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Samstag, 30. August 2014

EUER GOTT KANN MICH MAL! (Blasphemie für Dummies)

"Die Gesetze Eures Gottes sind mir scheißegal." Wenn ich den Satz schriebe (hier schreibe ich ihn ja), dann wär´ aber was los, denk´ mir. Was allerdings nicht stimmt, sondern nur eine Wunschvorstellung von mir ist. Dass dann was los wäre, weil Hinz und Kunz und Karl und Ida das "Eures" gleich einmal holterdipolter, wie sonst nur Literaten, Künstlerinnen und andere Egozentriker und Narzisstinnen Ästhetizismus, Theoriegeschnack und Identitätsgeschwätz auf sich beziehen täten. Dazu allerdings müsst´ ich den Satz, wie jetzt den Text, also diesen hier, umformulieren: Genitiv raus (zuviel Schriftdeutsch) nämlich. So: "Euerm Gott seine Gesetze geh´n mir voll am Arsch vorbei." Da täte aber auch nix passieren, weil gottgläubige Gotteslästerer, die die Gesetze von ihrem Gott ganz genau kennen, verbreiten und durchsetzen wollen, dieses Blog nicht lesen (glaub´ich) oder gar kommentieren. 

Der Witz, den ich mir wunschträume, wäre aber eben, dass allerlei Ein-Gott-Gläubige aufträten, um die Wahrheit der wahren Religion, der sie anhängen, und die Gültigkeit der Gesetze von ihrem wohlverstandenen und artikulierten Gott (die Schrift, die Schrift!) zu verteidigen anträten. Obgleich nämlich ich mit meinem Satz (z.B. 2. Version) ganz unspezifisch geblieben wäre, wären die notwendig ganz sicher, dass es sich beim Gott und seinen scheißegalen Gesetzen exakt um keinen anderen als den ihren handeln könne. Und das hätte, täte, würde mir (dem kleinen ´ich´, das große macht bei so was Albernem natur- bzw. sachgemäß nie nicht mit) sehr gefallen. 

Ein billiger Rant. Zugegeben. Unterhalb vom Niveau jeder einschlägig bekannten und ernst zu nehmenden Theologie. Religionskritik für Dummies. Leicht gemacht am Samstagmittag. 

Trotzdem, noch mal: EUER Gott kann mich mal!

(Bezieh´ es auf sich und den seinen, wer will!)

Samstag, 23. August 2014

WIE IM RICHTIGEN LEBEN? (Ein Traumbild)

Dann war ich also auf der Flucht. Es ist lang her, dass ich so was geträumt habe. Dafür gibt es, wie für alles, Gründe. Und keine. (Ich glaube mehr an Kontingenz als an Folgerichtigkeit. Als ich mich das letzte Mal flüchtend träumte, trug ich aus, war also beschwert und unbeweglich. Wie eben jetzt. Nichts beschleunigt die Träume mehr als das Gewicht der sogenannten Wirklichkeit...der Körper.)

Als Erstes entledigte ich mich meines Smartphones. Es genügt nicht, sagte ich mir, es abzuschalten. Auch abgeschaltet kann es jederzeit geortet werden, bildete ich mir ein, irgendwo gelesen zu haben. Doch schaffte ich es nicht, mich endgültig davon zu trennen. Ich wickelte es in ein altes T-Shirt und schloss es im Bahnhof in einem Schließfach ein. Bahnhöfe sind keine guten Aufenthaltsorte für Menschen auf der Flucht, erinnerte ich mich. Auf Bahnhöfen wird die Flüchtende geradezu erwartet. Abgepasst. Bloß nicht zu lange am Bahnhof verweilen. Auf dem Weg zum Fluss kam ich an einem Sparkassen-Automaten vorbei. Das Konto räumen, solange es noch geht. Dumm, dass ich nicht sofort daran gedacht hatte. Meine Kontakte. Wie schnell könnten sie meine Kontakte überprüfen? Sollte ich versuchen, mich nach Bremen durchzuschlagen? Ich hatte seit Jahren nicht mehr mit L. telefoniert oder gemailt. Aber L. hat einen kleinen Sohn. Der muss jetzt vier sein. Vielleicht sogar fünf. Was sollte ich L. nur erzählen? 

(Im Traum fragte ich mich nicht, warum ich nicht einmal wusste, weshalb ich verfolgte wurde. Es beunruhigte mich auch nicht. Ich hielt auch keine Ausschau nach meinen Verfolgern. Sie hatten weder Gesicht noch Körper. Keine Schatten. Nur Technologien. Aber das machte ich mir nicht klar. Ich hatte diese Fragen abgeschaltet. Beinahe bewusst.) 

