Die Idioten vom DFB
Das
Pokalendspiel ist überstanden. Der häusliche Bayern-Fan (hier auch als Mastermind bekannt) leckt die Wunden. Bei der Siegesfeier sah man
entrückte Dortmunder, einen Vorstand mit Tränen in den Augen und einen freudestrahlenden
Trainer unter einer Kappe mit der ominösen Aufschrift „Pöhler“, was im Ruhrpott-Deutsch was bedeuten soll (Bitte um Aufklärung!).
Was frau auch sah, war, wie blöde die DFB-Führungsriege unter Wolfgang Niersbach
ist. Da wir (hier ist der Plurals
majestatis angebracht) an die Einheit von Form und Inhalt
glauben, erkannten wir an diesem Abend auf einen Blick, welches Frauenbild im
DFB unter neuer Führung unfröhliche Urständ´ feiert: statuettenhafte
Modelfrauen in Goldreifröcken und mit starr vom Körper ab gestreckten Armen
rahmten den Weg der Besiegten und Sieger zum Podest. Frauen (in den Augen der
Deppen an der Spitze des DFB) sind schön anzuschauen, wenn sie still, steif,
stumm und starr sind, töricht und grotesk wie Puppen aufgestellt. Vollpfosten,
die eine Inszenierung, wie die von gestern Abend in Auftrag geben, sind
enttarnt, da erübrigt sich jeder zweite Blick und jedes zweite Wort (siehe unten).
Herzlichen
Glückwunsch aber, trotzundalledem an den BVB: tolle Saison, klasse Abschluss!
Die deutsche Mutter
Es
ist Muttertag. In der Küche steht
der Blumenstrauß bereit, mit dem ich die meine beglücken werden. Man tut
was man kann und was erwartet wird. Meine Mutter ist die Beste, sowieso! Ich
liebe sie und es gibt tausend Gründe ihr zu danken. Der Muttertag allerdings
und das ganze Mutterbrimborium bedeuten mir nix. In Deutschland zumal ist die Mutter-Chose kaum zu ertragen. Die
Mutter besorgt´s, macht´s, die Mutter kann´s, die Mutter ist immer und an allem Schuld. Mamma mia. Die deutsche Mutterschaft ist ein abscheuliches Konstrukt,
dessen böses Gift sich in die Blutbahnen fast aller weiblicher (und männlicher?)
biodeutsch aufgewachsener Kinder (jedenfalls im Westen, über den Osten kann ich
da nicht reden) gemischt hat, so dass es noch Generationen dauern wird, es wieder
rauszuspülen. In diesem Zusammenhang habe ich (in der Rezension und den
Kommentaren zu „Unsereiner Kriegsundführerkinder“ von Heike Schmitz) schon mal
auf das Nazi-Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von Johanna Haarer
hingewiesen. Dieses Machwerk war auch nach 1945 in der alten Bundesrepublik in
nur minimal veränderter Form unter dem Titel „Die Mutter und ihr erstes Kind“
ein Bestseller. Es ist ein Klassiker der „Schwarzen Pädagogik“, die lehrt, das
Kind als tyrannischen Feind zu betrachten, dem der Teufel durch Härte und
Konsequenz ausgetrieben werden muss. Es lohnt sich aber auch der Blick auf das
Mutterbild, das diese Nazi-Propaganda so erfolgreich verbreitet hat. Es ist in
der deutschen Kultur weiter wirksam, obwohl oder sogar weil die
Erziehungsmethoden der „guten Mutter“ sich geändert haben. Verinnerlicht haben viele
„deutsche“ Frauen, dass Muttersein ihre „natürliche“ Bestimmung sei, dass
Kinder „vor allem die Mutter brauchen“ und dass für die „gedeihliche“
Entwicklung des Kindes allein die Mutter die Verantwortung trägt. Das Bild, das Haarer zeichnet, ist das
eines übermächtigen Muttertiers, das jede unmütterliche Regung in sich, jedes
Verlangen nach Tätigkeit und Bestätigung jenseits der Mutterschaft als Unnatur
zu bekämpfen hat. Im Inneren des Hauses hat dieses Monsterdrachenweib unumschränkte
Gewalt über das Kind, solange es sich selbst gewaltsam alle Vernunft austreibt.
Ach, ich erkenne auch in der fürsorglichen Mammi unserer Tage, die an der Uni
anruft, um zu klären, „wie viele Scheine wir in diesem Semester brauchen“ noch
den Abglanz von Haarers ideologischer „deutscher Mutter“ wieder.
(Auf
„Blütenblätter“ hat Iris den Tag genutzt, ihrer Mutter ein wunderschönes
Gedenken zu schreiben, das ohne Kitsch und Verklärung auskommt: Hier.)
