Donnerstag, 8. Dezember 2011

GESPIELTE AUFRICHTIGKEIT: Angst, Liebe, Hoffnung

In der Timeline regiert die Krisenstimmung. Alles auf Angst gestellt. Zuversichten schwinden. Die Kanzlerin presst die Lippen fest zusammen. Sarkozy fuchtelt. Mir gefällt auch: „Monogramm auf dem Hemd – das Arschgeweih des Managers.“  (Es war doch im Sommer 1999 als am Bodenseestrand die Arschgeweihe sich zu tummeln begannen und ich lernte Wein zu trinken? Oder verwechsle ich das?) Glumm schreibt so schöne Sätze wie: „Es blitzt, es donnert, und der Regen steppt über die Strasse wie heißes Popcorn in der Pfanne.“ Das war aber schon gestern, übrigens, als die zwei heißen Feger auf dem Markt durch die Gasse gen Horizont deuteten und sprachen: „Siehst du, da kommt der Weltuntergang.“ „Ja, den habe ich lange nicht mehr gesehen.“ Und dann ging das los. Ich versteckte mich im dm-Markt und kaufte eine Packung Papiertaschentücher. Mein Fahrradsattel war aber gar nicht so nass. Es gibt auch heute wieder ganz viele Initiativen: Mindestlohn, dezentrale Parteitage, SGShitstorm, TotalBodyResistance. Einige sollen, wird freudig behauptet, ihr Abo wg. Guttenberg-Interview gekündigt haben. Ach, Giovanni – mir gingen schon die Lichterketten auf den Geist! (Anno ....?) Trotz allem wird auf ein paar tolle Tiefpreistage hingewiesen. Den Konsum lassen wir uns nicht vermiesen! (Werden sich doch noch ein paar andere „faule Griechen“ finden, die unsere Kriegsschiffe kaufen!?) 
Niklas Luhmann hätte heute Geburtstag, wenn er noch lebte. Er interessierte sich für das Pathologische in der Liebe. Klug. „In der Ehe braucht es keine Liebe. Denn nachher gibt es Freizügigkeit.“ (Das war aber in der vorbürgerlichen Epoche.) Seine Stimme ist überraschend hell. (Daran ein Gedankensternchen setzen * - „Männer mit  hellen und dunklen Stimmen: Wirkungen auf die Denkprozesse“). Dilemma der Moderne: „Dass man sich verlieben muss, um eine Familie zu gründen, so schwer es einem fällt.“ Gegen Identitätszwang und Authentizitätsgesabber: "Gespielte Aufrichtigkeit". Leider streift er die Geschlechterdifferenzen nur am Rande. Hielt er sich eine Hausfrau? Davon ist auszugehen, wahrscheinlich hochgebildet. 
Querverweise: „Die konzentrierte Arbeit eines gut ausgeruhten, begabten, hochmotivierten und besonders ausgebildeten Menschen unterscheidet sich von der Durchschnittsarbeit. Es ist wichtig, aufzuschlüsseln, dass die scheinbar größere Menge von Arbeit in der gleichen Zeiteinheit auf vorangegangener Investition von Zeit beruht. Diese steckt in der Ausbildung, in der Herstellung des Motivs. Es geht um die Produktion von Unterscheidungsvermögen. Ausschlaggebend und notwendig ist, Situationen, Rohstoffe und Entwicklungen, die steigerbar sind (meist lassen sie sich dann auch stapeln), zu unterscheiden von solchen, die sich keinesfalls in ihrer Zeitgestalt verändern lassen.“ (Kluge/Negt) Der Mensch wird unterschätzt, immer wieder. An ihn unverbrüchlich zu glauben, fordert die Systeme heraus. Sich zugleich in der realen Praxis verankern und das Realitätsprinzip zu überschreiten. Gegenproduktionen aus Eigensinn: Kunst. Es gibt kein Zurück. Zum Glück.

„Der Mensch ist Sklave der Einbildung, die ihm sein Innerstes leugnet, aber die göttliche Wahrheit haucht schon in den dunklen, baufälligen Turm zu  ihm nieder, dass er die morschgewordene Leiter, die zur Freiheit führt, mit doppelter Kühnheit erschwingt, unmöglich kann diese im finstern Turm mit dem Aufschwung ins Freie fortdauern, denn sie war Einbildung.“ (Bettina von Arnim: Die Günderode)

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