Beim Saturn kann man Burner kaufen. Jemand hatte erst kürzlich davon gesprochen. Da wusste ich noch nicht einmal was Burner sind. Wenn ich mir beim Saturn einen Burner holte, hatte ich ein paar Anrufe. Am Ende kannst du dich in so einer Situation doch nur an die wenden, die dir am Nächsten stehen. Außer deiner Familie. Die Familie musste ich heraushalten, wusste ich. Die wurde jetzt sowieso überwacht. Ein Treffen mit T. am Hafen. Von T. aus weiter zu J. Mein Kontakt zu J. war lose, aber ich vertraute ihm. Vor allem, weil T. ihm traute. J. setzte mich an einem Provinzbahnhof 30 km entfernt ab und in einen Zug nach F. Dort kannte ich D., die sicher nicht mit mir rechnete, aber weiterhelfen würde. Ich war noch nie bei D. gewesen, die aber sofort ihre Ferienwohnung auf Rügen anbot. Als Zwischenstation. So lange wie nötig. Ich schlief in den Zügen. Regionalbahnen sind besser als ICEs. Alte Agentenregel, bildete ich mir beinahe belustig ein. Die Hand in der Hosentasche um den Schlüssel gekrampft, den F. mir gegeben hatte. Diese Erleichterung und Erschöpfung schließlich, nachdem ich den Kühlschrank der Ferienwohnung in S. gefüllt und die Tagesthemen eingeschaltet hatte. Eine Verschnaufpause. 

Es gibt kein Zurück mehr. Nur kurze Episoden des Verweilens. 

(Wie im richtigen Leben?)

Fluchtträume enden immer abrupt. Eigentlich weiß ich die ganze Zeit, dass ich nicht auf der Flucht bin. Es ist ein Test, denke ich. Mein Gehirn testet, wen es gibt und welche Orte ihm einfallen. Wohin ich könnte mit wem und wann, wenn...Eigenartig bloß, dass du noch nie in einem meiner Fluchtträume vorkamst. 

Freitag, 13. Juni 2014

UNPÄSSLICH. Keine Hülfe für Vera

Manchmal, wenn ich bei meiner Oma, deren Namen ich nicht kannte oder vergessen hatte ("Namenlos"), zu Besuch war, las ich in der Nacht die Bücher, die auf einem Regal über dem Klappbett standen, wahllos, (vor-)urteilsfrei, bis zum - gelegentlich - bitteren Ende. Ich las sie, weil es "Erwachsenenbücher" waren, Bücher mit "Stellen" und unbegreiflichen Worten, sonderbar beschriebenen Handlungen und Gefühlen, keineswegs bloß, aber auch wegen der Aufklärung über die Triebe und die Liebe. Die waren anders dargestellt als in den Heften, die ich bei der anderen Oma unter der Spüle fand ("Der heißblütige Baron im Stübchen"). Ein Satz aus einem Roman von Hugo Hartung (dessen bekanntester wohl "Ich denke oft an Piroschka" ist, den ich aber nie las, sondern nur in der Verfilmung mit Liselotte Pulver im Fernsehen sah) setzte sich fest: "Keine Hülfe für Vera." 

Ich weiß nicht, warum der mir heute morgen wieder in den Sinn kam. Ich lese gerade von der "unpässlichen Frau". Das kommt in Romanen (der Männer) nicht vor. Andererseits: Immer ist die oder eine Frau "irgendwie" unpässlich. "To make a pass" sagen die Briten. Zwanghaft muss diese oder jene bis ca. 1900 sich unpässlich gerieren, um dann eventuell doch passieren zu lassen. Unpässlichkeit. Im Deutschen lässt sich (fast) alles wunderbar nominalisieren. Der Pass ist zugeschneit (Rotes Blut im weißen Schnee?). Muss er freigeräumt werden? Passgenau: Passt mir nicht. Ein Menschenrecht auf Migräne? Noch viel mehr Unpassierbarkeit generieren! Heterosexuelle Männer (auch Frauen-Ärzte, wie ich gerade lese) beziehen das auf sich. Suchen nach Pass-Öffnern. Wörtern und Werkzeugen. Die unpässliche Frau blutet. Hysterisch. Nur bis ca. 1900, dann wird der Eierstock ursächlich entdeckt. Das half aber auch nichts. "Keine Hülfe!" (Ich weiß, dass die Menstruation konstruiert ist.)

"Keine Hülfe für Vera." In Hugo Hartungs Buch ist Vera eine baltische Adlige, die emigriert. "Die deutsche Frau raucht nicht." Vera schon. Vera emigriert, der Protagonist und Ich-Erzähler bleibt im Nazi-Deutschland. (In der BRD sollte  das "innere Emigration" genannt werden.) Sein Mitschüler Bruno macht Karriere - in "der Partei" und später in der Bonner Republik. Ich kann mich nicht einmal mehr erinnern, was aus Vera wird, ob der schlichte Hans sie nach dem Krieg noch einmal trifft. Ich habe dieses Buch nie wieder gelesen. Meine Erinnerungen sind unscharf. Nur dieser Satz blieb und das Bild: Vera auf einer Leiter im Schlafwagenabteil. "Keine Hülfe." Vera verlässt den unmodernen Roman. (Lesen Sie diesen Satz metaphorisch.) Er, der Satz "Keine Hilfe für Vera". taucht auf, wenn ich traurig bin, so grundlos und vage traurig, dass sich diese Haltung bei mancher und manchem den Namen "Melancholie" verdient haben mag, eine Bezeichnung, die aber ich nicht als treffend, sondern als euphemistisch empfinde, verleiht sie doch der sinnentleerten und verzagten Selbstbeschränkung und -entsagung ein pseudo-erkenntnisschaffendes Gewand. Was nix ist, soll auch zu nix werden. (Frei nach Wittgenstein :-) )

