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Mittwoch, 18. September 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Versuch über den ungehobelten Patron



Ein Beitrag von BenHuRum



Patronage - metallic, nicht gehobelt

von Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg

Wo gehobelt wird, fallen Späne, sagt der Schreiner. Das ist ein wahrer Satz. Aber jede Wahrheit gerät durch Dynamik ins Schlittern. So wie sich der ungehobelte Schnellästhetiker in Rot auch in der Collage des BenHuRum dem Zugriff der Werk - Zeuge entziehen will. Doch nahet von rechts (!) schon der Referee. Es ist entschieden: Gerade das Schicksal des Schnelllebigen kann der Vergänglichkeit nicht entgehen. Jede Bildbeschreibung bleibt indes notwendig unpräzise. Wieso beispielsweise schlittert die Dame ohne Oberleib mit dem fleischfarbenen Schuh dazwischen? Es gilt auch hier: Die kritische Besorgnis ist überhaupt nicht bei der Sache, von der sie ständig spricht. Denn die Kufen, auf denen beim BenHuRum geschlittert wird, selbstverständlich, entstammen jener ehrodynamischen post-postmodernen Metallästhetik, die sich am Holz nicht mehr vergeht. Mit dem Hobel ist dem triebhaften Treiben daher nicht beizukommen, nicht mal auf krummsten Wegen. Es erfüllt sich in dieser Zerschlitterung der Welt kein zerrissenstes Absolutes, da bleibt kein Bein, geschreddert, zu flicken, kein zertrümmertes Ärmchen zu schienen. Hier und jetzt ist keine Mühe vonnöten, stattdessen wird die leere Erscheinung der Geschwindigkeit scheinbar billig ver-Herr-licht. Doch der Herr, wie wir wissen, ist auch schon weg. So schlittert alles dahin, nur noch ein händischer Versuch bleibt, zum Innehalten: Käfig auf Kopf. Sing, Vögelchen, sing!

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze.


***
Wir bitten unsere Leser_innen um Nachsicht, dass diese Ausgabe der BenHuRumschen Serie anders als sonst in dieser Woche erst am Mittwoch, statt wie gewohnt am Dienstag erscheint.

Dienstag, 10. September 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: OMEN EST NOMEN oder Das Geschwätz durchpaddeln


Ein Beitrag von BenHuRum 


Ding und Spülung. Reinliche Vorgänge

Ein Beitrag von Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg


Der Mensch ist kein Ding, es sei denn er wird ein junges Mädchen geheißen und das Menschsein an ihm von älteren Herrschaften vorgeblich vermisst, seine Dinghaftigkeit indes aufs Äußerte wahrgenommen und aus der Distanz (Wir bleiben an dieser Stelle optimistisch.) genossen. Denn nur wo dem Herrn ein Ding begegnet, vermag er sich seiner selbst als Un-Ding zu vergewissern. Das Ding aber, also das Mädchen, soll sich vom herrlichen Denken in seiner Bestimmtheit gewisslich eine Scheibe abschneiden und aus seiner leblosen Bloßheit heraus sich zu dem hin bewegen, der sich seiner Dinghaftigkeit in der Sprache und außerhalb von ihr mit solcher Hingabe und Gewalt annimmt. Dann traut sich am Ende gar das Ding, also das Mädchen, das keines mehr ist und vielleicht niemals eines war, sich als Gleichursprüngliches einzusetzen und mutig seinerseits das Geschwätz vom Sein zu durchpaddeln. Das fällt den Denkenden, sofern er ein Herr ist, als ein Befremdendes an und bringt ihn zum Erstaunen, freilich, wenn das Ding, also das Mädchen, das allerDings eine Frau ist, sich durch das Wörtermeer bewegt mit ihrem Pizzapaddelboot. Die Collage des BenHuRum verweigert solcherart sich dem Zugriff auf das Ding, wie ihn der Herr sich gedacht hat, fällt aber auch nicht knechtisch über es her. Stattdessen setzt der Künstler das Ding, das eine, aber eben nicht die Frau ist, mittig unter das herrliche Geschwätz und verhindert auf diese Weise die Wirksamkeit aller kernigen Behauptungen. Das Ding durchqueert die Ur-teile wie eine plätschernde See und lässt es mit seinem Gepaddel nicht zu, dass sich die hergestellte Sprache eine Form gibt und zum Text wird. Auch hier wiederum begegnet uns in der Schau des BenHuRumschen Schaffens eine die Granitblöcke der ästhetischen Bildung mit sanfter Bejahung wegschwappende Kraft, deren verheerende Wirkung die VerHerrlichung des Sich-Ins-Werk-setzens gleich einer Toilettenladung hinwegspült.




Dienstag, 3. September 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Kein reines Leid


Ein Beitrag von BenHuRum

Nachdem ich dem frisch vermählten Paar Dora Imgrunde und Martina Holzschlag (Herzlichen Glückwunsch, noch einmal, ihr beiden!) dieses Werk des BenHuRum zum Kommentieren zusandte, schrieb mir Dora (Wir sind jetzt beim Vornamen!), noch aus den Flitterwochen: 

"Liebe Melusine,

als ich dies Bild sah, erinnerte ich mich an einen Kommentar, den du vor Jahren um die Osterzeit im Blog von Alban Nikolai Herbst schriebst. Erinnerst du dich? Ich kann den Kommentar im Netz nicht finden, doch schriebst du ungefähr, dass Maria, die Mutter, den Blick nicht senkte, als ihr Sohn am Kreuz starb, dass sie allein, anders als die Jünger, die ihm bis hierher gefolgt waren, ihn anschaute, es sich zumutete seinen Schmerz zu sehen, statt ihn sich zu verbergen. Darin eben sei sie die Mutter, dass sie sich nicht abwende vom Leid. Erinnere ich mich richtig? Schriebst du so?

Die drei Frauen hier wenden dem Kreuzesmann den Rücken zu, lächelnd und lachend, die Gesichter verschattet mit großen Sonnenbrillen, das Haar unter weichen Tüchern verborgen. Touristinnen auf Golgatha. Die Sensation genießend? Oder ignorierend?

