität und Freiheit – eine tragische Verbindung“ weiblicher Fiktionen (eine noch unausgegorene Idee, die sich durch die Lektüre von Fibre Piratess` Arbeit zu den weiblichen Märchenfiguren bei Bettina von Arnim und Hans-Christian Andersen weiter entwickelt. Danke für die Zusendung!) 


Den nächsten Beitrag zu "Pupp-A-Mania" einstellen, dem nur noch der "Feinschliff" fehlt (dreifünf Worte/Sätze: alles ???).


Und, last not least: Das Puppenritual, die Fortsetzung von "Ich küsse mein Leben in dich. Die Martenehen...". Alban Nikolai Herbst versprach, von dem seinen öffentlich zu erzählen, doch blieb er dies bisher schuldig. Er schützt Arbeit vor. Doch ist das zu glauben? Ob er´s doch noch schreiben wird? Was Heilmann geschehen wird, weiß ich jetzt, aber ich brauche Mut, um es niederzuschreiben.

Stattdessen sitze ich jetzt über „Erfahrung und Öffentlichkeit“ und formuliere Fragen an Kluge/Negt. Das Tier beschädigt mich. Aber vielleicht produzieren seine Gifte in mir eine Ausscheidung, die sich lohnt. Geruchsfrei, selbstverständlich, versprochen!

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