Wahrscheinlich liegt alles an den Hormonen. (Grüß Euch, Wechseljahre!) Müde bin ich, kann nicht ruhen. Es umgibt mich ein wattiger Kokon aus billigem Selbstmitleid, an dem alles abprallt wie an einer getunten Stoßstange. Dabei geht´s mir gut. Alles gelingt. Selten so gelacht. Schaut eine bis an den Grund? Hinter den Augen sind die Höhlen leer. Jetzt betäube ich mich noch mehr. Dazu brauche ich gar keine Drogen. 

Frank Schirrmacher ist tot. (Heute morgen am Arbeitsplatz: Keine und keiner hatte je von ihm gehört.) Die WM ist eröffnet. Gotteskrieger erobern den Irak. Nichts hat mit gar nichts zu tun. Oder: Alles mit allem? Ich kann kein Interesse aufbringen und keine Interessenten mehr suchen. Deshalb: Selten habe ich besser funktioniert als heute. Getränkevorräte müssen aufgestockt werden. 

Herrlich erhebt sich blau der Horizont. So ducke ich mich besser weg: Wenn die Frau unpässlich ist, müssen WIR ran. Das Blog ist tot. Es lebe das Bloggen. Nur soviel: Am wenigsten weiß ich, wem ich etwas vormachen will. Der Anderen geht es gut. Was wahr ist, kann es nicht bleiben. 

Sonntag, 25. Mai 2014

FRAUSEIN IST KEINE KRANKHEIT. Königinnen-Beschwerden und feine Rede (+Sonntaglied)

Rätsel


Treffen sich zwei Menschen auf der Straße. Sagt der eine zum anderen: "Hallo, Papa!" Sagt der andere: "Ich bin zwar dein Vater, aber du bist nicht mein Sohn."




***

Niemand kann es sich leisten, nicht an Lügen zu glauben: entblößte, unbehaarte Männerbrüste. Ist dieses Streben nach Wahrheiten notwendig und fürsorglich? Jedes Bild scheint zu flüstern: Dich kriegen wir. Es sind nicht nur Schnauzbartträger, die mir Angst machen. Noch wird jeder königliche (REALE) Betrug als schön empfunden (Daher: "Bleiben Sie Republikanerin!") 

Monatsblut hingegen ist nicht purpurrot. (Frage A: Wie sollen wir uns in Zukunft zu den Nichtblutenden verhalten? Kann ihre Wissenschaft uns weiterhelfen?) (Meine Hormone fahren Karussell mit mir und ich erprobe neue Wege, das heilige Blut zu fangen.) Auf Seite Acht sitzt Isis auf dem Kosmosschwein und menstruiert. 

Nur durch Verdrehung, durch Auswringen lässt sich dieser verhunzten Sprache etwas abgewinnen: JUNGFRAU. Sie war einmal eine junge Herrscherin, die noch keine Kinder hatte. Später erst ging es um ihren unbeschädigten Hymen. Dann: Die Frau, die keinen Mann hat. Schau dir das an: Wie sie zum Mädchen wird. Eine Magd. Ein Kind. Ein Es. Das nur durch IHN groß werden kann: FRAU. Der sie zur Frau macht. Fuck. Sprache, die taugt keiner. Sie ist JUNGFRAU. JUNGE FRAU. Mannlos. Mitmann. 

(Was denken Männer über Menstruation?) 

Un-Rein. Es gibt nichts Wichtigeres. Die Heilige Mutter blutet. Nicht aus. Sondern immer wieder. Leben ist zyklisch, nicht chronologisch.

"Ich" kann mir diese Weisheit (noch) nicht leisten. Und ich lerne zu langsam. Blutend füllig. 

***

Navid Kermani hat im Bundestag eine große Rede gehalten: Hier.

***

"Gleiche mir. Höre Bowie!" betitelte der "Freitag" die Rezension zu PUNK PYGMALION. Als Ansgar aber den Brief schreibt, in dem er Emmi auffordert: "Schneide Dir die Haare ganz kurz und färbe sie schwarz. Tu es für mich, damit wir auf diese Weise ein Zeichen sind.", hört er John Cale:






(Männer - und Frauen - glauben auch. Nur Lügen.)


Mittwoch, 7. Mai 2014

BUBBLES: What went wrong?

