Samstag, 25. Juli 2015

ANKUNFT (6) / Wortschatz (19): (Sich) ANHEIMELN

dasz sie ietz und nicht anheimbs sei.


Um alle Heimligkeit wirkt etwas Unheimliches: Was uns anheimelt, umgibt uns mit jener sauer-süßen Aura, die den Duft des Todes schon ausstrahlt. Ich rieche es, wenn ich die Nase in meine vertrauten, ausgeknutschten und eingeschlafenen Kissen presse. Wo ich mich heimelig gemacht habe, ahne ich den Erstickungstod herbei. Inkonsequenz prägt mich auch hier: Ich schaffe emsig jene  Trautheit, in der ich anzukommen wünsche, aber doch nicht sterben will. So sesshaft bin ich und stetig, dass ich mich immer auf Trab halten muss. Ich habe als Anspruch an mich verinnerlicht, treu zu sein und verlässlich und möchte doch immerzu aus- und aufbrechen, lange bevor es mir heimisch genug wird.

Noch immer suche ich im neuen Heim des Nachts die Lichtschalter, die keine Routine blind schon findet. Hierhin begleitet haben mich Bilder, innere und äußere, die Wände zieren oder verunstalten oder gar nicht sichtbar werden, mich nur abbilden. Die Druck-„Hose“, gegen die das Audi rebelliert, ein Werk BenHuRums (aka Thomas Hartmanns)

Thomas Hartmann: Hose

aus den frühen 0er Jahren, hängt nun ebenso in der Küche, wie Tuborgs „Durstiger Mann“, der mich schon durch 4 Wohnungen und 25 Jahre lang begleitet.

Im Spiegel (14)

Über der goldgelben Chaiselongue hängt im Wohnzimmer neuerdings Charlotte Malcolm-Smith´ "Waiting Room", eine Mischung aus Skulptur-Gemälde-Installation:


Charlotte Malcolm-Smith: Waiting Room

Mein Hogarth-Ticket "Peeping at Nature" ist ergänzt worden um einen Original-Stich der "Strolling actresses dressing at a barn", die beide über dem kleinen Nähtischchen angebracht sind, das mein Großvater in den frühen 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts meiner nie gekannten leiblichen Großmutter als Verlobungsgeschenk angefertigt hat. Über dem Esstisch ist eine Fotogalerie, die – nur für Insider, also 2 – das "Paarleben" dokumentiert: Bahndamm/Gießen mit Pommes rotweiß (frühe 80er), der Turner-Blick auf Petworth Park (späte 80er), Bellini-Brunnen in Rom (2011, unser letzter gemeinsamer Urlaub mit den Kindern).

Neu-Anfang nach 17 Jahre. Ein Zimmer für mich allein. 



Es dünkt sich traulich. Es heimelt. Und stinkt zum Himmel. Wie immer zu Hause. Bin ich anheimgefallen der Sehnsucht danach, mich anheimisch zu machen. Was nie gelingen kann. Und dennoch werde ich´s anheimschen. Weil das Leben (nicht) dialektisch ist, (sondern) endlich.

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