Mittwoch, 28. Oktober 2020

Verletzte Gefühle und ein toter Imam auf der Straße (Fiktion)

Stellt Euch mal vor:

Ideologisch verhetzt in meinem Unglauben ermorde ich auch offener Straße einen muslimischen Imam. Denn seit langem fühle ich mich durch die bösartigen Predigten in Moscheen gegen Ungläubige wie mich beleidigt und zutiefst in meinem Unglauben verletzt. Ein Foto des bestialisch von mir zugerichteten Opfers poste ich in den Sozialen Medien. Während die Muslime um den von mir ermordeten Imam trauern, nehmen dagegen überall in der Welt Ungläubige meine Tat zum Anlass, um sich über die Beleidigungen, denen sie seit Jahr und Tag ausgesetzt sind, zu beklagen. "Es ist doch wahr", sagen sie, "gegen uns Ungläubige wird unablässig in den Moscheen gehetzt, dieser rigorose und intolerante Eingottglaube führt dazu, dass unsere Integrität und Zugehörigkeit mal um mal in Frage gestellt wird, wir gesellschaftlich marginalisiert sind, wir im öffentlichen Raum unterpräsentiert bleiben und angefeindet werden. Kein Wunder, dass manche von uns sich radikalisieren." "Selbstverständlich", sagen sie, "distanzieren wir uns von der Gewalt und dem Mord. Aber dennoch beharren wir darauf, dass die Gläubigen in Zukunft auf diese Provokationen verzichten müssen, denn es kann nicht angehen, dass weiterhin Millionen von Menschen jeden Freitag in Moscheen beleidigt werden." Der ermordete Imam ist meinen Gesinnungsfreunden und - freundinnen schließlich schon bald keine weitere Zeile wert. "Das war nicht schön, was die getan hat", sagen die Gemäßigten unter den Ungläubigen, "aber wahr bleibt doch, das wir Ungläubigen uns wehren müssen, wenn unsere tiefsten Überzeugungen, unsere historisch gut begründete Liebe zur Gottesverleugnung und Blasphemie immer und immer wieder öffentlich angegriffen und verächtlich gemacht werden." 


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Ja, stellt euch das mal vor. 

Und die Frage: Müssen die Ungläubigen sich radikalisieren?


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Dass Ungläubige nicht fiktiv, sondern tatsächlich marginalisiert und stigmatisiert werden, zeigt sich u.a. daran, dass mir spontan keine einzige Staatschefin, kein einziger Staatschef im "säkularen Westen" eingefallen ist, die/der sich offen zu ihrem Unglauben bekennt.

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