Bezichtigungen, die unter der Zunge liegen bleiben. 
Wohlweislich, mein bestgehasstes Wort. Und: Derzeit.
So sehr hast du mich nie geliebt, dass du auf einen dummen Spruch verzichten würdest.
Es rumpelt dahin. Das Leben. Und ich. Alt und wenig weise.
Das kleine Ohrstöpsel-Glück: You and me, we don´t believe in Happy Endings...
(Ich möchte keine Romantikerin sein und tanze doch in alle meine Träumen davon wie eine Elfe.)
Das ist natürlich gelogen. Wie alles hier. Und dort.
Mit den Dieben kamen Hoffnung, Glaube, Liebe...
Aber die Liebe...
Welche Gemeinheit blieb ungesagt? 
Das Ungehörte dröhnt am lautesten in den Ohren.
Wenn ich dir jetzt ganz tief in die Augen schauen könnte, dann...
Wer Punkte machen muss, sollte das Schreiben lassen.
(Mach mir keine Vorschriften, verdammt!)
Was jetzt entsteht, muss unter uns bleiben. 
Ich finde am Morgen danach drei neue Sorgenfalten zwischen den Brauen. 
So will ich nicht weiter bluten und riechen. 
Komm, wir robben uns ganz leise fort und weg.
Ach was: Stattdessen stehen wir weiter mit Sektgläsern in der Hand rum und reden über Parkverbote.
Das geht zu Ende. 
Manche Abschiede sind ganz endgültig und ganz undramatisch.
Sag nicht leise Servus.
Sag nichts.
DU.
(Diese Botschaft ist sehr privat und sehr öffentlich.)

Feed me lines.

(Das ist keine endlose Wiederholungsschleife. Oder doch.)

***

Am 6. Mai 2006 starb Grant McLennan. Still....: Hier!







Freitag, 2. Mai 2014

MÄNNERPAUSE und OPAS ERBE. Versatzstück zum Drehbuch der zweiten Staffel von "Der stinkende Atem der Ludendorffs"

"Sie macht eben mal eine Männerpause."

Das ist eine Niederschrift unmöglicher Textpassagen. Denn: Das ist nicht o.k. und kann den Senderat nicht passieren. Sondern ein Test. Wie sie ihr Knöchelchen streckt. (Anmerkung: Wir warnen nachdrücklich vor allen Verniedlichungen, insbesondere im Zusammenhang mit weiblichen Wesen.) 

"Den Haarausfall hat er von Opa geerbt."

In der Schrift entzweit. Was geschieht eigentlich in einer Sprache, die kein Geschlecht kennt? Ziemlich wenig, meint sie, aber so wie sie durch ihr Haar streicht, hält sie die Pause auch nicht lange durch.

"Sie hält sich dauernd für verwundet und auffindbar."

Heute sollte das anders sein. Sie könnte heil bleiben und sich selbst suchen. Aber sie will eine Kette um den Hals gelegt haben und die Steine im Spiegel klitzern sehen. Sie ist nur lebendig, wenn sie einen geil macht. Egal wen?

"Sein Mund ist stets heftig attackiert. Sein Herz auch. Behauptet er."

Er muss immer wieder versetzt werden, damit er weiß, was er an ihr hat. Aber haben muss er sie. (Anmerkung: Was hältst du davon, wenn wir die Personalpronomen jetzt einfach mal vertauschen?)

"Nur vier Jungs werden heute Nacht ins Finale gehen. Nur die schönsten und entschlossensten können es schaffen."

Wer soll hier das Opfer sein? Er weiß, dass die Zeit sein größter Gegner ist. Er altert schnell und wird schrumplig. Auf der Straße sieht ihm seit sieben Monden keine mehr hinterher.  (Anmerkung: Ich halte nichts davon in diesen Karl-May-Jargon zu verfallen.)

"Selbst ihre Schwester wird ihr untreu werden."

Nur eine magische Verbindung vermag sie zu retten. Er lässt sich die Türe öffnen und stellt die Taschen ab. So hat ihr Baby eine Chance. (Anmerkung: Immer eine gute Schlussformel: "Nach allem, was wir durchgemacht haben.")

oder

"Irgendwas passiert gerade mit uns."

***

Sonntag, 27. April 2014

Schöne, böse Frauen: "Mehr Weiblichkeit als euch lieb ist..." (+ Sonntagslied)

Heute morgen erinnerte mich ReadAn an BettyB, ein Figur aus dem Dschungel-Kosmos des Alban Nikolai Herbst: Hier. Über die Einiges, aber keineswegs alles und jedenfalls nichts aus einem weiblichen Blickwinkel nachzulesen ist in Herbsts Novelle "Die Fenster von St. Chapelle", für die und deren Lektüre ich hiermit und wiederum werben will. 