Der
Märchen-Zirkus
Aus
Gründen, die ich jetzt nicht nennen mag, recherchierte ich in meinem eigenen
Blog, was ich im Sommer 2010 aus Cornwall geschrieben hatte und stieß auf den
Link zum „House of Fairy Tale“ Ich werde diesen Sommer in Italien und in der
Mark, aber nicht in England sein und also auch nicht in Kent, wo diese
Veranstaltung (hier: ) stattfindet. Das ist ein wenig schade. (Wiewohl ich mich
sehr auf Venedig und die Colli Euganei, auf den See und die Wälder freue.) Derweil
lasse ich die Ballons auf der Seite tanzen und mische Gifte, um Bärte zu färben,
träume von sonderbaren eisernen Gestellen und schwebenden Körpern ("Equipment of an Angel"), von
Brummkreiseln und Spitzenkragen, von Tanzbären und bunten Lichterketten, von
Varieté und Wackelpudding. Das ist genau das, was ich jetzt brauche, heute zum
Beispiel, an so einem Morgen, an dem ich so grundlos traurig bin, dass ich mich
versenken mag in ein Hexenbad. (Und das auch tue.)
Die
Lackmustests
Es
ist nicht nett, Leute in Schubladen zu stecken. Man sollte jedem eine Chance
geben (außer den Idioten vom DFB). Vor allem Pädgog:inn:en sollten da mit gutem
Beispiel voran gehen. Usw. Jedenfalls. Ist ja wahr. Nee, keine Lust. Wenn die Hälfte
des Lebens hinter einem liegt und ungewiss ist, ob die andere Hälfte überhaupt
noch mal so lang wird, ist Ungeduld kein Laster, sondern eine Tugend. Einige
Schubladen müssen zu bleiben oder schnell wieder zugedrückt werden. Sonst
bleibt keine Zeit für die interessanten Leute und die witzigen Gespräche, für
heftige Leidenschaften und ernstgemeinte Worte. Deshalb habe ich ein paar Tests
eingeführt, die mir beim Zudrücken helfen. Sogleich weggesperrt wird zum
Beispiel, wer davon spricht „Geld zu machen“ (Es hat sich zu meiner Überraschung herausgestellt, dass diese Leute nicht unter einer besonders unangenehmen Form der Inkontinenz leiden und kein Mitleid erwarten.), wer mit Preisvergleichen
langweilt, wer fragt, „was das einbringt?“
und dabei Daumen und Zeigefinger tatsächlich oder gedanklich aneinander reibt,
wer „ich habe ja nichts gegen..., aber...“
sagt, wer findet, dass andere „den Gürtel
enger schnallen“ sollen und sofort, wer so was sagt, wie: „Jede Arbeit ist besser als keine Arbeit.“
Das sind nur so ein paar Beispiele. Das hat sich sehr bewährt. Die Gegenprobe
(als Experiment mehrfach durchgeführt) hat immer zum gleichen Ergebnis geführt:
Lohnt nicht. Klappe zu! (Sehen
Sie, ich bin eben nicht nett. – Und lege mit 47 auch nicht mehr so großen Wert
drauf.)
Schlechte
Laune heute. Muss besser werden.
Trotzdem:
Schönen Sonntag, allerseits!
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenich hab das Spiel (als Dortmund-Fan) nicht live gesehen, weil ich in einem Konzert war. http://nwschlinkert.de/2012/05/13/hohe-kunst/ Gemeinhin sehe ich mir Spiele im Fernsehen an, aber auch nur die Spiele selbst, ohne alles Drumherum. Jetzt mußte ich mir das aber mal als Aufzeichnung ansehen, was Sie ansprechen, und tatsächlich, das ist eine überaus beknackt-kitschige Inszenierung, blöde und geschmacklos. Ihre Kritik ist vollkommen berechtigt. Der DFB ist eben die letzte Diktatur auf deutschem Boden, doch so lange die Ästhetik des Spiels an sich davon nicht berührt wird, kann ich mit sowas grade noch leben, vor allem, wenn ich den Fernseher vorher ausmache.
Der Begriff "Pöhler" kommt vom Fußballspielen auf Boltzplätzen (wie habe ich das geliebt, vor allem die 11:9-Siege!), gemeinhin Pöhlen genannt. "Ich geh pöhlen" heißt, sein Glück suchen zu gehen. So, nun muß ich aber mal telefonieren!
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenzu gerne würde ich Dir zum Trost ein Picknick an der Küste Cornwells rüberreichen, an Ideen mangelt es mir nicht, nur an der technischen Durchführbarkeit. Aber vielleicht hat ja auch schon das Bad geholfen. ;-)
Liebe Grüße und danke fürs Verlinken!
Iris
(Cornwall, natürlich.)
Löschen@ Norbert W. Schlinkert Ja, gell, diese Goldpuppen sind krass? Danke für die Aufklärung zu "Pöhler". Ich mag den ja, den Jürgen Klopp, mochte ihn auch schon, als er noch bei Mainz Trainer war, was man als Eintracht-Fan gar nicht laut sagen durfte. Dieses Jahr fällt´s mir deshalb besonders leicht, dem BVB zu gratulieren, weil "meine" Eintracht wieder aufgestiegen ist. (Dass ich indes einem Bayern-Fan seit nurmehr 16 Jahren Kost und Logis biete, macht mich immer noch fassungslos. Wie konnte das passieren?)
AntwortenLöschen@Iris Geht schon wieder besser. Danke! Ich war in der Kirche, wo am Mittwoch die Ausstellung von BenHuRum aka Thomas Hartmann eröffnet wird und: Es wird TOLL! Ich bin völlig begeistert und deshalb auch wieder viel besserer Laune. HG M.B.