Sich dem unerträglichen Leid des Menschen stellen, das hat nicht nur Nietzsche, aber er prominent und brillant als eine Sklavenmoral gebrandmarkt. Maria dient. Dem Sohn. Dem Vater. Der Kirche. Den Frauen, die allein an ihr und mit ihr sich immer wieder versöhnen mit dem Patriarchat. Die hier aber wenden sich ab. Freude schöner Götterfunken. Göttinen müsste es heißen, freilich. ´Lass ihn sterben. So rot sein Blut.´

Wirst du dich wieder herumdrehen? Muttertier in der Frau? Oder lachend weitergehen? Oder ist es ganz anders? Die Gier und die Gleichgültigkeit sind dem Begehren fremd. Und umgekehrt.

Wir werden es diesmal nicht schaffen, einen Kommentar zu verfassen. Zu schön ist unser Leben, als das wir uns der Negativen Dialektik zuwenden oder auf Holzwege begeben könnten. Das Sein hat Zeit. Erleben wir. Wir können mit nichts solidarisch sein als miteinander, wir Menschen. 

Mir ist sehr kitschig zumute, grade, wie du feststellen kannst.

Auf bald und ´kritischere Tage´

Deine 

Dora"

Unten drunter hatte noch Martina unterschrieben: "Auch von mir frauliche Grüße aus ***"

Sie bemerken sicher, liebe Leserin, lieber Leser, diesen beinahe unvorstellbaren, diesen wunderlichen Wechsel von Ton und Stil bei Dora Imgrunde. Wird der Geist der Liebe standhalten, wird die Kritik sich dem Guten entgegenstemmen, das doch nicht Gegenstand ihrer Untersuchungen sein kann? Oder werden wir in Zukunft nur noch solches Gesülze lesen? (Verzeihen Sie mir das harsche Wort. Ich freue mich über die wieder und neu gewonnene Freundschaft zu beiden Frauen, doch sorge ich mich um die Qualität dieser Serie, sollte dieser Ton beibehalten werden: zu verständlich, zu freundlich, zu menschelnd, zu (be-)dürftig. Wir werden nächste Woche sehen, wie Martina die Ehe bekommt.)

Was Doras Fragen angeht - Es ist wichtig, das Frausein und die Mutterschaft nicht miteinander zu verwechseln. Maria muss schauen. Die anderen können die Sonnenbrillen ins Gesicht schieben und weitergehen. Selbstverständlich. Ich werde mich zusammenkauern unter dem Blutenden. Und summen: "Freude schöner Götterfunken." Das ist meine Antwort. Versteh sie, wer will.

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze.

Dienstag, 27. August 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Lache mit Liebfalten


Ein Beitrag von BenHuRum

Unsere Leser_innen wissen es: Prof. Martina Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde bereiten ihre Hochzeit vor. Deshalb war es ihnen in dieser Woche nicht möglich, rechtzeitig einen Kommentar zu BenHuRums heutigem Beitrag "Lache mit Liebfalten" bereitzustellen. Dafür haben wir - und wie wir hoffen eine große Mehrheit unter unserer Leserschaft - großes Verständnis. Ahnen wir doch, dass unter unseren Leserinnen und Lesern diejenigen, die Emotionen nicht als Herzstück und bewegende Kraft des sozialen Lebens gelten lassen, in einer verschwindenden Minderheit sind. 

Wir aber setzen uns auch für diese marginalisierte Minderheit ein, sogar dann, wenn ihre Vertreter in ihrer psychologisch erklärlichen Wut und Angst uns mit beschämend aggressiven Kommentaren und Mails überziehen, wie es in der vergangenen Woche wieder geschah. Sie werden zweifellos schon ahnen, was der Auslöser dieses Shitstorms war, dem sich unsere Site und unsere Beiträgerinnen ausgesetzt sahen: Der Link, den wir zu dem Artikel "Wider die großen Worte" von Karl Popper in den Beitrag "Blutige Sticheleien" einfügten, rief die uns schon sattsam bekannten Reaktionen der Links-Reaktionäre, Adorniten und Hegelianer hervor. (Wir erlauben uns - Sie würden es vergeben, wenn sie die Zuschriften, die wir erhielten, im Wortlaut nachlesen könnten - diese kleine Polemik.)

Im Auge des Sturms führten wir am Wochenende über Skype ein Telefonat mit Prof. Dr. Martina Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde und erhielten die Erlaubnis (Herzlichen Dank an beide Damen!) Auszüge aus diesem Gespräch - anstelle eines Kommentars - zu veröffentlichen.


***

D.I.: "Der Hass, der uns entgegenschlägt, so verhetzt er sein mag, lässt sich doch ohne Verrenkung aus den widerspruchsvollen Verhältnissen erklären, die unsere Kritiker nicht etwa zu schlichten, sondern in ihrer Unterwerfung unter das, was ihnen als Geist gilt, auf die Spitze zu treiben trachten."

M.H.: "Wir sollten dabei, meine Lieben, auch niemals vergessen, dass wir beide - Dora und ich - unsere ganze Existenz dieser rhetorischen und stilistischen Spekulation verdanken. Wir sind nur Erscheinungen dieses Verweisungsbezugs, gleichsam die Blase, die sich durch seine Aufblähung bildet, das vulgäre Phänomen als das sich die spekulative Theorie in Raum und Zeit zeigt."

D.I: (lachend): "So habe ich das noch niemals gesehen. Doch freilich hast du Recht, liebe Martina. Nur so möchte ich uns verstanden wissen. Niemals als bloße Mimikry an den Bann der Werke, sondern über jene Schwelle der Sympathie tretend, deren Überschreitung allein den Bann schwinden lässt."

M.H.: "Wir können davon getrost in der Vergangenheitsform sprechen. Längst schon gehen wir - eine jede auf ihre Weise - mit dieser besorgten Welt der Schrift händisch um. Das bloße Vorhandensein des Unbrauchbaren, das in Gestalt der Texte vor uns liegt, lässt uns nicht länger verzweifeln, sondern frohlocken."