Aus diesem Kosmos wanderten, unfreiwillig-komisch, einige Figuren (verwandelt und unter wandelbaren Namen) ab in meine Heilmann-Erzählung um die Marten-Ehen "Ich küsse mein Leben in dich", darunter auch die Herbstsche Melusine (die, die ihm sagte: "Gehen Sie in die St. Chapelle.") und ein weibischer (vielleicht ganz unweiblicher, aber fest gebrüsteter) Troll namens Edith, dem schließlich der Name "Almuth" zuteil wurde und sehr viel mehr Weiblichkeit, als ihm (?) lieb sein konnte und war. So (deshalb?) verschwand er (sie?) und wurde schließlich all-anmuthig auf Geheiß eines schwitzenden Teufels auf einem Altar geopfert (jedoch nur zum Schein.) ReadAns BettyB indes...wurde von Herbst als Groupie eines Ben Becker geortet und geoutet. Er hatte da was. Zu bearbeiten. Woran ich (also meine statt seine Melusine) mich nicht halten musste. Heilmann sprach ihm nach: "Es gibt keinen Teufel, Melusine." Dann besuchte er ihn. (Angedeutete Orgien, Erzählversprechen im Dschungel, die nicht eingehalten wurden.)





Love´s Labour´s Lost. "You can´t take that away from me."


(Einen sinnvollen Kontext stellen sich erinnernde Leser_innen selber her.)

Das Rätsel um den  uneilholbaren englischen Autor (?) darf nie weiter zur Lösung voranschreiten, als es die Shakespeare-Industrie fördert. Ich glaube ihm alles und dieser nichts. Außerdem tippe ich auf ein Kollektiv unter zwei gemeinsam konspirierenden Impressarios (Mehrzahl von Impressario???): dem Geschäftsmann aus Stratford-upon-Avon und der englischen Königin. Keine Beweise selbstverständlich, aber es gefällt mir, wenigstens an dieser Stelle und für einmal meinem Gewährsmann Stephen Greenblatt zu widersprechen ("Will in the World"). (Fast alles hängt jedoch an gelungenen Alliterationen....,hmmm.)

Kaum jemand kann gescheit über sich selber sprechen, am wenigstens noch solche, die ein Künstler, eine Künstlerin, ein Autor, eine Autorin s e i n wollen. Was irrtümlich an und für sich  ist und diese daher ganz bloßstellt. Wer etwas sein will, statt etwas zu tun, hat schon verloren. (Billige Aphorismen, wie am Fließband, liefern wir genauso beständig wie die Schoppen-Hauer, jedoch ohne Häme und Sexismus.) Wie ja überhaupt gilt, dass sich unter den Bedingungen der Observation (unter denen seit je alle standen, die - sich - für ein Publikum produzieren) noch am ehesten zu verbergen ist, wenn eine/r scheinbar ALLES preisgibt (nur ohne Preisschild!). 

Busby Berkeley featuring William Shakespeare - Branaghs Idee funktioniert ausgesprochen gut. Ich hatte den Film schon einmal gesehen, mit weniger Abstand. Man kann nicht alles wegtanzen und -singen. Alles kann jeder weggenommen werden, am leichtesten die Erinnerungen, wenn sie wahr bleiben sollen. Weil es solche ja gar nicht gibt. Wer aber die Sehnsucht danach lästert, dessen Kunst oder Literatur kann mir gestohlen bleiben. Sarkasmus ist geizig. Und: Ohne Charme ist alles nichts. 

Zurück zu den Blicken: Edith. BettyB. Frauen, die sich anschauen oder ausweichen. In PUNK PYGMALION geht alles schief, weil sich zwei Frauen nicht in die Augen blicken. (Ist das so? Sagte ich nicht noch am Mittwoch, wie sehr ich Selbstinterpretinnen verabscheue?) Wozu sie den Mann brauchen, der sich ein Bild macht? Das kann ja nicht glücken. Noch nie: "Wide Sargasso Sea." Weswegen und trotzdem gilt: Wir sind alle Glücksucherinnen.

*** 

Auf der Empfehlungliste des Denzlinger Bücherfrühlings diesmal auch PUNK PYGMALION:
Badische Zeitung, 27. April 2014  (Wünsche ich mir/dem Buch auch: Mehr Leserinnen!)




Montag, 21. April 2014

(K)EINE AUFERSTEHUNG. Totalitär. Langweilig. Idyllisch. (Fragen)

Zurück vom Familienosterwochenende im Spessart sich durch Blogs und Internet-Gazetten lesend, stelle ich fest: Es ist mit eins und noch mal so, dass ich mich für Texte, in denen ein ´Ich´ davon berichtet oder erzählt, wie es "Frauen haben" oder eben nicht "haben" kann bzw. konnte, so oder andersrum (!), einfach nicht mehr interessiere, selbst wenn sie "gut geschrieben" (Anführungsstriche notwendig) sind. Für ´ne Menge Formulierungen und Ausdrücke und (selbst-)ironisches Gebläse reicht die Aufmerksamkeitsspanne einfach nicht mehr aus. ("Sie wird eben alt.") Weitergeklickt. 

Habe ich mich früher auch so schnell und so oft gelangweilt? 

