Die
Wochenzeitung „ZEIT“ ist arm dran. Nicht nur ist sie mit dem unsäglichen Herrn Jessen geschlagen, über den jedes
weitere Wort verloren wäre. Nein, sie hat auch noch den mir bisher namentlich
noch nicht aufgefallenen Peter Dausend unter Vertrag, der weiß, „was sich gehört“,
mit jener selbstverständlichen Ironie der Macht, versteht sich, die ihrer Beschränktheit
nie gewahr wird, weil sie ja gar so uneigentlich auf alles, besonders an sich
selbst vorbeiguckt.
Jener
Herr, dessen Namen Sie gleich wieder vergessen sollten, hat ein (wie könnt´ es bei dem Thema anders sein) ironisches Textlein unter dem Titel „Siggi Superdaddy“ über die Elternzeit des
SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel geschrieben. Und das liest sich so unwitzig: „Ach ja, er ist schon eine Nummer, der Siggi. Andere Väter gehen in die
Babypause, um die Frau zu entlasten. Gabriel, um das hyperaktive Kind zu sein.“
Missverstehen Sie mich nicht: Ich habe keine Ahnung, wie Sigmar Gabriel seine
Vaterrolle gestaltet. Doch wäre ich ein Mann, träte ich dem Herrn Dausend für
diese Worte – metaphorisch – nicht nur in den Allerwertesten, sondern in die
Eier. Väter kümmern sich also um ihr Kind, wie der Herr Dausend meint, um der
Mutter behilflich zu sein. (Wir wollen aber nicht ungerecht sein und nur auf
diesem armseligen Zeit-Redakteur herumhacken. Morel erinnert sich an eine Kollegin, die sich kürzlich
im Fahrstuhl ganz ähnlich und lobend über einen Kollegen äußerte, der „seiner
Frau so prima hilft“ in der
Elternzeit.) Der Mann als Vater hat ganz offensichtlich in
den Augen gewisser Männer und Frauen keine eigene, selbstständige Beziehung zu
seinem Kind. Er „geht der Mutter zur Hand“, wenn er das Kind betreut. Wäre ich
ein Mann, so machte mich ein solch
vergiftetes Lob unglaublich wütend. Warum ist es für diese Leute offenbar unmöglich,
die Beziehung eines Mannes zu seinem Kind, seine Vaterschaft, als etwas Eigenständiges und Wertvolles anzuerkennen, das nicht durch die Mutter vermittelt
ist und werden muss?
Um
weitere Missverständnisse auszuschließen: Ich vertrete hier nicht die Position
derjenigen, die lautstark „Väterrechte“ einklagen (nicht selten verbunden mit Tiraden gegen den "Feminismus", von dem sie keine Ahnung haben). Gerade die Reduktion der
Vaterschaft auf das „Recht am Kind“ ist Teil der symbolischen Ordnung, die Männer
von ihren Kindern und ihrer Vaterschaft entfremdet. Wo der Vater
seine Beziehung zum Kind als „Hilfskraft“ der Mutter beginnt, muss es zwangsläufig
zu jenem Entfremdungsprozess kommen, der in so vielen schmerzlichen Fällen dazu führt, dass Vater und
Kind einander verlieren. Männer also müssten meiner Überzeugung nach darauf
beharren, dass ihre Vaterschaft in der Öffentlichkeit, im Berufsleben und im
sozialen Umfeld als bedeutender Einschnitt anerkannt und gewürdigt wird. Es
braucht Bilder vom Vater, der nicht weiter am Rande steht, wie Joseph (der sich zu einer Vaterschaft bekannte, obwohl er nicht gezeugt hatte) auf
jedem traditionell ikonographischen Bild der "Heiligen Familie". „Der Vater und das Kind“ – diese Beziehung müsste
viel häufiger dargestellt, in ihrer Vielfalt erzählt und gedeutet werden, um
die symbolische Ordnung zu ändern. Das Problem als Rechtsfrage zu betrachten, führt
dagegen in die Sackgasse, weil es die Beziehung zum Kind weiterhin und vor
allem als Machtfrage denkt. Das weist nur zurück auf jenem „abwesenden Vater“,
der das „Gesetz des Vaters“ symbolisiert, aber beziehungsunfähig und lieblos
bleibt.
Es
gibt jedoch Hoffnungsschimmer, selbst im privaten Umfeld einer weitgehend missglückten
feministischen Erziehung als Versuch „artgerechter Männerhaltung“. Amazing,
mein 18jähriger Sohn, ist – wie auch hier im Blog in einem leider einmalig
gebliebenen Gastbeitrag schon zu lesen war – Fan der Serie „How I met your
mother“. Vor ein paar Tagen sprach ich ihn darauf an, dass mir aufgefallen sei, in
wie vielen Kinofilmen im letzten Jahr Jason Segel, einer der Hauptdarsteller
der Serie, eine bedeutende Rolle spiele, u.a. auch in dem in Kürze in die Kinos
kommenden, von der Kritik hoch gelobten: „Jeff, der noch zu Hause lebt“.
Dagegen habe ich von den beiden anderen männlichen Hauptdarstellern der Serie
lange nichts gehört. Der Amazing konnte mich aufklären. Sein „Liebling“, der
Darsteller des Barney Stinson (in der Serie ein sexistischer Angeber, der den
Bro-Code entwickelt) könne sich grade nicht so intensiv neben der
Serienrolle auf eine Kinokarriere konzentrieren, denn er habe „einen Mann und zwei
kleine Kinder.“ Der Amazing fand das richtig, wichtig und selbstverständlich,
dass ein Vater sich um seine Kinder kümmert. Dass Neil Patrick Harris offen
schwul ist, trägt zur Glaubwürdigkeit seiner Rollenfigur, die als Parodie auf
den heterosexuellen „Norm-Mann“ angelegt ist, eher noch bei. (Dennoch wäre es natürlich wichtig,
wenn in solchen Soaps auch homosexuelle Paare ganz selbstverständlich vorkommen würden.) Dass der Amazing so denkt, ist – da gebe ich mich keinen
Illusionen hin - , kein Ergebnis feministischer Erziehung, sondern der
Erfahrung mit seinem eigenen Vater.
Quelle: bild.de |
(Ein
wenig wurde der Optimismus, den mir Amazings Einlassung ermöglichte, am selben
Tag jedoch wieder getrübt. Beim Friseur blätterte ich in der ausliegenden
Yellow Press und sah ein Foto vom gemeinsamen Urlaub der Paare Elton John/David
Furnish und Neil Patrick Harris/David Burtka mit ihren Kindern. Im Begleittext
wurde darauf verwiesen (ich kann das hier nur sinngemäß, nicht wörtlich
wiedergeben), wie süß die vier Papas mit ihren Kleinen seien, aber selbstverständlich
stehe eine Nanny bereit für die schwierigeren Pflegeaufgaben. Da stimmt das
Geschlechterstereotyp dann wieder. Alle Eltern, egal ob Mann oder Frau, würden, wenn sie es sich leisten könnten,
gelegentlich gern Unterstützung bei der Kinderpflege in Anspruch nehmen. Im dümmlichen
Klischee, das noch immer weit verbreitet ist, wird aber so getan, als sei die „Mama“
stets bereit, während der „Papa“ schnell überfordert ist.)
Selten genug, dass "man" auf Differenziertes trifft, so wie hier. Dazu noch gut geschrieben. Sehr anregend. Vielen Dank dafür.
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