Sonntag, 16. Dezember 2012

Mein Kino-Jahr 2012: MÄNNER-BILDNIS

In diesem Jahr waren wir recht selten im Kino. Ich bemerke das erst im Rückblick. Wir sahen zu viele Filme auf DVD daheim. (Kein Kino!) Kaum ein Neustart dieses Jahr beeindruckte mich ähnlich nachhaltig wie die Serie "The Wire" aus dem ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends, die wir uns aber erst in diesem Jahr anschauten.

Im März sahen wir "Barbara" von Christian Petzold mit Nina Hoss und Ronald Zehrfeld: "Der Mann, der alles richtig macht"; eine zarte und glaubwürdige Liebesgeschichte aus der untergegangenen DDR.

Den schönsten Film des Jahres, den ich im Kino sah, drehte Wes Anderson mit "Moonrise Kingdom": "Ein Hoch auf die Kunst der Verdrängung".

"Die Wand", nach dem großartigen Roman von Marlen Haushofer ("So müsste es eine alte Frau sein..."), mit Martina Gedeck konnte mich nicht ganz überzeugen.

Zwei Serien-Blockbuster enttäuschten aus ähnlichen Gründen: "The Dark Knight Rises"  und "Skyfall". In beiden Fällen versagten die Drehbuchautor_innen. Die Story in "The Dark Knight rises" ist unglaubwürdig und oft unkonzentriert erzählt, vor allem die Vor-Geschichte der Antagonistin kann nicht überzeugen. Letztlich vertritt der Film eine antidemokratische und reaktionäre Position, die mich anwiderte. Bei "Skyfall" ist es nicht viel anders. Der Film zeigt einen enterotisierten Bond, dem eine düster-melancholische Kindheit angedichtet wird, für die der Film kitschige graubraune Landschaftsbilder vom schottischen Hochmoor bereitstellt, wie man sie schon oft gesehen hat, wenn triste Herkunftsverhältnisse angezeigt werden sollen. Auch diese Story wirkt zuletzt völlig unglaubwürdig. Warum lockt Bond den Bösewicht bewusst hinter sich her ins Hochmoor und erwartet ihn dann dort nicht mit einer Armeeeinheit, sondern versucht ihn als einsamer Held aufzuhalten, wofür zum Schluss mal wieder die Frau, nämlich M., büßen müssen? Das wäre sogar psychologisch nur dann nachvollziehbar, wenn Bond eindeutig als schwer psychisch krank und nicht bloß als ein Trauerkloß markiert wäre. Und warum sollte eine rational denkende Frau wie M. ihm auf diesem Kurs folgen? Egal, ich war schon vorher fast eingeschlafen. Eine Kritik am "neue Bond" aus der Perspektive der Geschlechterdifferenz hat Antje Schrupp geschrieben: hier. Mehr Freude als diese beiden alternden Herren machte mir zwei andere "Männerfilme", die beim Bechdel-Test, mit Pauken und Trompeten durchfallen würden: "The Avengers" und "Tinker, Tailor, Soldier, Spy".

Zwei Filme möchte ich in diesem Jahr unbedingt noch sehen: "Liebe" von Michael Haneke und "Beasts of the Southern Wild" von Benh Zeitlin.

Die Liste der Filme, die ich 2012 im Kino sah, kann - anders als meine Lektüre-Liste -  nicht als Selbst-Bildnis gelten. Zu zufällig ist es, ob ich Zeit und Begleitung finde, um einen bestimmten Film im Kino zu sehen. Wenn ich jedoch die Beiträge zu Filmen des Jahres auf "Gleisbauarbeiten" anschaue und Antje Schrupps Reflexionen über den neuen Bond mit einbeziehe, dann ergibt die Rückschau insgesamt zwar kein Selbstbildnis, jedoch ein "Männer-Bild", mein "Männer-Bild 2012": Ideal und Anti-Typ.



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