Die Manöver: Ich nehme eigentlich immer weniger zur Kenntnis, mir zur Brust oder auf, was aus dieser Ecke (oder besser: Mitte, männlich, weiß) kommt: Wo zum Beispiel Männerfussball relevant ist oder Merkels "Führungsstil" zu zögerlich scheint oder weibliche Ärsche metaphernreich begutachtet und bewertet werden. Insbesondere dann nicht, wenn´s dergestalt mit intellektuellem Anstrich vorbeikommt: Und/oder angereichert mit den  Zitaten  altbekannter und altverdächtiger raunig-rauschiger Schmerbauchschieber im romantischen Sprachmodus (waldreich, wirkungsarm, wehr-mütig, aber immer mit Kapitalismus- und Konsumkritik gewürzt). Gähn! ("Wir empfehlen dringend: Einen Liquid-Sauna-Besuch.")

Manchmal fragt sie sich, wie es kam, das mittelalte Frauen, die gutes Geld verdienen, sich unter Druck setzen lassen, weil sie nicht ausführen können oder wollen, was in Billig-Pornos dargestellt und Flatrate-Bordellen von schlecht bezahlten Prostituierten angeboten wird? Oder wie es kam, dass der Porno-Look zum Leitbild für russische Oligarchen-Gattinnen wurde?

Ich bin stattdessen vollbeschäftigt. Mit Lektüren. Denkpausen. Kunstfiguren. Schreibakten. Einem Schreckenskabinett. Millimeterpapier. Planungsalternativen. Tauchgängen. Wanderführern. Neffenbespaßung. Einem Personalbogen.  Absackern. Und... 

Ein Jagdhaus steht am Grunde. ("Wie war das mit der wilden Jagd?" "Ich denke noch oft an Wildermuth.") Lesefehler im Wanderreich: Hasch-Quelle sprudelt sanft. Im Spessart war Siegfried aber gar nicht unterwegs. Märchen statt Sagen. Heißt: Hexenhäuschen statt Burgfriede. Wie mild die Bäche plätschern. Giftig ist die schöne Verwandte des Bärlauchs, das Maiglöckchen. ("Wir sahen´s nicht. Doch sein Geruch regt die Triebe an.") Und still liegt das Tal im Sonnenglanz. Totalitäre Idyllen, soweit das Auge schaut. 

Ostern 2014, Spessart

Unterdessen, aber: Quält mich noch immer die Frage, ob Maria blieb. Blieb die Mutter stehen unter dem Kreuz, an dem der gefolterte Sohn schrie und röchelte? Hob sie den Blick? Oder konnte sie es nicht ertragen? Und floh? (Wohin? Wohin kann eine Mutter fliehen, danach?) Es ist der Karfreitag, der das Ostergeheimnis birgt, nicht der Osterhasen-Sonntag, der so füllig leuchtet. ER ließ sich nicht mehr berühren, danach. Bedenkt das und hört auf mit dem Blendwerk und den beschwichtigenden Sprüchen! Wenn kein Oper mehr nötig ist, endet mit dem Tod auch das Leben. (Ich weiß gerade selbst nicht, was ich damit sagen will. Schreibe es dennoch hin.) Auch das Wort quält mich: Opfer. Ich will es beerdigen. Aber es steht immer wieder auf. 

Sonntag, 13. April 2014

"And I would give you my heart. That´s if I had one..." (Laue Erinnerungen + Sonntagslied)

Er wirkte immer durchtrieben und sexy. "Metrosexuell", lange bevor das Wort aufkam. Als The Fall hart und böse klangen, wirkten The Smith mit ihm als Frontmann schön und gewissenlos. Während eines Konzertes verfiel ich ihm. Das ging vorüber. 

Georg strich sich die Haartolle mit derselben Geste aus dem Gesicht wie Morrissey (1987). Damals hielt ich es für ein billiges Imitat. Heute bin ich mit nicht mehr sicher. Hinter dieser asozial inszenierten Selbstironie steckt genau die Verzweiflung, wie sie auch Georg und Electric Slim zu tarnen versuchten. Jägermeister in der Cola-Dose morgens um halb zehn. Georg und Electric Slim liebten zweimal dieselbe Frau (nicht: dieselbe Frau zweimal). Ihre Freundschaft hat nur das erste Mal überlebt. Dann zogen sie an verschiedenen Strippen und verhedderten sich. Das konnte nicht gut ausgehen. (Im Nachhinein ist das immer leicht gesagt.)

Lange nicht gesehen. Die Verletzungen ("Glück ist eine junge Braut, der man ihn die Fresse haut."), längst verheilt. Letztlich zählt doch das Elternhaus. Wer nicht geliebt war, geht unter. Die anderen brauchen sich nicht mal zu retten. (Sind es schon. Immer. Schützen sich selbst. Nur zu gut. Auf Kosten. Von wem?) Erinnern heißt sich schuldig fühlen (oder machen?). Es ist doch alles gelogen. Weil es für die anderen ganz anders war. Noch immer ist. Die Freundin, der ich ausweiche, seit Monaten, weil sie sich nicht ändern kann. Ich will mich nicht im Spiegel dieser Augen sehen, die mich noch immer sehen, wie ich war, als ich die war, die ich jetzt nicht mehr bin.  