J.S.P.: "Es stimmt mich, verzeihen Sie mir den Einwand einer Laien-Mitdenkerin, die es mit keiner von Ihnen beiden an Belesenheit und Vertiefung in der spekulative Philosophie aufnehmen kann, traurig, wie sehr wir unsere Zeit trotz alledem an eine phallozentrische Tradition verschwenden, der wir zwar nicht mehr auf die Schultern klopfen, die wir aber auch nicht abzuschütteln vermögen. Überall tritt sie wieder hervor, durch unser Unvermögen, etwas anderes hindurch zu schmuggeln."

D.I.: "Das Bild vom Schmuggel gefällt mir. Wir können die Geschichte der Vernunft, die jene schrieben, denen wir keine Autorität zubilligen - wir wissen ja, was das für Männer waren! - , nicht ungeschrieben machen. Aber wir können in sie hinein eine andere Bewegung lesen."

M.H.: "Dein berühmtes Erdbeben, Dora. Die Notwendigkeit des falschen Bewusstseins. Das Graziöse und seine Nachbarschaft zum Kitsch. Die Apologie der Verfallsgeschichten."

D.I.: "Hast du einen anderen Vorschlag? Die Entschlossenheit läuft dem Verstand voraus? War es das, was du meintest, Martina?"

M.H.: "Das ließe ich gelten. Wir müssen von der Sorge ausgehen. Und von uns."

Die beiden sahen sich tief in die Augen. 

D.I.: "Wir lachen mit Liebfalten."

M.H.: "Über Penisse und alles."

D.I.: "Zum Beispiel."

M.H. "Unser Lachen ist kein Auslachen. Es ist aufnehmend. Annehmend. Warm."

D.I.:  "Nicht mädchenhaft. Weiblich. Tief. Mit Falten um die Augen."

Vor Lachen mussten wir drei das Gespräch an dieser Stelle unterbrechen. 

Doch im Grunde war alles gesagt: Lache mit Liebfalten.


Dienstag, 20. August 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Blutige Sticheleien

Ein Beitrag von BenHuRum

Herausgeberische Notiz: Dr. Dora Imgrunde und Prof. Dr. Martina Holzschlag sind mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, wie regelmäßige Leser_innen der "Gleisbauarbeiten" wissen. Insbesondere Holzschlag ist bemüht, ihr neues monumentales Werk zur innigsten Verbindung von Ästhetik, Melancholie und Pornographie   (Arbeitstitel: "Die Schönheit der Sache und ihre bleichen Töchter") zum Abschluss zu bringen. Daher hat sich Dr. Imgrunde bereit erklärt, einzuspringen und die heutige Ausgabe der Kyrenaischen Antipoden mit einem, wenngleich notgedrungen kurzen, Kommentare zu versehen.

Blutige Sticheleien
Carmen ist anders nicht zu begreifen als in ihrem Verhältnisse zu Don José. Und dieses reproduziert als geschlechtliches die Totalität der Gesellschaft. Die gesellschaftliche Totalität indes führt kein Eigenleben oberhalb des von ihr Zusammengefassten, aus dem sie selbst besteht. Die Hitze des Weibes, das sich bloß dieses Mal Carmen nennt, und die Gier des Mannes, der Don José zu sein vorgibt, produzieren und reproduzieren sich durch ihre einzelnen Momente hindurch. So wenig jenes Ganze der Liebe, die nur als eine Totalitäre besteht, vom Leben zum Tode, von der Kooperation und den Antagonismen dieser einen Carmen und dieses einen Don José  abzusondern ist, so wenig kann irgendein Element auch bloß in seinem Funktionieren verstanden werden ohne Einsicht in das Ganze, das an der Bewegung des Einzelnen selbst sein Wesen hat. System und Einheit sind reziprok und nur in der Reziprozität zu verstehen. Freiheit unter diesen Bedingungen kann einzig in ihrer Negativität gefasst werden: als Kardinalfehler in der konkreten Gestalt von Unfreiheit. Das Denken ist es, das vorweg jenen Messerstich führt, den die Carmen zufügt und an dem sie verblutet. Dieser Widerspruch zwischen dem Denken und der Freiheit bildet den Tod. Die Identifikation beider, die Philosophie, ist daher zum Tode zu verurteilen. Nur als Verurteilte vermag sie in den Gefängnissen des Todestraktes zu überleben, eins ums andere Mal begnadigt und wieder verurteilt durch die Kunst der Gesellschaft, die ist.
(Dr. Imgrunde verwies im Zusammenhang ihres heutigen Beitrags augenzwinkernd auf diesen Link: "Wider die großen Worte". Für diesen Hinweis danken wir ihr im Namen unserer Leserinnen und Leser)


Dienstag, 13. August 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: So natürlich wie Kunstblut

Ein Beitrag von BenHuRum

Vorbemerkung der Herausgeberin:
Zu diesem vorhochzeitlichen Termin gaben wir Prof. Dr. Martina Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde (die sich - wir berichteten - in Bälde vermählen werden) die Gelegenheit, eine Arbeit des BenHuRums frei auszuwählen, um sie gemeinsam zu kommentieren. (An dieser Stelle scheint es uns aus gegebenem Anlass angebracht, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Bildunterschriften der beiden Beiträgerinnen zu den Serien  BLITZGESCHEITE USENWUNDER und KYRENAISCHE ANTIPODEN keine Interpretationen, sondern Kommentare sind. Wer mit dieser Unterscheidung nichts anfangen kann, sollte sich eventuell auch die Bildbetrachtung beschränken, da die kunsttheoretische Bandbreite der beiden versierten Ästhetikerinnen auf ihrem philosophiegeschichtlichen Höhenflug ganz offenbar dessen Horizont übersteigt. Das sollte keinen und keine davon abhalten, sich ganz ungeführt auf die Bildfindungen des Ben HuRums einzulassen. Längst nicht ist ausgemacht, ob die Theorie von der Sache, der Sache ein Mehr beizugeben vermag, dessen viele oder auch nur einige bedürfen. Jedoch: Wir halten stoisch an unserer Vorliebe für das Un-Brauchbare fest.


GEWAGT IST HALB GERONNEN

Ein gemeinsamer Beitrag von Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg und Dr. Dora Imgrunde aus Amorbach

"Der Seinskult des Blutes, das dem Manne nicht fließt, sondern vergossen werden muss, lebt von uralten Ängsten her, die dem ungebärdigen Nichtgebärer das "Sein" als einen dunklen Schoß erscheinen ließen und seit jeher sich also mit jener allergischen Reaktion verbinden, die auf alles Faktische mit Ausschlag reagiert. Gegen diese Verpustelung des Denkens, die ihre Eiterblasen über dem Abendlande hat platzen lassen in mehr als einer Katastrophe, vermag allein die Natur der Unnatur eine Therapie zu sein, die dem sich wagenden Wagnis gleich einer Salbe sich aufträgt. Als die Gewagten sind die Nichtgeschützten in ihrer Peniskultur solange nicht preisgegeben, solange sich ein schützender Busen über ihnen erhebt, der nährend ihre Erinnerung an die Gebürtigkeit hebt. Das Becken, das der Waage gleicht, wiegt das blutig geborene Kind, das nie gebären wird, dennoch in den verzückenden Schlaf. Es braucht das Sein des Mannes nicht, doch er erlernt, wenn er sich tauglich macht, das versammelnde Loslassen. Vom Boden her wird er der Schwerkraft gewahr und: Das Wagnis ist die Schwerkraft. Von hier kommt alle Mitte, die sich nicht länger unterdrückt gleich einer Familienschande. Jeder Versuch, das ´Ist´, und wäre es in der blassesten Allgemeinheit, überhaupt nur zudenken, führt auf Seiendes hier und dort auf Begriffe. Und also muss der Denkende in seiner unnatürlichen Nichtgebärfähigkeit sich durch die Arbeit des Denkens hindurch des Denkens begeben." 

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze!

Dienstag, 6. August 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Plädoyer für die Liebe (mit beschränkter Haftung)


Ein Beitrag von BenHuRum


Statt ästhetischer Wahrheit: Stilles Beiwerk der Bastelei

Dermaleinst, wenn viel Gras über das Garagendach und Wasser den Main hinuntergeflossen sein wird, wenn unsereiner das Zeitliche gesegnet und unsere Asche verstreut sein wird, so wagen wir ganz unweiblich unbescheiden vorauszusagen, werden die Serien BLITZGESCHEITE BUSENWUNDER und KYRENAISCHE ANTIPODEN, die allererst in diesem peripheren Blog veröffentlicht wurden, von ganzen Heerscharen beflissener Philologie-, Philosophie- und Kunststudent_innen analysiert und in Doktorarbeiten verwurstet werden (Wir erlauben uns an dieser Stelle den Verweis auf die frühe Arbeit von BenHuRum: "Als du noch in Abrahams Wurstkessel warst"). Denn: Wenn wir auch unerschütterlich die Auffassung vertreten, dass das Bild als Schöpfung des zerlegenden Wortes nicht bedarf (und mithin die Ästhetik als eine Philosophie der Kunst nachrangig und im Grunde, machen wir uns an dieser Stelle mal ehrlich, letztlich gänzlich entbehrlich ist), so wird doch die verbeamtete oder nach Verbeamtung strebende Denkerschaft sich nie nicht entgehen lassen, die sonderbar gedachte Liebesgeschichte, die sich hier halböffentlich anbahnte, zu verfolgen, ihr also "nachzustellen". Denn, selbstverständlich gilt: Die Philosophie, als sie in die Universität eintrat, begab sich der Liebe zum Denken und wurde zur Stalkerin. (Wir erlauben uns an dieser Stelle erneut den Verweis auf das von uns schon früher zum Einsatz gebrachte Zitat Pierre Bourdieus zur Sprache des deutschen Holz-Philosophen: Parodiere Event).

In den vergangenen Wochen, aufmerksame Abonnent_innen der Gleisbauarbeiten haben es bemerkt, spitzte sich das von jeher angespannte Verhältnis zu Prof. Dr. Holzschlag, unserer Beiträgerin zur Serie Kyrenaische Antipoden, zu bis hin zu einer Situation, in der sich Holzschlag nicht entblödete, uns die weitere Mitarbeit unter Vorbringung haltloser Vorwürfe aufzukündigen (Wir erlauben uns an dieser Stelle den Verweis auf den Beitrag: Nippes und Realitätsverlust.) Wir entschuldigen uns bei unseren Leser_innen dafür, dass wir in unserer Darstellung des Zerwürfnisses kryptisch bleiben mussten. Wie schon zu Beginn der Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Martina Holzschlag, die ohne jede Frage einer der profiliertesten, kenntnisreichsten und orginellsten Köpfe auf dem Gebiete der postpostmodernistischen Ästhetik ist, lagen die Probleme im Zwischenmenschlichen, um nicht zu sagen im Zwischenerotischen, in jener Beziehung also, die Holzschlag vordergründig so heftig leugnete und diffamierte, wie sie sie hintergründig herbeisehnte. 

Regelmäßige Leser_innen werden nun ahnen, um was beziehungsweise um wen es geht. So ist es und es gibt ein Happy End: Gestern erreichte uns eine Einladungskarte zur Hochzeit von Prof. Dr. Martina Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde. Wir sind entzückt und wollen Ihnen den wunderbar das Denken und Empfinden beider Damen vereint zum Ausdruck bringenden Text auf der Vorderseite der Karte nicht vorenthalten, liebe Leser, liebe Leserinnen, der zugleich - künftige Doktorandinnen, aufgepasst! - ein Statement zur Weiterentwicklung der Ästhetik im 21. Jahrhundert ist.

"Wer in der Liebe ist, bedarf nicht länger des Wahrheitsgehalts einer die reflektierende Immanenz der Werke reflektierenden Philosophie. Sie wird ihm vielmehr stilles Beiwerk all der Bastelei, die nun endlich, endlich ohne Rechtfertigung des Vollbrachten auskommt. Im Sich-zusammen-nehmen beider Teile eines nie gewesenen Ganzen entsteht keinerlei absolutes Wissen, nur Aufnahmebereitschaft. Doch wir, die zueinander fanden, als es nicht möglich erschien, wollen uns durch das Wissen von nichts mehr abhalten lassen. Tanzen Sie mit uns in ein seiendes Leben, dem die Welt kein Gegenstand ist, sondern ein Wunder: Einzig das Lied überm Land heiligt und feiert."

Nun ja, diese Zeilen entbehren, wie kritische Geister mit Recht einwenden werden, weder einer gewissen Komik, noch eines gewissen Kitschgehaltes. Doch nur dem Toren ist die Liebe lächerlich. 

Sie verzeihen uns sicher, liebe Leser_innen, dass wir Ort und Zeit des Festes auf Wunsch der Gastgeberinnen hin geheimhalten.

Freuen Sie sich mit uns auf weitere spannende und facettenreiche Beiträge von Prof. Dr. Holzschlag und Dr. Dora Imgrunde.

Und sowieso: Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze!

Dienstag, 30. Juli 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Marzipan gewinnt EM



Ein Beitrag von BenHuRum

BenHuRum zeigt: Deutsche Barbie gewinnt Pokal. "Marzipan gewinnt immer und Natze hält zwei Elfmeter.", sagt das postpatriarchale Bewusstsein in Gestalt deutschspanischer männlicher Kinder. (Woran sich wieder einmal zeigt: "In der Natur des Bewusstseins sind das Wissen und der Gegenstand entzweit und können doch nie auseinander.") Da Prof. Dr. Holzschlag aus Aftersteg sich weiterhin als eine beleidigte Leberwurst inzensiert (siehe: Nippes und Realistätsverlust) sind wir gezwungen, den kunstinterpretatorischen Sachverstand der Jugend einzuholen: "Anja Mittag schießt am Mittag achtzig Tore."  "Und warum sind ihre Schuhe lila?" Keine Antwort. "Ey, nee, das ist doch ganz leicht: Weil sie ´n Barbie ist." "Aber Barbies tragen rosa Schuhe." "Ey, nee, trotzdem lila." "Das versteh ich nicht." "Weil Anja Mittags Lieblingsfarbe lila ist." (Es ist in diesem Falle wohl wie bei Hegel: "Dass Hegel dies alles unterscheidet, aber die Unterschiede doch in eine allgemeines Unterscheiden nivelliert und sie dadurch nicht in ihr Eigenes aufkommen lässt, hat seinen verborgenen Grund im Wesen der Metaphysik." Die Jugend ist katholisch.)  

"Im Hintergrund sehen Sie den Frankfurter Dom. Dort ist der Pokal heruntergefallen." "Ach so." "Marzipan hält noch einen Elfmeter." "Das mit der Kunst ist mir zu schwierig. Ich kann des net.", spricht das spanische Frankfurterlein. "Na dann." "Wer ist Marzipan?" "Die geht in meine Klasse." "Und gewinnt die EM?" "Na ja." "Ach so." Das Kunstgespräch verplätschert. Man will ins Kino. Man hat nichts übrig für Distinktion als Negation der Negation. Vamos!

Prof. Dr. Holzschlag, übernehmen Sie! Bitte!

Und Sie, Leserin: Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze!

(Den Imperativ gönnen wir uns, weiterhin!)

Dienstag, 25. Juni 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Nippes (und Realitätsverlust)


Ein Beitrag von BenHuRum


Realitätsverlust

In der vergangenen Woche, liebe Leser_innen, vermissten Sie an dieser Stelle einen Beitrag von BenHuRum aus der Serie "Kyrenaische Antipoden" mitsamt einer Einführung in die Werkgruppe durch Frau Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg. Regelmäßige Abonnent_innen von Gleisbauarbeiten werden sich erinnern, dass bereits zu Beginn dieser Serie einige Schwierigkeiten zu überwinden waren, um Professor Holzschlag tatsächlich als Beiträgerin zu gewinnen (Vgl. "Holzschlag und Afterpropheten"). Wir machen uns nicht anheischig, Professor Holzschlags Intimleben an dieser Stelle öffentlich zu machen, wiewohl wir uns für eine veränderte Sicht auf das Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit einsetzen, gerade auch mit Blick auf den akademischen Bereich und seine fatale und fatalistische Schein-Objektivität.  

Während damals Unstimmigkeiten zwischen unserer Beiträgerin Dr. Dora Imgrunde ("Blitzgescheite Busenwunder") für Verzug sorgten, ist es diesmal ein Missverständnis, dessen tiefere, um nicht zu sagen: dessen UR-Gründe uns noch immer verborgen sind. Als wir Professor Holzschlag den obenstehenden Beitrag BenHuRums vorlegten, antwortete sie uns umgehend mit einer in einem überaus beleidigenden Tone gehaltenen Mail, deren Inhalt wir Ihnen, werte Leser_innen nur in Auszügen zur Kenntnis bringen können, da nicht wir allein "Opfer" des Holzschlagschen Rundumschlages wurden. Sie lasse sich, ließ sie uns wissen, von uns keineswegs in eine Quoten-Kampagne hineinziehen, deren Orientierung sie verachte, deren Ausdrucksformen ihr zuwider seien und die sie als nichts anderes betrachte, als - so wörtlich - "den widerwärtigsten Ausfluss eines an Dummheit und Unreflektiertheit kaum zu überbietenden Gender-Gedöns", an dessen vorgeblicher P.C. die Kunst gerade krepiere. Dazu einen Beitrag zu leisten, müsse sie nicht nur zurückweisen, sondern werde es andernorts auf Schärfste kritisieren. Es sei ihr unter diesen Bedingungen gänzlich unmöglich, weiterhin für unser "Publikationsorgan" ihren Namen herzugeben, der gerade dafür stehe, jene unsägliche Seinsvergessenheit, die den Menschen auf sein Geschlecht reduziere, zu bekämpfen. Sie verwies in diesem Zusammenhang in der Mail mehrfach auf ihr Werk "Tranzendentales Neutrum. Schande und Vergänglichkeit, Wertheim 2013, € 138,50", das gerade erschienen sei und ihren Standpunkt doch auch uns hätte klar machen müssen. Leider mussten wir in unserer Antwort-Mail gestehen, dass wir das in Frage stehende Buch noch nicht gelesen hatten, ja von seiner Existenz bis dato nicht einmal erfahren. Unsere Ehrlichkeit  diesbezüglich wurde von Professor Dr. Holzschlag als Affront begriffen. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt rätseln wir darüber, auf welche Weise das Missverständnis zustande gekommen sein könnte, es gehe in der  BenHuRumschen "Nippes"- Collage um eine Stellungnahme zur Quoten-Diskussion. Wir wären unserer Leserschaft für diesbezügliche Hinweise überaus dankbar. Ungeachtet der derzeitigen "Kommunikationspause" zwischen Professor Holzschlag und uns, hoffen wir dennoch auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit, wenn sich die Wogen geglättet haben. 

Dienstag, 11. Juni 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Zärtliche Handentspannung


Ein Beitrag von BenHuRum

HANDREICHUNG 

von Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg


Die Sache hat uns in der Hand, wie Leserinnen ohne Eigenschaften wissen, doch bedarf es nun eines rechten Begriffes von Hand und Sprache, um zu sehen, was als nicht Gemeintes, dennoch zum Seienden wird. Denn wo immer die Sprache als eine Notlüge west, kreuzt sich das Nichtseiende mit dem Offenen und wird erst durch die Benennung zu seinem Sein gebracht. Zwischen den Enden lugt, einem ersten Hinweise gleich, das Stiftende hervor, denn das Wesen der Kunst ist Dichtung aus zweiter Hand. Aus dieser fällt ein Geworfenes uns in den geöffneten Schoß, der sich nicht als ein Grund verschließt, sondern aufruht, um aus dem Bezug des Daseins zur Unverborgenheit das Sein walten zu lassen. Das Seiende im Ganzen wird jetzt in die Hand genommen und gerade zu lässig durch den vor- und her-stellenden Menschenmann erzeigt als sein Welt-Bild, jene Entscheidung zur Welt nämlich, der es und alles Wurst ist. Überall dort aber, wo das Seiende nicht in diesem Sinne ausgelegt werden kann, kann auch die Welt nicht ins Bild rücken, sondern wird ans Kreuz genagelt. Die so bezogene neue Stellung ins Unentfaltetbare ist als solche dem Gegenständlichen verhaftet und folglich ohne Sinn. Ein Kunst - Werk, lässt sich folgern, welches aber diesen noch behauptet, kann nur als amerikanisierender Pop sich deuten lassen: eine riesige Hand in einem schattenlosen Reich. Hier aber wird der Betrieb nicht abschätzig gemieden, sondern gierig-geil sich in ihn gestürzt, todesmutig sich der Gefahr der Betriebsamkeit gestellt. 

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze! 

Dienstag, 4. Juni 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Ungerührt bei der Arbeit


Ein Beitrag von BenHuRum


GESETZT ODER GESTELLT, ABER UN-GERÜHRT

von Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg


Die kyreanische Stellung ist, wie wohl sie sich am glänzendsten in Gestalt des Weiblichen zu - wendet, geschlechtsneutral. Es kann der Mann durch Arbeit und Badehose die Schwierigkeit des So - Seins auflösen, indem er sich als Sinn nicht feststellen lässt, sondern eben setzen, sich also gleichsam Ins-Werk-Setzend, freilich allerdings setzt dieses die drei-einheitliche Bereitschaft und Beschaffenheit zum Hocken voraus. Es darf nämlich in diesem Werk nichts be-setzt werden, gerade nicht durch eine genuin maskuline Geste der Besitzung respektive Besetzung. Gleichermaßen verbietet sich hier die Legung, denn das Weihegeschenk, das dieser Adonis vor-stellen könnte, kann das betrachtende Ich als ein Weibliches unmöglich sich an- oder zueignen lassen, ließe sie sich doch - auf diese Weise quasi herein-gelegt - wiederum auf das Stehende eines Standbildes ein, auf den symbolischen Ständer sozusagen (Wir bemühen uns, zweifeln Sie nicht, Leserin, dem Kalauern auszuweichen, wo wir können, doch lässt es sich im Angesicht der Vor-Lage nicht immer vermeiden). Der Aus - Legung, meinethalben eines Hegel, wird hier nichts entgegen ge - stellt, sondern halt alles ausgehockt, denn das Setzen als solches ist für sich und an sich als Unwahres be - greifbar geworden. Die Grenze des Sinnes wird herab- und hervorgebracht allein durch die Verweigerung der Arbeit, die der Mann sich antut, der kein Weib ist, aber eines vor - stellt.* Sein Umriss steht im griechischen Licht, ragend und ruhend, doch gerade nicht stehend oder sitzend. Er ergibt sich einer Fest-Stellung, der alles geschehen ist, als ein höchstes Tun, das Zu-Warten des Gebadeten in seiner Unverborgenheit. Doch hat ihm der Künstler eine Hose beigeben, die gemäß dem bisher Erläuterten sich vor das Ge-stell stellt: die Versammlung des Her-vor-bringens, der Her-vor-ankommen-lassen in den Riss, den das Gewerkel ins Werk bringt: Als Ge-Stell. Wo so einer ist, wird gewerkelt, dass ein Ursprung wird, aus dem die Frage springen mag nach dem Wesen des Seins.

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze.

