Ein Beitrag von BenHuRum |
Unsere Leser_innen wissen es: Prof. Martina Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde bereiten ihre Hochzeit vor. Deshalb war es ihnen in dieser Woche nicht möglich, rechtzeitig einen Kommentar zu BenHuRums heutigem Beitrag "Lache mit Liebfalten" bereitzustellen. Dafür haben wir - und wie wir hoffen eine große Mehrheit unter unserer Leserschaft - großes Verständnis. Ahnen wir doch, dass unter unseren Leserinnen und Lesern diejenigen, die Emotionen nicht als Herzstück und bewegende Kraft des sozialen Lebens gelten lassen, in einer verschwindenden Minderheit sind.
Wir aber setzen uns auch für diese marginalisierte Minderheit ein, sogar dann, wenn ihre Vertreter in ihrer psychologisch erklärlichen Wut und Angst uns mit beschämend aggressiven Kommentaren und Mails überziehen, wie es in der vergangenen Woche wieder geschah. Sie werden zweifellos schon ahnen, was der Auslöser dieses Shitstorms war, dem sich unsere Site und unsere Beiträgerinnen ausgesetzt sahen: Der Link, den wir zu dem Artikel "Wider die großen Worte" von Karl Popper in den Beitrag "Blutige Sticheleien" einfügten, rief die uns schon sattsam bekannten Reaktionen der Links-Reaktionäre, Adorniten und Hegelianer hervor. (Wir erlauben uns - Sie würden es vergeben, wenn sie die Zuschriften, die wir erhielten, im Wortlaut nachlesen könnten - diese kleine Polemik.)
Im Auge des Sturms führten wir am Wochenende über Skype ein Telefonat mit Prof. Dr. Martina Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde und erhielten die Erlaubnis (Herzlichen Dank an beide Damen!) Auszüge aus diesem Gespräch - anstelle eines Kommentars - zu veröffentlichen.
***
D.I.: "Der Hass, der uns entgegenschlägt, so verhetzt er sein mag, lässt sich doch ohne Verrenkung aus den widerspruchsvollen Verhältnissen erklären, die unsere Kritiker nicht etwa zu schlichten, sondern in ihrer Unterwerfung unter das, was ihnen als Geist gilt, auf die Spitze zu treiben trachten."
M.H.: "Wir sollten dabei, meine Lieben, auch niemals vergessen, dass wir beide - Dora und ich - unsere ganze Existenz dieser rhetorischen und stilistischen Spekulation verdanken. Wir sind nur Erscheinungen dieses Verweisungsbezugs, gleichsam die Blase, die sich durch seine Aufblähung bildet, das vulgäre Phänomen als das sich die spekulative Theorie in Raum und Zeit zeigt."
D.I: (lachend): "So habe ich das noch niemals gesehen. Doch freilich hast du Recht, liebe Martina. Nur so möchte ich uns verstanden wissen. Niemals als bloße Mimikry an den Bann der Werke, sondern über jene Schwelle der Sympathie tretend, deren Überschreitung allein den Bann schwinden lässt."
M.H.: "Wir können davon getrost in der Vergangenheitsform sprechen. Längst schon gehen wir - eine jede auf ihre Weise - mit dieser besorgten Welt der Schrift händisch um. Das bloße Vorhandensein des Unbrauchbaren, das in Gestalt der Texte vor uns liegt, lässt uns nicht länger verzweifeln, sondern frohlocken."
J.S.P.: "Es stimmt mich, verzeihen Sie mir den Einwand einer Laien-Mitdenkerin, die es mit keiner von Ihnen beiden an Belesenheit und Vertiefung in der spekulative Philosophie aufnehmen kann, traurig, wie sehr wir unsere Zeit trotz alledem an eine phallozentrische Tradition verschwenden, der wir zwar nicht mehr auf die Schultern klopfen, die wir aber auch nicht abzuschütteln vermögen. Überall tritt sie wieder hervor, durch unser Unvermögen, etwas anderes hindurch zu schmuggeln."
D.I.: "Das Bild vom Schmuggel gefällt mir. Wir können die Geschichte der Vernunft, die jene schrieben, denen wir keine Autorität zubilligen - wir wissen ja, was das für Männer waren! - , nicht ungeschrieben machen. Aber wir können in sie hinein eine andere Bewegung lesen."
M.H.: "Dein berühmtes Erdbeben, Dora. Die Notwendigkeit des falschen Bewusstseins. Das Graziöse und seine Nachbarschaft zum Kitsch. Die Apologie der Verfallsgeschichten."
D.I.: "Hast du einen anderen Vorschlag? Die Entschlossenheit läuft dem Verstand voraus? War es das, was du meintest, Martina?"
M.H.: "Das ließe ich gelten. Wir müssen von der Sorge ausgehen. Und von uns."
Die beiden sahen sich tief in die Augen.
D.I.: "Wir lachen mit Liebfalten."
M.H.: "Über Penisse und alles."
D.I.: "Zum Beispiel."
M.H. "Unser Lachen ist kein Auslachen. Es ist aufnehmend. Annehmend. Warm."
D.I.: "Nicht mädchenhaft. Weiblich. Tief. Mit Falten um die Augen."
Vor Lachen mussten wir drei das Gespräch an dieser Stelle unterbrechen.
Doch im Grunde war alles gesagt: Lache mit Liebfalten.
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