Zurück zu den Zügen, außerdem. Wir ziehen an die Gleise (um). Once again. Zugverkehr. (Dann lest das doch mal.) Listig. (Mir liegt ein Kalauer auf der Zunge, aber ich verkneife ihn mir.) Our house in the middle of our street: For sale. Bücherberge. Spenden an die Schulbibliothek: ("Frankfurter Schule." Brauch ich nicht mehr. "Wer erschoss John F. Kennedy?" - in die Papiermüll-Tonne. "Irgendwann bis du auch für die lustigsten Verschwörungstheorien zu alt." Ich glaube trotzdem nicht, das Shakespeares Werke der Mann aus Stratford-upon-Avon geschrieben hat, von dem nicht mal 40 handschriftlich geschriebene Worte überliefert sind.) Wie rauh die Hände werden von dem Staub auf den Büchern. An die obersten Regalbretter komm ich nicht ran. Da müssen die Riesen schauen. Im Hobby-Keller finden sich verdächtig viele leere Spirituosen-Flaschen. 



Morrissey: To me you are a work of art


***

"Wir sehen keine Dinge, meinte Philipp Otto Runge, dem die Ausstellung in der Kunsthalle gewidmet ist, sondern Bilder, die uns etwas bedeuten. Ich weiß nicht, was sie mir bedeutet. In diesem Moment ist es viel. Aber nicht Runges ´Weltenmaler Sonne´, sondern das künstliche Licht der Birne unter dem gefältelten Lampenschirm im Café Liebermann zeichnet dieses Bild für mich, das ich  nicht vergessen werde. Ihr Haar leuchtet warm vor dem sienesischen Marmor mit einem zarten grünen Schimmer am Scheitel. Der Braunton ihres Jackets und das Orange des Pullovers lassen ihre Gestalt mit dem Hintergrund des Cafés, dessen Wände und Dekoration diese Farben aufgreifen, verschmelzen. Sie ist keine scharf konturierte Figur in diesem Bild, sondern eine Erscheinung im sanften Licht. Wie getupft. Sie trägt Jeans und flache Sneakers."

Lars an M., Dezember 2010 (aus: PUNK PYGMALION, 2014)

Donnerstag, 20. März 2014

"You are my sweetest downfall". Weniger Liebe und Süden und so...(Ein Traum)

Fieberträume sind taub. Deshalb habe ich nachträglich soviel Musik eingebaut. Weniger Farben halt. Grün. Grün. Grün. Und du? Schweigst dich aus.

Später erzählte ich von meiner Sehnsucht nach dem Norden. Das war kaum zu glauben. Denn jede will doch gen Süden. Der ewige Traum von Sonne, Sand und Meer. "Nur du nicht." Das klang höhnisch. Mein Grün, das der Süden nicht kennt, wie soll ich dir davon erzählen? "The green, green grass of home." Ich bin von Kälte getauft. Ich bade auch bei 13 Grad. "Angeberin." Wie konnte diese kleine Bemerkung so viel Schärfe und Ablehnung in unser Gespräch bringen? War es von da an, dass wir einander nicht mehr verstanden? 

Ich habe trotzdem immer von dir geträumt. Eisige Märsche im Dämmerlicht. Du gehst immer in die falsche Richtung. Ich möchte dich mit Frühlingsblumen schmücken und dir durchs Haar fahren mit meinen Händen. Kitsch as Kitsch can. Du gingst den anderen Weg. Gen Süden. Immer gen Süden. Hast dich verbrennen lassen. Ich bleibe kalt. Du vertrocknest. Ich staune und warte. "So stellst du dir das also vor." Wie idyllisch unter dem kühlen Blau. "Liebe unter kaltem Himmel." "Mit Liebe hat das auch nichts zu tun." 

Beziehungslos. "Totally meaningless." Dieser Traum ist voller Zitate und ganz ohne Sinn. Reich mir mal deine Hand. Vielleicht wächst aus deinem faltigen Teller doch noch ein Baum. "Es grünt so grün, wenn..." Schon wieder hast du den Süden ins Spiel gebracht. Länder, wo Zitronen blühen. Ich habe einen Fjord gesehen und meinen Arm in eiskalte, klare Gewässer getaucht. Bunte Hütten vor Felsenwänden, statt dein ewiges Terracotta. Ich mag auch diese südländische Überschwänglichkeit nicht, diese Familiensippen und das dauernde Durcheinandergeschwätz. Ich will schweigsame, satte Menschen, die sich genug sind. 

So kommen wir nicht zusammen. "Und das ist auch gut so!"





"I loved you first." Es ist wichtig, das mal festzuhalten. Wer zuerst DA war. Du oder ich. Und mit Liebe hat das jetzt auch nichts mehr zu tun. So oder so. Meldest du dich?