(*An dieser Stelle muss der Hinweis auf den Begriff der Vor-Stelligkeit, den wir andernorts ausführlich erläutert haben genügen; vgl. Holzschlag, Martina: Die Vor-Stelligkeit des Manneswesens als Subjekt und Objekt des Notstandes in der Zeit, Aftersteg 2012)

Dienstag, 28. Mai 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Metaphysische Not


Ein Beitrag von BenHuRum



Mit einem Gastbeitrag von Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg


Ausgehockte Unverborgenheit (zeit-los)


Das Seiende, das ein Empfinden ist und nicht hat, kann nur als Hockendes seiner Weisung gewahr werden. Als Unverborgenheit ausgehockt vermag die Besinnung darauf, was sei, sich aus dem Sein der knienden Antipodin zu bestimmen. Sie ist weder eine Erscheinung des Geistes, die im Bild geschieht, noch ein Bild, das sich vergeistigt. Stattdessen eröffnet sie dem aufmerksamen Betrachter in ihrer Zurschau-Stellung die Weisung des Fragens. Sie ins-Werk-setzend hat der Künstler die Wahrheit zugleich geborgen wie verborgen. In ihrer metallenen Hülle, dem Astral-Leib gestaltet sie als Gefasste den Bezug von Sein und Menschwesen, Ding und Erfahrung der Dinglichkeit. Jedoch sei dem Künstler (und mit ihm den Betrachtern seines Werkes) ins Stammbuch geschrieben: Die hier waltende Frag-Würdigkeit sammelt sich am eigentlichen Ort, dorthin nämlich, wo allererst die Sprache Sein und kyrenaische Sage verbindend gestaltet: Denn alles ist Schrift und nur als solche seiend. Den Notstand des Bildes, der sich hier eröffnet, kann erst die Ab-Handlung gleich einem Ablass-Handel, beheben. Doch dafür ist die Zeit los.

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze.

Dienstag, 14. Mai 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Holzschlag und die Afterpropheten



Ein Beitrag von BenHuRum


Werte Leserinnen und Leser von Gleisbauarbeiten!


An dieser Stelle sollte heute der von vielen von Ihnen ungeduldig, wie wir wissen, erwartete  zweite Beitrag von Frau Prof. Dr. Martina Holzschlag aus Aftersteg zur BenHuRum´schen Mini-Serie "Kyrenaische Antipoden" erscheinen. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass der von Frau Professor Holzschlag eingesandte Beitrag den Standards, die wir auf "Gleisbauarbeiten" einzuhalten wünschen, leider nicht genügt. Keineswegs wollen wir in Abrede stellen, dass Frau Professor Holzschlag eine herausragende Kapazität auf dem Gebiete der Ästhetik des mobilen Zeugs, diesem immer bedeutender werdenden Zweige der Allgemeinen Ästhetik, ist und auch nicht, dass das Werk des BenHurRum in seiner offensichtlichen Unbeständigkeit der - unverdienten - Rettung durch jene spezifische Ästhetik, die das Ab - Wesende der Kunstwerke gleichsam noch vor seiner Verwesung in der kühlenden Höhle der Philosophie birgt, mehr als je bedarf. Doch wollte Frau Prof. Dr. Holzschlag nicht darauf verzichten, in ihrem für heute avisierten Beitrag einige kaum verbrämten Invektiven gegen ihre von uns überaus verehrte Vorgängerin, Frau Dr. Dora Imgrunde, die uns auf unvergessliche Weise die Blitzgescheiten Busenwunder des BenHuRum nahe brachte, loszulassen. 

Zwar, so schrieb Frau Dr. Holzschlag uns in der begleitenden Mail, seien Frau Dr. Imgrunde und sie sich in einem einig, nämlich "in der lustvollen Bejahung des unaufhaltsamen, tiefen Sturzes der Metaphysik, deren Stöhnen beim Fall in den Orkus wir mit einem schauerlichen Lachen begleiten", jedoch mache sie sich anheischig, das *** (wir möchten auf die Wiedergabe dieses Wortes verzichten) der "Frau Doktor aus dem öden Wald" auf eine Weise bloßzustellen, durch welche diese irreversibel aus dem Betriebe der Wissenschaft *** (das hier  in der Mail verwendete Wort weckt im Kontext der philosophischen Schule, der Frau Prof. Dr. Holzschlag entwachsen ist, äußerst unangenehme Assoziationen) werde. (...)

Wir wissen nicht, ahnen bloß, was Frau Prof. Dr. Holzschlag zu diesen Ausfällen trieb. Die Gründe, dessen sind wir indes gewiss, liegen nicht in der Sache, sondern in den Personen und ihrer Beziehung zueinander. Wir hörten von einer unangenehm verlaufenen Begegnung der beiden Wissenschaftlerinnen auf dem Kongress in Toronto, den Frau Dr. Imgrunde mitorganisierte. Jedoch wollen wir hierüber nicht weiter spekulieren. 

So gingen denn heute die Mails hin und her. Wir baten Frau Prof. Dr. Holzschlag die Sätze, die auf Dr. Imgrunde zielten, aus ihrem Beitrag entfernen zu dürfen. Sie bezichtigte uns der Zensur. Wir versuchten unseren Standpunkt zu erläutern, dass Beiträgerinnen und Kommentatorinnen auf Gleisbauarbeiten zwar durchaus unterschiedliche Positionen einnehmen und diese kontrovers diskutieren könnten, wie uns jedoch persönlich beleidigende Aussagen oder gar Drohungen verbitten. Sie blieb bis zur Stunde uneinsichtig. Wir müssen annehmen, dass in Toronto (oder schon vorher?) eine schmerzliche Kränkung stattfand, für die Frau Dr. Holzschlag nun meint, sich eine Vergeltung schuldig zu sein. Doch wollen wir "Gleisbauarbeiten" nicht zum Forum solcher Auseinandersetzungen machen. Wir haben im Laufe des Tages auch versucht, Frau Dr. Imgrunde zu erreichen, die vielleicht zu einer Klärung beitragen könnte. Dies ist uns bisher nicht gelungen. Wir hegen dennoch die Hoffnung, dass Frau Prof. Holzschlag, auf deren ästhetische Spürung des Kyrenaischen im Werk des BenHuRum wir gleich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, uns gefreut haben, in der kommenden Woche bereit ist, ihren Beitrag in einer angemessenen Version freizugeben, zumal er - von den Passagen, die sich auf Dr. Imgrunde beziehen, abgesehen - tiefe Einsicht in das BenHuRumsche Wirken und seine Wirkung  offenbart. 

