Donnerstag, 6. Oktober 2011

DER KELTISCHE ZAUBERSACK (Einheitstag auf dem Glauberg)

Ob hier Menschenopfer stattfanden? Im Burgund, erzählte im sachlichsten Tone eine tragende Stimme aus dem Lautsprecher, seien bei Grabungen in einer keltischen Siedlung die Leichen junger Männer geborgen worden, in auffällig gleicher und ungewöhnlicher Haltung, nämlich im Schneidersitz. Zahl und Ähnlichkeit der Grab-„Setzungen“(?) sprächen dafür, dass diese nicht eines natürlichen Todes gestorben seien. Jung-Männer statt Jungfrauen diesmal also - wird angenommen. Sicher ist gar nichts. Mistel-Zweige spielten eine Rolle bei den Kulthandlungen, offenbar. Mit krummer Sichel möglicherweise geschnitten, wie von unseraller Miraculix aus "Asterix und Obelix". Man stellt sie sich etwas derb vor, diese Kelten, wettergegerbt, mit Schwielen an Händen und Füßen, aber doch feinmotorisch begabt, auf Schmuck versessen –. Die Micky-Mouse-Ohren-Haube des sogenannten Fürsten hätten wir Comic-Leser:innen so nicht erwartet, denn Obelix trägt Helm mit Horn.


„Und: Weißt du jetzt mehr über die Kelten?“, fragte BenHuRum nach dem Rundgang durchs Keltenmuseum auf dem Berg. Die spärliche Sammlung enttäuscht ihn irgendwie. Die Künstlerkinder waren auch nur mäßig begeistert. Ich fand es ganz gut gemacht. Morel  musste sich tief bücken, um die Augen an die Sehschlitze zu halten, durch die man in die nett ausgeleuchteten Kelten-Puppenhaus-Szenen gucken kann. Am Himmel stand ein Deutschland-Drache zur Feier des Einheitstages. 


Schön ist´s in der Werre-au (der Fremde spricht buchstabentreu, aber phonetisch falsch: Wetterau) auf dem Glauberg. Ein sanftes Hügelland, wie´s  meiner Heimat gleicht. „Wandern wir ein wenig über das Plateau!“

Ich weiß jetzt, dass man nix über die Kelten weiß. Drei Gräber mit „Keltenfürsten“. In einer Ecke der Ausstellung erst, von vielen wohl übersehen, der Hinweis: Ob „die Fürsten“ Männer gewesen seien, das wisse man gar nicht sicher. Die Untersuchungen laufen und Ergebnisse werden mit Spannung erwartet. Man(n) geht halt davon aus, wegen der Grabbeigaben: Waren schließlich Schwerter dabei. Ohne Scheu wird das eigene Geschlechterrollenstereotyp in die Vergangenheit projiziert. Da muss frau immer wieder höllisch aufpassen! Denn hurtig nutzt die Biologisten-Progaganda solche Projektionen hernach ungeniert als "Beweis" für die behaupteten „natürlichen“ Eigenschaften.

(Erwähnenswert außerdem: Der wunderbare Bau von kadawittfeld. Zu Recht erhielt diese Architektur 2011 den Hessischen Architekturpreis für vorbildliches Bauen.)

(verspäteter Tagebuch-Eintrag vom 3. Oktober)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen