Sonntag, 7. November 2010

CASINO MELUSINE - Gegendarstellung

Ich habe es kommen sehen. Zu Morel sagte ich: „Pass auf, damit wird er nicht fertig, der Guido. Da werden wir morgen früh was zu lesen kriegen.“ Und so war es ja auch: Hier: Casino Melusine. Also musste ich gleich in der Früh mit meinem Rechtsbeistand telefonieren. Der saß noch beim Frühstück, aber wie immer den Laptop neben sich, lud er sich den Rohm-Text sofort hoch. „Willst du eine Unterlassungsklage anstrengen? Ich könnte eine einstweilige Verfügung erwirken.“ „Dann käme es aber zum Prozess, oder? Wo geklärt würde, ob und was...?“ Er lachte. „Ich verstehe, das wäre unangenehm für dich, in der Tat. Worum geht´s dir also?“ „Ich möchte das klarstellen. Zumindest grob erzählen, wie es wirklich war.“ „Und?“ Ich erzählte ihm die Story. „Also in diesem Fall ... Eher nicht. Die bloße Verabredung einer Straftat ist noch nicht strafbar, es sei denn, es geht um ein Verbrechen. Ein Problem ist die Sache mit der organisierten Kriminalität...Das ist grenzwertig, in der Tat.“ „Was rätst du mir also?“ „Schreib im Konjunktiv, nach dem Motto: So hätte es gewesen sein können...Die Leser kapieren das schon.“

Daher muss ich jetzt zu dieser Form greifen, die sich - gebe ich zu - unangenehm liest. Nur so aber kann ich Ihnen berichten, was geschehen ist, Verzeihung, geschehen sein könnte gestern, als Seraphe und Guido Rohm uns besuchten. Nehmen wir an, Morel hätte die beiden tatsächlich am Bahnhof abgeholt und wäre mit ihnen ins Casino Melusine gefahren. Dort wäre es auch zu jenen Spielen gekommen, die Rohm in seinem Text nennt. Bis hierhin könnte man Rohms Darstellung folgen. Interessanter aber ist, was er – möglicherweise – auslässt:  den eigentlichen Grund des Treffens, auf das er, Rohm, so sehr gedrängt hätte. Guido Rohm, wie aufmerksame Leser und Leserinnen seines Blogs Pathologie wissen, ist Kettenraucher. Auch hat Rohm mehrfach eingeräumt, dass seine finanziellen Mittel, insbesondere mit Blick auf die Befriedigung seiner Sucht, begrenzt sind. Mit Galgenhumor begrüßte er denn auch die geplante Steuererhöhung auf Zigaretten, die ihn – wie ihm Seraphe klar gemacht hätte – endgültig in die Privatinsolvenz treiben würde. Sie, Seraphe, sei ein geduldiger Mensch und Guido wirklich in aufrichtiger Liebe zugetan, doch müsse sie auch an ihr Kind denken und daher...Sie sehen, Leserinnen und Leser, wäre es so gewesen, hätte Rohm unter erheblichem Druck gestanden. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Rohm wäre, setzen wir einmal voraus, schon länger heimlich Vorstand der „Deutschen Raucherliga“ (DRL), einer Untergrundorganisation, die sich vorbereitete auf den Widerstand gegen die zu erwartende radikale Diskriminierung der deutschen Raucherinnen und Raucher in allen öffentlichen und nichtöffentlichen Lebenslagen. Rohm nun habe nach längerem Nachdenken und Beratungen mit Seraphe, deren organisatorische Talente er hierbei zum Einsatz zu bringen gedacht habe, erkannt, dass über die Mitgliedschaft der DRL sich Vertriebswege erschließen ließen, mittels derer in einem zugleich politisch subversiven und persönlich lukrativen Akt die geplante Steuererhöhung im großen Stil zu unterlaufen wäre. Zur Realisierung dieses Planes aber hätten ihm die konkreten Kontakte zur – sagen wir mal -  vietnamesischen Zigarettenmafia gefehlt. Da wäre ihm eingefallen, dass ich ihm gegenüber – freilich nur in privaten Mails – angedeutet hätte, über meine Berlin-Connection solche Kontakte ins „Milieu“ herstellen zu können. Rohm hätte mich daher wochenlang bekniet, diese Kontakte „spielen“ zu lassen. Schließlich hätte ich nachgegeben und über mehrere Zwischenstationen, die hier keine Rolle spielen, ein Kennenlernen mit einem der Bosse für den gestrigen Samstag vereinbart. Zur Tarnung wäre das Casino Melusine eingerichtet worden, um dem Profi aus Berlin zu suggerieren, er hätte es hier mit Partnern auf Augenhöhe zu tun. Morel und ich wären zwar etwas nervös gewesen, hätten jedoch angenommen, den Rahmen für ein gedeihliches Geschäft vorbereitet zu haben. Schon vom Bahnhof aus hätte Morel mich jedoch über das Mobile angerufen, um mir mitzuteilen, dass Guido Rohms Benehmen mehr als befremdlich sei. Er hüpfe ständig auf einem Bein herum, manchmal schlage er auch der Länge nach hin, auf der Wange habe er eine Schürfwunde und dauernd brülle er: „Schlag ihn in den Sack.“ Seraphe und er hätten ihn nur mit größter Mühe ins Auto bugsieren können. Mir wäre es unter diesen Umständen, wie Sie sich sicher vorstellen können, recht mulmig geworden. Dieses Gefühl hätte sich nach dem Eintreffen Rohms im Casino Melusine noch verstärkt. „Es gilt nur eine Regel“, hätte er nach dem Öffnen der Tür gebrüllt. „Guido gewinnt immer.“ und dabei auf den Boden gespuckt. So wäre es weitergegangen. Als er schließlich versucht hätte, die Hosen herunterzulassen, wäre der Zeitpunkt da gewesen, an dem Seraphe die Wahrheit hätte gestehen müssen: Dass nämlich Rohm in seiner finanziellen Beklemmung sich bereit gefunden hätte, an einem Experiment teilzunehmen. Es ginge darum, das legendäre Soma wieder zu entdecken. Ein Forscher vertrete die These, dieses entwickele sich im Urin von Rentieren, nachdem sie Fliegenpilze verspeist hätten. Rohm nun nehme – gegen entsprechendes Honorar – täglich dreimal 0,2l dieser Flüssigkeit zu sich. „Und“, hätte Seraphe gesagt, „das Ergebnis seht ihr hier.“ Es wäre nach dieser Enthüllung klar gewesen, dass eine Begegnung mit dem vietnamesischen Boss aus Berlin unbedingt zu vermeiden wäre. Diesen abzuwimmeln, wäre mir, Melusine, letztlich auch mit Charme und Großzügigkeit gelungen, jedoch hätte Morel in der Zwischenzeit den Soma-vollen Guido im Keller mit Sackhüpfen und MauMau bei Laune halten müssen. Sie werden verstehen, liebe Leserinnen und Leser, dass Morel und ich unter diesen Umständen mehr also froh gewesen wären, wenn am Ende des Tages Guido und Seraphe wieder sicher im Zug nach Fulda gesessen hätten, der Mafia-Boss aber im ICE nach Berlin, ohne zu ahnen, mit welchem Typen wir ihn beinahe bekanntgemacht hätten.

Nachtrag
Dem Kind im Übrigen geht es gut. Es will nur nicht heim, „solange der Guido so ist“. Das kann man verstehen. 

1 Kommentar:

  1. Straftaten: Verbrechen, Vergehen und Übertretungen
    Weil es Nachfragen gibt: Straftaten und Verbrechen sind im Recht nicht identisch. Straftat ist der Oberbegriff, dann wird zwischen drei Stufen unterschieden: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. Nur bei Verbrechen ist bereits die Verabredung (ohne dass es zur Durchführung kommt) strafbar.

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