Montag, 5. November 2012

Die Seilschaft (1): VOR DEM AUFBRUCH

Droben auf dem Berg wird es kalt sein. Und einsam. Still. (Keine Übertreibungen: Es gibt Wasser- und Stromleitungen.) Nur wir. Ich mag keine Heimat-Filme. "Die Natur braucht uns nicht." (Eben! Lass sie in Ruh´!) Ich will Zivilisation: warme Dusche, Teekanne, Sofakissen, Kuscheldecke. Vor allem: Menschen; Mengen, die sich durch die Straßen drängen, Illumination, Hupen, durchdrehende Räder, Kinderkreischen, Altmänner-Geschwätz, Kneipen, Kaufhaus, Düdelmusik, schicke Schuhe. Ich bin Stadtmensch geworden, weil ich es sein will. "When you´re growing up in a small town." (´Town´ ist gut! Das Kaff!). 

Die Entscheidung ist gefallen. Ich habe "Ja" gesagt und "Jein" gemeint. Zweieinhalb Tage da draußen. Zittern. Gemeinschaft. Bergrast. Es wird kalt sein. (Immerhin gibt´s eine Funkstation.) Der Proviant reicht aus. Vegetarische Burger (Bäh!). Maisküchlein mit Schokoguss. Äpfel, Orangen und Bananen. Nüssen und Rosinen. Der Rucksack drückt schwer. Noch einmal die Gurte sichern. Ich war nie Pfadfinderin. Warum habe ich "Ja" gesagt? Ausbruch. Die Regeln, das Einerlei, die Routine. Durchbrechen. Sich noch mal aufeinander einlassen. Anders. Wie bist du, wenn wir aufeinander angewiesen sind. (Ich will auf niemanden angewiesen sein, außer auf den Elektrotechniker und den Klempner zum günstigen Pauschalpreis. Ich zahle immer pünktlich). 

Der Berg ruft nach mir nicht. (Er weiß warum.) Ich folge dennoch dem unvernommnen Ruf, denn:



Ich schreib` so gern ein Berggedicht
Ich schreib` so gern ein Berggedicht mit Pauken und Trompetchen,
von Gletschern, Klamm und Mondenschein
und dem vom Wind verwehten Bergbäuerlei
n
das ich einmal traf, als es die Edeldame herzte,
mit Elke, der Lawinengräifn, fröhlich auf der Alm scherzte ,
dann, wenn der Graf im alten Trott den Feldberg bunt bemalte,
indes ein weitentfernter Mond sein fahles Licht verstrahlte -
das alles schrieb` ich gerne hin, doch muss ich`s leider lasse.
In Worten gäb` das keinen Sinn; wie sagt man doch auf Taunushöhn? - : "`s ist verbal nischt zu fasse "

(nach Robert Gernhardt)


Die Wettervorhersage: Frostig. Mütze. Handschuhe. Schnee. Ich mag es, wenn sich eine Schneeflocke auf meiner Nase niederlässt, sanft. "I wanna get out." Los jetzt! Es wird kalt...

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