Heute morgen überraschte mich der Bücherblogger mit einem Gipfeltreffen in Frankfurt zur Buchmesse: Hier. Melusine, dachte ich, traust du dich das? Ein Versuch:
"Hesse sein heißt: Gefährlich leben wollen zu müssen."
(Matthias Beltz: Nacht, Europa, wo immer du auch bist)
Gipfeltreffen in Frankfurt am Main zur Buchmesse
Die Aufregung war ihr nicht anzusehen. Sie hatte den Kopf zurück gelegt und die Augen geschlossen. Über das Headset hörte sie Maximo Park: „Apply some pressure“. Draußen glitten die wohlbekannten Ansichten vorüber wie ein sich stets wiederholender Traum: die Uferböschung, das krumme Wäldchen, die verlassene Fabrik mit den eingeschlagenen Fenstern, trostlose Schlafsiedlungen mit metallenen Pseudobalkonen, auf die nie jemand trat, schließlich die ersten Ausläufer Frankfurts, der Osten mit dem Hafenbecken, das riesige Loch am Main, aus dem einmal das neue EZB-Gebäude erstehen sollte. Der Zug fuhr über die Brücke, auf dem Fußweg erkannte sie an seinem langen blonden Haar, das ein Stirnband zusammenhielt, den
Sternekoch des Frankfurter Hofes beim morgendlichen Jogging. Nur ein sehr aufmerksamer Beobachter hätte bemerkt, wie ihre Finger sich in den Sitz krallten. Ob es klug gewesen war, dieses Treffen zuzusagen? Fiktionen, die sich materialisieren. Das konnte fürchterlich schief gehen. Die Wieder-Worte gebende Terésa und die schöne und begabte Alea Torik, die formvollendete, Formen auflösende Syra Stein, der blutrünstige Guido Rohm mit seiner Seraphe sowie der einfühlsame und belesene Bücherblogger – ein Treffen zur Buchmesse in Frankfurt am Main. Man macht sich natürlich Vorstellungen. Man fühlt sich verbunden. Und dann wird schlimmstenfalls geschwiegen. Peinliche Pausen, weil man in diese Gesichter nichts zu sagen hat. Weil alle ganz anders sind, als man erwartete. Weil man in den Augen der anderen liest: Die hatte ich mir aber anders vorgestellt. Nein, nicht einmal das wäre das Schlimmste. Das Schlimmste wäre ein belangloser Small talk, nach dem man wüsste: Das war vergeudete Zeit. Aber auch etwas anderes wäre möglich: Ein unmittelbares Erkennen, Stichworte, die wie Blitze in Köpfe fahren, Assoziationsketten, wenn ein Wort das andere gibt, Lachen über ungeheure Ähnlichkeiten und ungeahnte Unterschiede. Oder: ein langsames Herantasten, Austausch von Höflichkeiten, Versuchsballone, Anknüpfungspunkte, lächelndes Einverständnis, freundliches Kopfschütteln, Nachdenklichkeit, Gemeinsamkeiten finden, das Fremde schätzen. Melusine dachte: Schade ist, dass Hans1962 nicht aus Wien dazu stößt. Und die talentierte Phyllis. Aber Phylli (heute fehlt ihr ein "s") wird vielleicht noch kurzfristig kommen. Sie lebt ja in Frankfurt. Muss nur über den Fluss radeln. Wie eng das wird in dem kleinen Café. Der Zug rollte in den Südbahnhof ein. Melusine griff ihren Rucksack. Mit Azar hatte sie sich am Fuß der Treppe verabredet. Da stand sie auch schon: Azarmidokth, die Prinzessin aus dem Morgenland, klein, dunkel, strahlend. Melusine beugte sich zu ihr herab und küsste sie. Sie wurde ruhig. Wohin immer sie mit Azar ging, würde es lustig werden. Azar würde in jedes Schweigen lauschen und es brechen. Genau da, wo die Bruchstelle war. Sie hörte das Gras wachsen und den Tee kochen und das Licht fallen. Sie würde Terésas Parfüm erkennen und Aléas Atem fühlen, Syras Hände berühren und den Bücherblogger an der Schulter fassen, mit Guido lachen und sich zu Seraphe hinwenden. Dann würde sie sagen: „Melusine, du...“ Melusine reichte Azar den Arm und sie gingen die wenigen Meter die Diesterwegstraße hinunter, betraten den Hinterhof. „Vorsicht, Stufe“, sagte Melusine, bevor sie die Tür des Lesecafés für Azar öffnete.
Demnächst: Die Frankfurter Verlobung
Liebe Melusine Barby,
AntwortenLöschendie Überraschung ist ganz auf meiner Seite, diese Antwort bei Ihnen hätte ich nicht erwartet. Zunächst bedanke ich mich artig für die vorgenommene Einschätzung "einfühlsam und belesen". Ob ich es wirklich bin, ich arbeite ständig daran. Apropos Erwartungen. Die größte Angst, und sie beschreiben das sehr gut, besteht darin, Erwartungen nicht zu erfüllen. Da niemand alle Erwartungen eines anderen jemals erfüllen kann, ist die Angst und das Erwarten eigentlich überflüsig. Das einzige was zählt, ist die Erfahrung, auch als gescheiterter Versuch. Bei der Anwesenheit einer persischen Prinzessin kann natürlich nichts mehr schiefgehen.
Das mit dem Lesecafé kommt ja einer Verabredung gleich. Ich und meine Frau überlegen gerade noch, ob wir am Besucherwochende, 9. und 10., trotz beiderseitigem bibliothekarischem Background "das erste Mal" (das kann ich nie mehr schreiben, ohne an den Anfang von "2666" zu denken) auf die Frankfurt Book Fair fahren. Mit dem Zug, wie Sie (passen Sie auf die "schnellen Vorbeifahrten" auf). Aléa fährt auch gerade Zug, kreuz und quer durch die Welt oder eher das Leben, steigt ein und aus und kann sich nicht entscheiden. Entschieden haben wir uns auch noch nicht. Die Fahrtkosten, die Übernachtung, der Eintritt, zwei Tage, da summiert sich schon so einiges. Die virtuelle Welt ist billiger. Ich bin neugierig, aber im Moment auch sehr erkältet. Hab mich wohl bei Aléa angesteckt. Ja, die Realität ist eine Kategorie für sich und vernetzt sind wir ja auch jetzt schon. Ich muss nicht wissen, wie Sie aussehen oder ob Sie Ihren Kaffee schwarz oder mit Milch bevorzugen, aber anderseits bin ich zu jeder Schandtat bereit, damit aus den "Gespenstern" (auch bei Ibsen) Gestalten werden.
Das fiktive verlinkende Schreiben beherrschen Sie wahrscheinlich besser als ich. Personen sollten sich eh nicht so wichtig nehmen, das Wort "Gipfeltreffen" ist als Titel bei mir sehr ironisch gemeint.
Einen herzlichen Gruß an Sie und an alle von mir vorlaut Erwähnten
Der Buecherblogger
... Wölfchen lugt atemlos auf den Boden geduckt, sich ungläubig die Augen reibend, hinter blickdichtem Gestrüpp hervor, errötend ob der Erwähnung in solch illustrem Kreise.
AntwortenLöschen@ Bücherblogger Ich bevorzuge den Kaffee schwarz. Tatsächlich fahre ich viel Zug. Und wenn Sie und Ihre Frau zur Buchmesse anreisen, dann melden Sie sich doch einmal bei mir. (e-mail im Profil) Am 9. Oktober werde ich wohl in Frankfurt sein.
AntwortenLöschen@Hans1962 Wer soll Ihnen das "-chen" abnehmen? Und den Unglauben. Und das Erröten? Sie wissen ganz genau, dass ich mir kein Blogger-Treffen ohne Sie (aus-)denken könnte, bei dem Sie n i c h t vermisst würden!
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenIhren Zeilen entnehme ich, dass Sie es gewohnt sind, größere Menschengruppen zu managen. Sie scheinen mir die [uns`rige] geborene Organisatorin zu sein, da Sie auch die [nicht nur] logistischen Auswirkungen des Gipfeltreffens im Blick haben.
Indes ich selbst, ich hoffe sowohl Horacio als auch Julio in Buenos Aires für ein paar Tage allein zurück lassen zu können, da beide arg von der argentinischen Melancholie befallen sind. Außerdem „eifern“ beide sehr und sehen es nicht gern, wenn sie ihre Tango-Tanzpartnerin für ein paar Tage frei geben müssen, verbunden mit der Gefahr, diese unter ihres gleichen an [eine[n] andere[n] [Argentinier] zu verlieren. Es ist stündlich um derer beider Gemütszustand schlechter bestellt. Noch vor einer Stunde, als ich auf ein Glas Salbeitee beim Bücherblogger zum virtuellen Krankenbesuch vorbei sah, hegte ich die Hoffnung, wenigstens einen von den beiden, zum Mitkommen bewegen zu können…
Bei mir hängt alles davon ab, ob ich mein Flugticket direkt auf Frankfurt umbuchen kann. Allerdings muss ich es spätestens am siebten Oktober mit Ankunft am achten eingelöst haben, d.h. am Wochenende ist es zu spät für mich…
Wen aus dem hier benannten „illustrem Kreis“, um es in den Worten von Hans1962 zu sagen, haben Sie denn bereits auf der Teilnehmerliste, liebe Melusine?
Herzlich aus der Ferne
Teresa
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenbin ich die Letzte? Ich liege noch und ringe mit dem Virus. Wenn es einer ist. Ich werde wohl nicht zur Buchmesse fahren, ich hatte es zwar ernstlich überlegt, aber der einzige Grund sind zwei Zeitschriften für die ich schreiben kann und beide erzählen mir etwas von No-Budget. Dafür muss ich nicht nach Frankfurt fahren. Oder ist das hier bei Ihnen alles nicht ernst gemeint? Kommen die anderen? Es gelingt mir gerade nicht, das recht zu verstehen.
Gute Nacht
Aléa
Liebe Aléa,
AntwortenLöschenes gilt wie immer: alles ist Fiktion. Es gibt zwar den gut aussehenden Koch, Blogger und Bloggerinnen, die die erwähnten Namen wirklich im Pass stehen haben oder sich ihrer nur in der vernetzten Welt bedienen, auch das Lesécafe in Sachsenhausen gibt es (und ich - also auch die, die einen Pass hat - sitze gerne dort), Azar heißt nicht Azar, ist aber eine persische Prinzessin. Auch Fiktionen sind ernst gemeint. Nicht wahr?
-Und: Manche werden -anders freilich - wahr. Die, also die mit dem Pass, und Azar fahren demnächst nach Berlin. In die Erich-Weinert-Str. (wo Anne/Armgard Barnhelm ("Melusine featuring Armgard") eine Wohnung hat :-). Vielleicht sieht man sich dort? Auf eine Tasse Kaffee? Ich schreibe Ihnen, wenn alles feststeht, eine Mail.
Und gute Besserung. Erholsamen Schlaf.
M.
@Teresa Guten Flug. Die eifersüchtigen Herren sollen sich mäßigen lernen. Ihre Melancholie produktiv einsetzen. Das ist möglich. Wie Sie wissen. (Ein wenig besorgt bin ich über die ursprünglich Planung, nach München zu fliegen: Wollten Sie etwa zum Oktoberfest?) Ich werde leider nur am Wochenende in Frankfurt sein können, da ich an den Tagen zuvor in - nun - in die tiefste Provinz muss: wo Fuchs und Hase sich Gute Nacht sagen!
AntwortenLöschenHerzliche Grüße
Melusine
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenda ist Ihnen ein guter Gleisanschluß gelungen. Lesecafé.... Lesecafé... Begegnungen von Vorstellung und Realität, Schein und Wahrheit, Ideal und Wirklichkeit. Augen:blicke außerhalb von Zeit und Ort.
Herzlichen Gruß in Ihren Morgen
Syra
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenmeine Schafe und ich würden uns dann auch noch irgendwie dazu zwängen, ins Café.
Alle beide? Das wird aber eng!
AntwortenLöschenWenn schon, denn schon. Das erste gehört ja eh Ihnen, die Gelegenheit günstig: es wird Sie gleich erkennen : )
AntwortenLöschenZunächst allen, die mit vergrippten Viren darnieder liegen: Gute Besserung! Trinken Sie viel [am besten Salbei]Tee, um die Bakterien raus zu spülen... oder warme Milch mit Honig und für die ganz Harten: warmes Bier mit Honig.
