Freitag, 25. März 2011

Frau K. brodelt inwendig

Frau K.s Trainingswille war in den letzten Wochen erlahmt. Das Zerschlagen der Kürbisse mit dem Spaten hatte sie schließlich ganz eingestellt. Dies bedeutete jedoch keineswegs, dass ihre Mordlust abgenommen hatte. Im Gegenteil brodelte der Hass, den die konkreten Vorbereitungen gekühlt hatten, nun wieder heiß siedend in ihren Innereien. Sie starrte durch die Wagenfenster der S-Bahn auf sein Konterfei. Wie widerwärtig er ist, der wehleidige Zug um seinen Mund, dachte sie. Es ist diese verfolgende Unschuld, die ich straffrei zu zerschlagen wünsche. Die Erinnerung an seine Stimme färbte mit einer heißen Woge der Wut ihre Wangen rot. Dieser schmalbrüstige Singsang, der sich aufputschte, um sich überschlagend vor seiner eigenen Dämlichkeit zu erschrecken und peinsam in einer trotzig vorgeschobenen Unterlippe zu verebben. Ich hasse Männer, die nicht erwachsen werden wollen. Ihre Entsorgung mache ich zu meinem Auftrag, aber nicht sauber. Die Gewalt, dachte Frau K., schwächlicher Dumpfbirnen, entlädt sich fast immer als „häusliches Familiendrama“. Das dumme Wort Dumpfbirne, ahnte sie, hatte sich in ihrem Hirn nur wegen der wenig ansprechenden Schädelform ihres möglichen Opfers gebildet. So kommt es, dass dieser Widerling auch noch meinen Wortschatz beschädigt. Doch war sie weiter als je von der Verwirklichung ihrer Wunschträume entfernt. Sie hatte das Training aufgegeben, weil es ihr immer absurder vorgekommen war, sich jeden Tag mit zwei runden Kürbissen abzuschleppen, monatelang, während der Verhasste den heraufziehenden Frühling in vollen Zügen genoss. Das mindestens nahm sie an. Einer realen Begegnung war sie aus dem Weg gegangen. Das heiße Mordgelüst, das sie wieder erfasst hatte, ließ sie befürchten, alle Vorsicht fallen zu lassen und in einem Affekt, vor dem sie sich doch hüten wollte, schlicht ihren ersten Plan umzusetzen: ein Messer in sein Fleisch zu stoßen. Statt mit einem Schnitt, die Kehle zu durchtrennen, könnte sie die Klinge auch in seinen Unterleib bohren. Und rumdrehen, dachte sie jetzt immer öfter. Und rumdrehen. Sie stellte sich vor, wie die Därme sich gleich fetten Spaghetti  um die Messerschneide winden würden, während sein Gesicht sich langsam, aber nachdrücklich verzerrte. Es könnte sein, dass er in diesem Moment zum ersten und letzten Mal gut aussähe, dachte sie. Ein kleines Lächeln legte sich bei diesem Gedanken über ihre verhärmten Züge, winzig nur, kaum wahrnehmbar, als sie aus der Bahn ausstieg.

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