Freitag, 8. August 2014

FROMME IDYLLEN oder DENK-PAUSE IN DER SÄKULAREN WERKSTATT ("Mehr Meer")

Ich mag Sommerregen. Ganz klischeehaft: Dancing in the rain. Manche Regengebiete dagegen legen sich düster übers Gemüt. Ihnen auszuweichen ist Selbstfürsorge. (Auch unter jenen männlichen Menschen, die haupt- und amtlich Philosophie betreiben/betrieben, also  Lebenszeit vor allem in Denk-, Lese- und Schreibzeit wandeln, ist die Fähigkeit genau dazu historisch wenig verbreitet gewesen. Man(n) stützte sich stattdessen traditionell auf Sklaven, Dienstboten und/oder verwandte und angeheiratete Frauen. Vor allem deshalb kann/konnte man(n) sich über die Menschheit, ihre Optionen und Begrenzungen, insbesondere die Bedeutung der Abhängigkeit, eine Menge Illusionen machen und nur aus einem sehr eingeschränkten Blickwinkel "urteilen". Es fällt bisweilen schwer, denen nicht selbst fälschlich verurteilend "den Prozess" zu machen. Denn immer wieder liest sie: Vielzitierte Namen weißer Männer. Ein sich selbstbestätigendes Karussell des Denkens, das Beweglichkeit nur suggeriert. Im deutschsprachigen Raum dürfte das Missverhältnis noch ein bisschen krasser sein, nicht nur in der gelehrten und gern belehrenden "Philo-Blogo-Sphäre" mit ihren sieben bis zehn deutsch-französischen Referenz-Denkern. Gelegentlich ziehen da und wie auch dort sehr trostlose Regengebiete auf. Ausweichen. Unterstellen.) Den Regen, den eine liebt, lässt sie sich gefallen. Sonst keinen (mehr). Ich trage oft einen gelben irischen Regenmantel, der aber im Sommer schwer wird und hitzig. Dann richte ich das Gesicht gen Himmel und nehme die Tropfen auf. Meistens jedoch stelle ich mich unter und lasse ihn vorüber gehen. 

Lese- und Denkabenteuer: Was Freiheit sei, Macht, Stärke und Gewalt, Gemeinschaft, Staat. Neubegründungen/Neubegehren im Vergleich. Die Grenzen des Auslaufmodells der Vertragsrechtstheorie von Hobbes bis Rawls aufgezeigt: Bei Shklar, Nussbaum, Muraro. Gemeinsamkeiten: Freiheit ohne Autonomie, die Bedürftigkeit des Menschen als Ausgangspunkt, der Wille zum Wählen statt zum Wissen. Differenzen: Gebürtigkeit als Voraussetzung, die Veränderung der  symbolische Ordnung, Rechtfertigungs- und Anschlussstrategien bzw. der Verzicht darauf. Vielleicht sollte ich auch noch mal bei Hannah Arendt reinschauen. Das klingt wie die Ankündigung eines spontanen Besuches. Mit Absicht. Inspiration statt Analyse. Was bedeutet es, etwas zu verstehen? Antworten anzuerkennen oder Fragen weiterzuspinnen

Es hört immer wieder auf. Zu regnen. Mir fehlt das Meer mehr. In diesem Jahr. Lesen. Schreiben. Was Freiheit sei, Macht, Stärke und Gewalt, Gemeinschaft, Staat. Wäsche waschen. Blumen gießen. Fersen pflastern.

Aartal
Drei Tage in der Nordeifel und im Aartal. Eine wesentlich misslungene, dreiteilige Ausstellung zu Karl dem Großen in Aachen, der es an einem durchgängigen didaktischen Konzept fehlt. Viele Exponate erschließen sich dem Laien ausschließlich durch den Audioguide, einzelne  gute Ausstellungsideen (Reisewege, Hofstaat) sind nicht durch einen "roten Faden" miteinander verbunden. Durch Offenlandschaften wandern bis die Fersen bluten (nicht bildlich). Überall Idylle totalitär, wundersam staubfrei. Aachen wurde schon im Winter 1944 von der US-amerikanischen Armee befreit. "Wusstest du das?" Auch die Briten rückten vor an den Rhein: Brückenköpfe des Liberalismus in pseudo-idealistische und postfaschistische Szenerien. Nach 60 Jahren immer noch restaurative Verletztheit allerorten. Strukturen, Ideologien und Ideale schlagen Menschen. Meistens tot.

Karl hingegen kannte kaum Landkarten. Wie stellte er sich sein wachsendes Reich vor? Eine Kette von Nahgebieten, Reisen von Fixpunkt zu Fixpunkt, alles horizontal, keine Draufschau. Er war immer unterwegs. Aber im Glauben fest. Fried behauptet, Karls Politik sei geprägt durch seine GottesFURCHT. Der König, der Gott auf Erden vertritt, angetrieben durch die Angst vor dem Urteil des HERRN im Jenseits. Dafür müssen Tausende Sachsen sterben. Die Heere und der hehre Glaube. Besser eine Seele retten als ein Leben. 

Jäger-Heil mit Häkelblume, Rursee
Eine Aussage, die ich nicht mehr hören, nicht mehr lesen kann: "Mit der Religion hat das nichts zu tun." Die Verbrechen der Krieger des "Islamischen Staates" haben selbstverständlich nichts mit dem Islam zu tun. Die Kreuzzüge der christlichen Fürsten im Mittelalter haben nichts mit dem Christentum zu tun. Dass sich manche Gläubige den Schlächtergott von Mose, der am Sinai 3000 "Ungläubige" hinrichten lässt, zum Vorbild nehmen, das hat nichts, gar nichts mit den abrahamitischen, auf einem exklusiven, eifersüchtigen Gott bestehenden Religionen zu tun, denn "unser" Gott ist gut und "unsere" Religion(en) friedfertig. Wer das nicht glaubt, verletzt die jeweils Gläubigen. Arg. Nicht körperlich, freilich, denn er haut ihnen ja nicht den Schädel ein oder schießt mit Raketen auf sie, das nicht, aber in ihrer Seele. Und: Siehe oben - Seelen sind wichtiger als Leben: "Mord als Gottesdienst".  "Der Fundamentalist" ist der Titel einer Erzählung aus der Reihe "Auto. Logik. Lüge. Libido", die schon länger in der Pipeline steckt und die ich - aus aktuellem Anlass - zur Zeit "überschreibe".

Iris hat eine Blog- und Twitterpause angekündigt. Schade. Ich hoffe, sie kommt bald zurück. Ich werde ihre Blogbeiträge sehr vermissen. 

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