Dienstag, 7. Mai 2013

KYRENAISCHE ANTIPODEN: Parodiere Event (neue Serie)



Ein Beitrag von BenHuRum

„Kein einziges der scheinbar ganz spezifischen Stilmittel in Heideggers Sprache, das Stilmittel der radikalen wie das des weltumspannenden Denkens, das der Entbanalisierung der Quellen wie das des ´begründenden´ Denkens und ganz allgemein all die Stilmittel, die die schwammige Rhetorik der Homilie ausmachen, diese Variationen über die Wörter eines heiligen Textes, der zu Matrix eines endlos-eindringlichen Kommentars wird, der ein per definitionem unerschöpfliches Thema dennoch erschöpfen will – keines dieser Stilmittel stellt etwas anderes dar, als den exemplarischen äußersten Fall, die absolute Legitimierung, der berufsbedingten Ticks und Tricks, die den ´Kathederpropheten´ (wie Max Weber gesagt hat) dazu verhelfen, alle Tage wieder die Illusion des Nicht-Alltäglichen zu erzeugen. Alle diese Stilmittel des erzpriesterlichen Prophetentums können also nur auf der Basis jenes geheimen Einverständnisses ganz glücken, das Autor und Interpreten in der Bejahung jener Voraussetzungen vereint, die mit der soziologischen Definition des ´vom Staat besoldeten kleinen Propheten´ (noch einmal Max Weber) impliziert sind: Keine dieser Voraussetzungen dürften den Interessen Heideggers mehr entgegenkommen, als die Verabsolutierung des Textes, die jede gebildete Lektüre praktiziert, die auf sich hält.“

Pierre Bourdieu: Was heißt sprechen? Die Ökonomie des sprachlichen Tausches, 1990

Wiewohl im Zentrum der Mini-Serie „Kyrenaische Antipoden“ aus dem stetig wachsenden Werke des BenHuRums (das sich in seiner aus vielfältigen Quellen wuchernden Ausdehnung mit Leichtigkeit dem Verdikt des Reduktionismus entzieht) der silbern schimmernde Astral-Leib jener Replikantin steht, der wir das Pseudonym „Kyrenaische Hyndin“ verliehen haben, stellen wir auf Bitte von Frau Prof. Dr. Martina Holzschlag (Aftersteg) eine Arbeit an den Beginn dieser Serie, in der die Hyndin nicht etwa fehlt, sondern schlicht abwesend ist und – wie jede sehen kann – aus rein formalen Gründen auch sein muss. Ebenfalls bat uns Frau Prof. Dr. Holzschlag ihrem heutigen Beitrag, mit dem also zugleich die kleine Serie ihren Anfang nimmt, oben stehendes Zitat aus der überaus lesenswerten deutschen Übersetzung von Pierre Bourdieus „Ce que parler veut dire. L´économie des échanges linguistiques(1982) vorauszuschicken. Regelmäßigen Leserinnen und Leser von „Gleisbauarbeiten“ werden die Gründe hierfür sicherlich ein- und heimleuchten.


FRÜHLINGSSTAU

von Prof. Dr. Martina Holzschlag (Aftersteg)


Oberhalb von Wieden liegt der Finstergrund. Noch aus diesem alten Namen erblühen im frühen Jahr die pastellenen Tulpen und nur wer sie pflücket erringt den Strauß. Wo sie aber stehen bleiben können im tiefen Grunde, steht eine jede für sich, wie sie doch wächst aus selbigem Boden gleich den anderen. Der aber ist getilgt aus dem Bilde, das an die Wand gelangt, scheinbar. Jedoch: Gärtner und Floristinnen kennen noch Wege. Sie ahnen, was es heißt im Frühtau zu Tale zu schlendern. Der Ursprung liegt im Kelche verborgen, woher und wodurch eine Sache ist, was eine Sache ist und wie sie ist. „Wer von Sachen redet, kann uns gestohlen bleiben.“, spricht dagegen der tätige Künstler, der nicht sein will, sondern machen. Künstler und Werk sind sich hier einig in der Vermeidung des Wechselbezugs auf jenes Dritte, nämlich die Kunst, von der sie keinen Namen haben. Sie beharren stattdessen auf jener verworfenen Alltäglichkeit, in der es nach Wasser eine jede Blüte noch dürstet. Sie entsprechen freilich, so räumt dieses Blatt des BenHuRum, dem einen Text beizugeben ich gebeten wurde, unumwunden ein, keiner Wirklichkeit, sondern sind ursprünglich nur in jener Weise, die sich nicht entnehmen, sondern bloß erschnupppern lässt. Hier jedoch erliegen wir einer holländischen Selbsttäuschung, denn was als Gezücht des Treibhauses ins Bild gerückt wird, kann den Duft des finsteren Grund, von dem her es sich behauptet, nicht länger mehr erfinden. Das Dinghafte der Blüte indes erweist sich doch noch im frühen Werk. Jedoch: Es liegt kein Tau  auf den grünen Blättern. Nichts kann hier für ein Ding an sich genommen werden: Nicht die Tulpe in der Vase, nicht das Reh auf der Lichtung, nicht der Käfer im Gras, nicht die Katze auf der Mauer. Alle diese Benennungen sind beliebige Namen. Jenseits der Sprache liegt die Schau. Wer an den Namen klebt, kann das Vorliegende nicht sehen. Der tiefe Grund wird dem bodenlos, der so weiter denkt. Der Künstler jedoch, der einer ist, bleibt stehen und besinnt sich der Kyrenaiker. Doch davon beim nächsten Male mehr.

Konzentrieren Sie sich auf Ihre Nasenspitze.