Sie ist keine Hellseherin. "Madame, soll ich Ihnen aus der Hand lesen?" Sie wehrt durch heftiges Kopfschütteln ab, streckt sogar die Handflächen ablehnend aus, wendet den Blick demonstrativ dem Schaufenster zu. Sie will von keiner Zukunft wissen. Es kriecht mit der kalten Feuchte eine Angst durch ihre Zehen und Füße die Beine hinauf in den Schoß, wo sie sich sammelt und zusammenzieht zu einem harten, kühlen Klumpen. Doch dort bin ich stark. Du wirst meinen Schädel nicht erreichen. Ich verschließe meinen Muttermund. Der Geist sitzt nicht im Gehirn. Oder die Seele ("Dass ich nicht lache.") Meine Lippen sind so trocken. Eine Zunge muss sie befeuchten. Etwas zerbricht an meiner Lustlosigkeit. Was ich weiß, muss ich auch fühlen. "Sagtest du schon." Es hält sie auf. Nichts. "Sie sollten Ihre Bewegungen nicht einschränken." Ich muss immer arbeiten, sonst kann ich mich nicht spüren. "Seit wann ist das so?" Den Zeitpunkt können wir nicht genau eingrenzen (Achtung: Pluralis majestatis. Das hat was zu bedeuten!). Wir fühlen uns ausgeliefert. Wir sind stolz, wenn man uns braucht. Wir wollen uns nicht überflüssig machen. Selbst. Ach. Lass mich schlafen. Schenke mir eine Senke. Verlier mein Herz. (Es bleibt doch irritierend, wie empört gewisse Leute, die sich nicht binden wollen, die Herzlosigkeit der anderen anprangern.) Er klagt zwischen den Zeilen, dass keine ihn liebe. Du heuchelst ein Mitleiden, wie stets. Du verachtest in Wahrheit die Ungeliebten. (Man kann sich die Liebe nicht verdienen. Sagst du.) Die unverzeihliche Sünde der Vielgeliebten. Du wirst zu büßen haben. In einer anderen Welt. Das Dämmerlicht wird dir noch ausgeschaltet! Weg mit dem Dimmer! Du wirst schon sehen. Wie diese Helligkeit dich blendet. Sei gnädig! Ha, du bist keine Hell-Seherin.
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