Ein Beitrag von Morel
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Sie verbreiten Lügen über mich, lancieren Geschichten in der Zeitung. Dabei bin ich nur ein einsamer Landstreicher, der jeden Abend auf irgendeine Bühne in irgendeiner gottverdammten Turnhalle geschleppt wird. Denk nicht zweimal drüber nach, sagten sie. Aber wenn du außerhalb des Gesetzes zu leben versuchst, musst du schon ganz schön ehrlich sein. Jedenfalls sind die Geschäftsleute nun hinter mir her, trinken meinen Wein, lassen sich einladen, verhökern meine Lieder im Dutzend billiger. Und jetzt wollen sie auch noch Bilder, selbst gemalte, am besten für jeden Markt eine Serie. Die haben echt Nerven, sollen sie sich doch mal eine Minute vorstellen in meinen Schuhen zu stehen (solange sie noch stehen können). Wann bitte schön soll ich die gottverdammten Bilder malen. Also besorgten wir uns die Fotos. Ich meine, jede blöde Imbissbude, jede Opiumhöhle und jede Umgehungsstraße ist doch inzwischen schon ungefähr eine Million Mal fotografiert worden. Ist da überhaupt noch was übrig von der Welt. Immer wenn ich aus dem Bus aussteige, verlaufe ich mich. Was soll man da noch malen? Die erste Ausstellung war irgendwo in der Provinz, das Museum habe ich nicht gefunden, saß beim Tankstellenwärter am Kaffeetresen. Im Fernsehen lief Sport, Fußball oder so, leider kein Baseball. Irgendwer erkannte mich, so ein Typ im Trenchcoat, traute sich aber nicht mich anzusprechen. Schaute mich lieber an wie ein Kamel. Später fand ich meinen Fahrer wieder und wir machten uns davon. An die anderen Ausstellungen kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß auch nicht, wo diese ganzen Bilder herkamen. Das haben alles meine Rechtsanwälte gedreht. Hoffentlich keine Kinderarbeit, war früher vollkommen normal, ist mittlerweile aber extrem schlecht fürs Image. Du musst ja heute in jedem Land, wo du bist, erstmal die Menschenrechte verteidigen. Nur hier in Amerika nicht, da ist es egal, weil Gott eh auf unserer Seite ist. In England dagegen war es schön. Aufgetakelte Kulturbräute und ahnungslose Professoren diskutierten in der Galerie über T.S. Eliot und Ezra Pound. Keine Spur von Shakespeare in der Metro, Endstation Verzweiflung, dass ich nicht lache. In Liverpool suchte ich Johns Haus, angeblich kann man es besichtigen, ist jetzt auch ein Museum, aber ohne Bilder, nur ein Prozess gegen die Unendlichkeit. Hab mich aber wohl wieder verlaufen. Der blöde Klempner, bei dem ich auf dem Sofa saß, rief natürlich sofort bei der Zeitung an. Wahrscheinlich hat er inzwischen schon eine eigene Fernsehshow. Beim Anruf der Gagosian-Galerie bekam mein Makler, eine schemenhaft-mausartige Figur, immer kurz vorm Verschwinden, ganz feuchte Augen. Warhol, der alte Möchtegern-Napoleon stellt da aus. Und dabei dachte ich, der wäre tot. Ein Typ namens Prince sollte das Vorwort schreiben. Kenne ich, sagte ich, der nennt sich heute aber anders. Aber es war noch ein anderer Prince, einer ohne Harem, Richard oder so. Wir schauten in diesem Internetdings nach, ob schon was gegen ihn vorliegt. „Prince beschäftigt sich überwiegend mit den trivialen Mythen der amerikanischen Alltagskultur. Dabei verwendet er häufig Werbeanzeigen aus Zeitschriften, die er fotografiert und mit teilweise verändertem Ausschnitt, Körnigkeit oder Farbe wieder veröffentlicht. Er bezeichnet diese Art zu arbeiten als "refotografieren", hieß es. Ja, was soll ich sagen, der Mann passt ja wie die Faust aufs Auge zu uns. Also brachten wir den ganzen Kram raus auf den Highway, bauten eine Tribüne auf und fertig war der Lack.
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