Es ist nicht einmal mehr ein Vorwurf, wenn ich mich abwende, angewidert mehr noch als schon die letzten und vorletzten Male von jeder neuerlichen im Spannungsfeld zwischen Pathos, Selbstreflexion und poetischer Ungerechtigkeit vorgetragenen ewigen Wiederholung immer gleicher leidenschaftlicher Romantizismen, eingekleidet in ästhetizistische Selbstironie und unstille Selbstbeweihräucherung. Triste Hotelzimmer werden zu Bühnen hochfliegender Projektionen: Immer wieder soll eine glauben, dass wie du alle liebst, so nur sie. Du wiederholst es unter Tränen. Und wiederum. All die anderen. "Der Mann, der die Frauen liebte." Truffaut war ja letztlich auch ein Arsch, oder? Nicht. Selbst ihm hätte eine gelegentlich mal sagen müssen: "Werd´ endlich erwachsen." (Shitstorm vorprogrammiert!) Ach was, all die schönen Stunden: Ich danke ihm für Fanny Ardant. (Denn ich bin keine Frau, die Frauen liebt. Oder Männer. Nur sie. Nur sie.) Und es hat Boing! gemacht. Man kann das auch genauso trivial sagen, wie es ist. Dafür liebe ich die Unterhaltungsliteratur.
Die Hormone spielen nicht verrückt. Nur wir: Das neue Leitbild sind Frauen, die frühestens mit 50 Mutter werden. Oder sich zu passenden Zeitpunkt Leihmütter nehmen, die ihre eingefrorenen Eier austragen, befruchtet mit den Samen von Nobelpreisträgern. Im Namen der Gerechtigkeit: Für Männer tickt die Eieruhr schon lange langsamer. (Das ist eine so bös schiefe Metapher, dass ich sie stehen lasse.) Die kinderlosen Künstlerseelen (Alliteration!) dagegen quatschen weiterhin ungeniert rum und pflegen ihre Eltern (Vater-Sohn-Konflikte!) zu Tode. Letzteres indes eher nicht. Denn meistens wohnen sie halt doch in Berlin leicht unter- oder oberhalb der Armutsschwelle und überlassen die Demenzen in der Provinz der halbgebildeten Schwester im Reihenhäuschen. Am besten ist sie noch Lehrerin und arbeitet Teilzeit, um ihre unerträgliche Brut zum Fußballtraining zu fahren.
Die Schönheit des Alters ist heute auch nicht mehr, was sie mir noch gestern im vollen Sonnenschein war. Der Nebel wird sich lichten, etwas Schokolade und eine gute Verdauung: Schon geht´s wieder. Liebe tut auch gar nicht so weh, wie immer behauptet wird. Man muss nur aufhören, zuviel zu analysieren und zu projizieren und weniger mit Freud winken. (Der Mastermind teilt mit: "Die Psychoanalyse ist höchstens noch historisch von Interesse. Als Wissenschaft gilt das schon lange nicht mehr." --- Es gibt auch gute Nachrichten, immer wieder. --- .)
Die Luft zum Atmen fehlt mir weniger, seit ich den Abstand präziser einhalte. Unter sieben Jahren, siebenhundert Kilometern bzw. siebzehn Kilo tu ich´s nicht mehr. Die sieben war immer schon meine Lieblingszahl, obwohl ich für Zwerge erotisch nichts übrig hab. (Ich nehme an, dass das diskriminierend ist, gönne es mir aber heute. - Nicht, dass es so ist, denn es ist immer so, sondern dass ich es ausspreche.)
Das Gott-Konzept geht mir noch stärker als je auf die Nerven. Es steht halt so wenig sympathisches über das Wesen in den "Heiligen Schriften": ein aufgeblasener, rachsüchtiger und eifersüchtiger Typ mit Aufmerksamkeitsdefizit, der zu Gewaltausbrüchen und paranoiden Schüben neigt, Brüdermörder, Totschläger, Vergewaltiger, Kinderschänder privilegiert und Pazifizisten grausam foltert. Außerdem soll er zwar noch barmherzig sein. Das kommt aber meist nicht so klar rüber. Ich wäre bereit, erhebliche Sümmchen zu spenden, um unbewohnte Inseln zu kaufen für die verschiedenen Anhängergruppen des Allmächtigen, auf denen sie seinem angenommenen Willen nach ihr Leben gestalten können, wie´s ihnen passt. Vielleicht funktioniert es aber eher umgekehrt: eine Insel für die Gottlosen? Wussten Sie übrigens, dass Nietzsche ein überzeugter Verteidiger der Burka war?
Als Kind habe ich mich fürchterlich vor dem hohen Wesen geängstigt und geekelt: Abraham soll seinen Sohn schlachten, überall Blut, das kannibalistische Abendmahl. Zwischenzeitlich hatte ich mich emanzipiert vom Grauen und verschiedene komplexe Deutungsangebote studiert, analysiert, kritisiert. Eine ausgeklügelte Kunst, die Theologie, wie alle Text-Wissenschaften, die aber - siehe oben - eben keine Wissenschaften sind :-) ! Jetzt, kurz vorm Klimakterium, beginne ich wieder meinen frühen Instinkten zu trauen. Vielleicht brauche ich später mal das Konzept erneut. Kann eine nicht ausschließen. Das is ja das Gute (und Schreckliche) dran: Du kannst immer drauf zurückkommen und es neu befüllen. Alles ist möglich.
So long!
(Denken Sie bitte daran, dass ich und Ich literarische Funktionen sind.)
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