Montag, 23. April 2012

BASCHAR, DIE LEOPARDIN UND ICH (Das Glück der Erde...)


Für Gäule habe ich nichts übrig. Keine Träne vergoss ich je wegen Black Beauty. Pferdesalami schmeckt mir gut. Einen Hut, der mir gefiel, hatte ich in den Läden am Prenzlauer Berg auch nicht gefunden und der von Alban Nikolai Herbst, den ich am Samstag in seiner Arbeitswohnung besuchte, war für meinen dicken Kopp zu klein. Was also wollte ich beim Pferderennen in Hoppegarten, wo ein graumelierter Großröster sich von einem ausrangierten Armeehubschrauber einfliegen ließ, um auf der Terrasse der VIP-Lounge fotografiert zu werden? Bersarin war schuld, der bloggende Linkshegelianer, der sich von leidenschaftlichen Tieren und Menschen  spannungsreiche Fotomotive versprach. Ganz konnte allerdings die traditionsreiche Rennbahn des Ostens nicht mithalten mit dem Glamour der Horner Rennbahn, wie er sie in Erinnerung hatte. Dass ich keinen Hut trug, erwies sich als Vorteil, denn Hüte waren rar auf dem Gelände. Außerhalb der VIP-Lounge hätte ich mich zwischen hellen lila Haarschöpfen, Ost-Vokuhilas, Glatzen mit Pitbulls, Dauerwellen und Kindern in Obstkostümen brutal overdressed gefühlt. 

Es wurde ein wunderbarer Tag, aber nicht weil Uwe Vorkötter auch da war. Den Tag zum Märchen machte der Russe. Der Russe sah aus wie ein Bruder von Putin; die Züge noch ein bisschen schärfer geschnitten als der maskuline Lenker des verbliebenen Rest-Sowjetreiches. Der Russe trug eine sportlich-elegante Windjacke und wirkte gefährlich. Als ich den Russen sah, wie er sich mit sanfter Stimme an seinen Jockey wandte, wusste ich, dass nur sein Pferd gewinnen konnte. Der Russe schickte kein Pferd in das Rennen um den „Preis der Märkischen S5 Region e.V.“ und keins um den „IDEE KAFFEE- Preis“. Mit solchen Rennen, das war offensichtlich, gab sich der Russe nicht ab. Baschar startete im Hauptrennen des Tages, dem 2000m–Rennen um den „Preis von Dahlwitz“, dotiert mit 22.000 Euro. Favorit des Rennens war Russian Tango, ungeschlagen in Hoppegarten und Sieger im Vorjahr, ein Vollblut aus dem Rennstall des Kaffeerösters, der in Hoppegarten an diesem Nachmittag den Ton angab und die Show abzog. Doch war das Glück gestern weder mit Uwe Vorkötter von der Berliner Zeitung, die ihre Leser:innen nach Hoppegarten eingeladen hatte, noch mit dem Hamburger Kaffeeröster. Es war mit mir, das Glück. Wild entschlossen setzte ich alles auf Baschars Sieg.  Und ich gewann. Ich gewann mit einer sensationellen Quote von 20,5:1. „Wahnsinn!“ Der Tag auf der Rennbahn klang mit dem Stutenrennen aus. Meine 5 Euro setzte ich diesmal auf die Leopardin, selbstverständlich auf Sieg, nicht auf Platz (wer macht denn so was?). Auch die Leopardin enttäuschte nicht, obgleich sie auf der Gegengerade noch im Mittelfeld lag. In der Kurve zog sie innen vorbei, ausgangs der Zielgerade übernahm sie die Spitze und gewann mit einer Länge Vorsprung. (Schwache Quote diesmal, da die Leopardin, wie sich herausstellte, Favoritin des Rennens gewesen war.)

Bersarin war ein wenig melancholisch, als wir nach Berlin zurückfuhren, die Karl-Marx-Allee hinunter, auf ein im warmen Licht des frühen Abends glänzendes Panorama des Berliner Ostens zu, über dem der Fernsehturm glitzerte. Von den 200 000 Euro, die an einem guten Tag in Hoppegarten umgesetzt werden, befanden sich mehr als 100 in meiner Handtasche und ein ungläubiges, stilles und Pferdeverstand-freies Lächeln auf meinen Lippen.


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Bilder vom Renntag demnächst bei Bersarin: hier oder hier.

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