AntwortenLöschenjaja...liebe Melusine, es ist nicht einfach mit jener Sucht, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Mit den beiden Argentiniern und ihrer Melancholie wird es immer schlimmer, Horacio will sich nun ein Zimmer in einer Klinik suchen... was mir gar nicht so unrecht, da ich dann all meine Deutschland-Termine in Ruhe planen und von Gipfeltreffen zu Gipfeltreffen herum reisen kann.
Falls Sie Mitte Oktober (um den 14. herum) Ihren literarischen Salon am Prenzlberg öffnen, schaue ich gern im Funkenflug vorbei, irgendwo zwischen den Schafen werden Sie doch noch ein Platzl haben? Wobei am 14. auch ANH liest, wie ich eben sah... so dass ich zwei literarische Fliegen (ich bitte das NICHT WÖRTLICH zu nehmen) mit einer Klappe schlagen könnte.
Und keine Sorge... das Oktoberfest meidet unsereiner lieber, das ist dieses Jahr Touri-Hochburg hoch vier und die Maß wird eh immer teurer.. außerdem schlotze ich lieber ein Viertele in einer Besenwirtschaft, die jetzt bei uns demnächst wieder öffnen.
Herzlich an Sie und alle LeserINNEN Ihres Blogs
Teresa
@ Phyllis, na gut, dann bringen Sie sie mit, die schwarzen Schafe. Wobei ich vorsorglich darauf hinweise, dass schwarze Schafe nicht unbedingt ihren Besitzern gehorchen (hinzu kommt, nebenbei, dass Besitz und Nutznieß nicht identisch sind :-)), sondern meistens versuchen, sich davon zu machen. Und das Wölfchen zum Zusammenhalten wird ja leider nicht dabei sein. Und schweigt. Wortlos. Hmmm.
AntwortenLöschen@ Teresa Anne/Armgards Wohnung in der Weinert-Str. ist als "Salon" wohl überfordert. Die Reisedaten stehen noch nicht endgültig fest. Ach ja, die Besenwirtschaften - da stünde mir auch der Sinn nach. Vielleicht sollten Azar und ich an den Bodensee fahren???
Wölfchen ist zu klein für solch' heikle Aufgaben.
AntwortenLöschenNoch... ;-)
Aber er spricht wieder! (Stein poltert vom Herzen!)
AntwortenLöschenOh doch; ja. Liegt aber immer noch zitternd an der breiten Brust des wissend lächelnden Wolfs. Hat sich kürzlich für ihn, den Wolf, ausgegeben, der Schlingel (Wölfchen)...
AntwortenLöschenSo jung fühlen Sie sich! Wie schön. Da beneide ich Sie. (Ich möchte nicht mehr die sein, die ich war, als ich jung war. Aber jung möchte ich sein.)
AntwortenLöschen"Jung fühlen" sagt die eine,
AntwortenLöschen"regredieren" sagt der andere,
"unangemessen" sag' ich.
Wölfchen darf langsam er-wachsen.
Liebe Melusine,
AntwortenLöschenich wollte Ihnen noch ausführlicher antworten, ich habe es nicht vergessen. Es ging da schon nicht mehr um stehend oder sitzend schreibend, sondern um das Selbstverständnis als Schreibender, will ich es als Beruf oder als Vergnügen – mit der entsprechenden Schnittmenge – verstehen. Aber auch da überlege ich noch, ich überlege, ob ich nicht mehr als einen Kommentar daraus mache. Weil überlegen eine Tätigkeit ist die Zeit kostet, muss ich Ihnen jetzt wenigstens vorab noch auf Ihre Frage, vielmehr das Angebot antworten: Wenn Sie in Berlin sind, sehen wir uns gerne! Wenn es die Regierungsgeschäfte erlauben http://www.aleatorik.eu/2010/04/08/die-konigin-ist-gewillt-sich-zu-erheben/.
Herzlich
Aléa
Liebe Téresa,
AntwortenLöschenes könnte klappen in Berlin (falls es zur Buchmesse nicht klappt). Azar und ich fahren vom 13.- 17.10. Melden Sie sich doch bei mir. (e-mail im Profil).
Herzliche Grüße
M.