Dienstag, 13. März 2012

DIE DRITTE EHE (oder: "Jedes Wort ist ein Abtasten der Körper.")



Ein Beitrag von BenHuRum


Mini-Drama (3)


Melanie                                                            EHE-DEM-TRAUM-FRAU

Vita                                                                   OFF-Frau

Melanie in einem überlangen T-Shirt mit großem Rundausschnitt liegt in einem ledernen Lehnsessel; ihr Körper ist nur halb ausgeleuchtet; der Schoß, in dem die Hand noch ruht, liegt im Schatten, die Beine sind über die Lehne gewinkelt, das Gesicht der Lampe zugewandt. Ein Flachbildschirm vor ihr flimmert, die Mattscheibe aber ist für die Zuschauer uneinsehbar. Ein Flasche Rotwein und ein Glas stehen auf dem Boden. Auf einem Beistelltischchen liegt die Fernbedienung.


Vita aus dem OFF :
Es gibt nichts, was einander ähnlicher wäre als das abendländische Ideal der Mütterlichkeit und die Affenliebe.

Melanie: Das Zucken der Tätowierung auf seinem Oberarm, wenn er sie mit festem Griff auf die Matratze wirft. So will ich angefasst sein.  Ob das für jede gilt, wollte er einmal wissen? Ich kenne nicht jede. Ich kenne nur mich und wie ich es mag.

Sie schiebt den Ausschnitt ihres T-Shirts nach unten und fasst sich an die linke Brust.

Melanie: Zuviel Milch. Er sagt, es sei zuviel Milch. Er ist ein eifersüchtiger Gott: Er duldet keine Mutter neben sich. Ich möchte mich ausquetschen und vor seine Füße werfen. Das widert ihn an, sagt er, dieser eklige Geruch nach süßer Muttermilch. Das Kind schreit. Das Kind schreit immer, wenn ich mich befingere. Er kehrt selten heim vor Mitternacht, seit das Kind schreit und ich oben tropfe und unten auch. Was er nicht wissen will. So wenig er das Blut sehen wollte, vorher, und riechen auch nicht.

Vita aus dem OFF:
Diese Frau ist paralysiert von ihrem Begehren, sie glüht wie eine Kranke, sie bebt und schwitzt, sie vergisst, sie verbrennt wie das Wüstengras.

Melanie (richtet sich auf): Das glaube ich nicht. Er ist ein guter Vater. Er wiegt das Kind in den Schlaf, wenn es schreit. Wenn er da ist, wiegt er das Kind in den Schlaf, wenn es schreit. Denn er ist ein Mensch, der über sich selbst hinaus wachsen kann. Ich dagegen bin unbeholfen. Um weiter an die Liebe zu glauben, braucht man den Teufel und die ganze Trickkiste dazu.

Sie beginnt mit der Hand über ihre Brüste zu streichen.

Vita aus dem OFF:
Die Hysterie kämpft um die Erhaltung des Sexualwesens. Sie kämpft gegen eine Verwechslung des weiblichen Wunsches mit der mütterlichen Funktion.

Melanie bewegt die Hand im Schoß.

Melanie: Ich weiß noch, wie es war, als ich eine Zeit lang von ihm getrennt lebte. Ich suchte mir Beischläfer in den Bars am linken Ufer. Junge Männer mit schmalen Hüften und  ernsthaften Gesichtern. Keiner von ihnen wusste, was eine Klitoris war. Sie kannten das Wort, aber nicht das DING. Ich ließ sie schauen.

Sie spreizt ein wenig die Beine.

Melanie: Da habe ich Angst in ihren Augen gesehen. Und jenen Hass, den nichts beschwichtigen kann.  Ich rührte mich nicht. Es waren die absonderlichsten Blicke, die mich trafen. Nur ein einziger  sagte: wie heiter, wie leuchtend, wie rosig.  Sie wollen von einer Muse geschwängert werden, statt von einer Pussy aufgesaugt. (Sie kichert.) Sei nicht so ordinär. (Sie senkt die Stimme zum Bass:) Dirty talk  macht dich an, Süße?

Sie räkelt sich auf dem Sessel. Aus dem OFF, vielleicht aus dem Fernseher, kommt Stöhnen, wie von einem Soft-Porno.

Melanie: Das ist lächerlich (Sie greift nach der Fernbedienung und schaltet ab.) Ich will befriedigt einschlafen wie ein Mann, der sich genommen hat, was er braucht. Warum sollte ich erröten?

Vita aus dem OFF:
Sie wird jetzt schamrot beim Schreiben.

Melanie: Der Mann, von dem ich träume, ist kein eunuchenhafter Boy und kein christlicher Vater. Der Mann, von dem ich träume, hat schwarz lackierte Fingernägel und trägt auf dem Oberarm die Tätowierung einer Schlange. Wenn er mich mit den Fäusten zu Boden drückt, zuckt das Tier auf seinem Bizeps. Es windet sich gleich mir, wenn er spannt.

Sie gleitet vom Sessel; die Hände zwischen ihren Beinen.

Melanie: Ich will nicht schreien und stöhnen. Das Kind schläft. Er kommt nicht vor Mitternacht. Press mir die Hand auf den Mund.

Sie presst sich die Hand auf den Mund. Das Licht geht aus.

(Text: M.B./J.S.P.)




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