Samstag, 28. April 2012

MÄNNER-FILM


Drüben bei Tainted Talents gibt´s einen Text über Frauen. Zu dem ich keinen anderen Kommentar habe, als „Jep!“. Vollkommenes Einverständnis. Was Seltenheitswert hat. Denn ich bin Differenztheorie- und praktikerin. Ich mag´s, dass die Leute anders sind (als ich). Der Rhythmus muss stimmen. Die Melodien überlagern sich, da darf es auch mal Disharmonien geben, muss es sogar (Ich verstehe gar nichts von Musik). Aber es soll sich was Einschwingen können, wünscht sie (also Mel - und ich auch). Was eben, je älter die wird, öfter mit Frauen gelingt.  Früher hat sie sich mehr an Männern gemessen, wollte sich ernst genommen wissen von tiefsinnigen Meisterdenker-Apologeten und zitierwütigen Name-Droppern. Jetzt kommen die ihr oft lächerlich vor. Verbiestert. Zickig. Albern. So werden allerdings meist immer noch Frauen beschrieben. Sie hat zuletzt mehr Männer getroffen, auf die diese Adjektive zu passen schienen. Auch andere (Männer), freilich. Kluge Männer, witzige, zweifelnde, charmante und phantasievolle. Nur arbeiten, arbeiten kann ich oft besser mit Frauen. (Nicht mit allen, allerdings.) Sie hat insgesamt weniger Geduld als früher, verlässt sich mehr auf das Bauchgefühl, lässt sich weniger einlullen von freundlichen Worten. Sie lacht ihr Unbehagen nicht mehr weg, sondern lässt es auch mal raus. Sie will nicht mehr gute Miene zu öden Spielen machen. Sie will sich spüren, statt sich zu betäuben.

Ich beobachte auch ehrlicher, wie ich reagiere. Auf Männer. Noch immer, immer wieder ist sie tendenziell eher heterosexuell. Obwohl sie den Mund von Scarlett Johansson sensationell verführerisch findet. Das war nämlich gestern im Kino. The Avengers. Ein Männer-Film. Trotz Johannson und Cobie Smulders, die zwei schöne, starke Frauen darstellen. Aber nie miteinander reden. Beim Bechdel-Test fällt der Film grandios durch. Diese beiden Frauen sind ausschließlich auf ihre Aufgaben und auf die Männer bezogen, für und mit denen sie die erledigen: Hawkeye und Fury. Interessant für die tendenziell heterosexuelle Frau (also mich) war, wie eindeutig es ist, dass der gute Captain America, obwohl der von Joss Whedon mit mehr Selbstironie und Humor ausgestattet wird als je zuvor, null Sexappeal entwickelt. Frauen wie die (also ich) stehen erst mal nicht auf  aufgeschlossene Männer. Womanizer und Zyniker haben mehr Chancen. (Allerdings nur die mit dem „guten“ Kern.) Das ist die Kehrseite des „Gentleman“ (Jedoch: Denken Sie dran, auch Mr. Darcy wirkt "düster".). Wo der sich durch Understatement auszeichnet, dreht der Filou angeberisch auf. Beide aber verdecken und verstecken ihre Gefühle und Hoffnungen. Anders als Captain Amercia, der immer ganz im Einklang mit sich selbst scheint. Männer, die sie anziehend findet, tragen oft erst mal eine Rüstung. IronMan, wie ihn Robert Downey Jr. verkörpert, ist die perfekte Metapher dafür.

Eine Freundin sagte vor einer Weile mal über ihren Ex-Mann: „Ich verachte ihn für diese Feigheit wegen der er sich immer bedeckt hält. Für diese ganze Verlogenheit, mit der er sich tarnt und so tut, als ob nichts an ihn rankommt. Ich verachte es, dass er nicht weinen kann und auf keinen Fall verletzlich wirken will.“ Mein Kopf stimmt ihr zu. Die Feigheit der Gentlemen und Filous treibt Frauen wie mich und die Freundin in die Hysterie. Weil die sich nicht öffnen und niemals entblößen, fangen wir an, rum zu schreien. Um deren Eiseskälte zu durchbrechen, schneiden wir mit Spiegelscherben in unsere Haut. Das ist wahr. Wahr ist aber auch, dass der schimmernde Glanz der Rüstung mich erregt. Dass es die Sehnsucht steigert, wenn die Leidenschaft sich hinter stählernen Blicken verbirgt. I don´t want to change a thing when there´s magic. Es gibt zwischen meinem Begehren und meiner feministischen Haltung einen Graben, ein Loch, in das ich regelmäßig falle. „Verschämte Sexualität“ nannte einer das. Da war es allerdings fiktiv. Hier auch. Alles ist fiktiv. (Ich bitte, das zu bedenken.) Die Wahrheit ist, dass ich niemals den ersten Schritt tue, obwohl ich es richtig finde, wenn Frauen das tun. Die Wahrheit ist, dass mein Lustempfinden aus Passivität entsteht. Die Wahrheit ist, dass ich überwältigt werden will. Die Wahrheit ist, dass ich an „Beziehungen“ nicht "arbeiten" und über Sex nicht verhandeln will. Die Lektüre von „Jane sexes it up“ hat mich ein wenig mit mir versöhnt.

Es tröstet mich auch, dass die Sexiness von Männern sich für mich nicht im Bild des hegemonialen Anzugträgers einstellt, der sich geschmacklich von Ikea zu Rolf Benz emporgearbeitet hat. Wenn Männer eine Rüstung brauchen, sollten sie Stil haben. Erotisch wirkt zum Beispiel der Dandy, der sich in seiner Rüstung ausdrückt und ironisiert, der seine Verstellung (über die Inszenierung von Musik, Literatur, Film und Kleidung) kultiviert. Nur André, dem Traum-Mann, gelingt es unverstellt erotisch zu sein. 

„Avengers“ ist ein Männer-Film, zweifellos. Ich habe mich (trotzdem?) 2 Stunden lang gut amüsiert. Bruce Banner/Hulk (Mark Ruffalo) ist nett und intelligent, Captain America (Chris Evans) ist korrekt, Fury (Samuel L. Jackson) ist raffiniert, Hawkeye  (Jeremy Renner) ist mutig und IronMan (Robert Downey Jr.) ist sexy. Der Gott, Thor (Chris Hemsworth), hat schöne Haare und straffe Muskeln. Es gibt was zu sehen und was zu lachen. Und Gelegenheit zu klären, auf was für Männer sie eigentlich steht, insofern und soweit sie heterosexuell ist. Es bleibt: Küssen möchte sie nur die Schwarze Witwe (Scarlett Johansson). Sie steht vielleicht doch nicht so sehr auf Super-Helden und Götter.

4 Kommentare:

  1. Ist ja auch gar nichts zu sagen gegen "männer-filme". es gibt ganz viele ganz tolle. z.b. "the usual suspects". oder die beiden filme über che guevara von steven soderberg. oderoderoder. und "the avengers" hört sich auch gut an.
    das klitzekleine problem ist halt nur, dass es so unendlich viele davon gibt. und so unendlich wenige andere. die beim "bechdel-test" nicht durchfallen würden ;)

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    1. Genau so ist es! U.a. deshalb mag ich den Film "The women" von George Cukor so gern; die Erinnerung hat auch ein wenig mitgeschwungen bei meinem Projekt "Frauensachen. Vier Frauen, Sex und der Tod.". HG Melusine

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