Sonntag, 16. März 2014

"HÖRT AUF DIE AUFSTÄNDE VON EINST ZU REPRODUZIEREN." - Frühlingsanfang verpasst. (+ Lied zum Sonntag)

Von oben nach unten
Beinahe drei Wochen Zwangspause. Ein lächerlich banaler Unfall im Haushalt (wo die meisten tödlichen Unfälle passieren; jaja, ich weiß): Gehirnerschütterung. Kaum aufgestanden warf mich eine Grippe darnieder. Mit Fieber und allem Drum und Dran. Eigenartige Träume, Bildfetzen, keine Gewalt, nur totalitäre Idyllen, tonlos. Fieber macht mich taub. Das hatte ich vergessen. Drei Schlafanzüge in einer Nacht durchgeschwitzt. (Wer will das wissen, fragt die Kritikerstimme.) In der nächsten auch. Und in der danach. Pause. Der Körper will die Pause. Was geht im Kopf vor? Diesen Dualismus überwinden. Der Kopf fiebert mit. Fast nichts gelesen. IchEs konzentriert sich aufs Krank-Sein. Das rollt. Wogt. Schmerz fließt. Wie rüttelt das von oben nach unten. Die Füße jucken. Cremen. Füße eincremen. Es dauert, bis der Satz vom Hirn in die Hände kriecht, in den Rücken, sich aufrichten, hochschieben, die Finger spreizen, die Cremetube ertasten, ein Tupfen, da sind die Füße. Das sind die Füße. 

Aufdringliche Drecksarbeitskerle und Rätsel
Tee ist heiß. Kehle runter. Gut. Das tut gut. Diese Verlangsamung des Denkens. Woran erinnert mich das? Meine Mama. Wenn meine Mama mich pflegt, wenn ich krank bin. Wohlig. Bergung. CARE. "Und was ist für dich Dreckarbeit?" Geh nicht in die Knie! Wer putzt, Essen oder Getränke besorgt, macht keine Karriere, sagt die FAZ. Die Verachtung. Die ich fühle, wenn eine/r nicht putzt, sorgt, kocht, sondern kauft. Untaugliche Erfolge. Hoeneß. Überall Hoeneß? "Seine Hässlichkeit ist nicht interessant.", wehrt der BenHuRum am Telefon ab. Er schwärmt vom Antlitz der Frau L. Vielleicht bestellt er die Süddeutsche trotzdem ab. Eine eigentümliche Bosheit. "Das Wort ´Beziehungskiste´, wann haben wir das zuletzt benutzt?" Naivität und Schönheit. Was wollen die Jungen? Entrümpelungen, nicht nur im Kopf. Der das Haus schon leert, das wir verlassen werden. Einrichtung. Ausrichtung. "Wohnst du noch - oder lebst du schon?" Aufdringlich. Schönes Haus ist das, mehr äußere als innere Werte. Krimkrise. Flug MH370. Rätsel. Dringt und drängt sich manches in die Verschaltungen. Sinnfrei. Was Freiheit ist. Darüber müssen wir auch noch mal reden. Vom Ende des Patriarchats. Und warum ich nicht in einem Formel1-Cockpit sitzen will. Ach. "HÖRT AUF DIE AUFSTÄNDE VON EINST ZU REPRODUZIEREN."




Masochism World
Im letzten Brief, den Ansgar in PUNK PYGMALION schreibt, bevor er von der Bildfläche und aus dem Roman verschwindet, zitiert er Zeilen aus "Masochism World" von Hüsker Dü.

"Der Fehler war, dass ich mich retten lassen wollte. Was zwischen uns geschehen ist, Emmi, ist von Anfang an ohne Ausweg gewesen, es war das Beste und Schlimmste, was wir sein können. Wir sind beide verdorben für jede andere Liebe. CAN YOU FEEL IT IN YOUR SOUL?...I LOVE IT. I HATE IT. I LOVE IT. WHY IS IT SO CONFUSING."  (S. 107/108)

Damit endet der 1. Teil des Romans, die Herausgabe der Briefe aus den 80er Jahren und der zweite Teil beginnt, der den Namen von Ansgars Sohn trägt: LARS.

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Der "Buecherblogger" hat eine Rezension zu PUNK PYGMALION veröffentlicht, die mich erröten lässt. Vor Freude: Jutta Pivecka: PUNK PYGMALION.


Dienstag, 18. Februar 2014

"Herz los!" (oder: Alles künstlich!)



Ein Beitrag von BenHuRum 

"Genau so."
"Was?"
"Sehe ich das auch?"
"Was?"
"Die Sache mit dem Herzen. Den dämlichen Prinzen. Weißt schon."
"Ach, den. Sieht nix. Hört nix. Blärrt."
"Gemein. Gefährlich. Affirmativ."
"Aber, aber... Ich stehe voll zu meiner affirmativen Seite."
"Seite?"
"Genau so."
"Anschmiegsam."
"Geschmeidig."
"Bejahend."
"Frohsinnig."
"Fies."
"Nur nix mit Herz."
"Schmerz."
"Natur."
"Tofu."
"Absturzgefahr."
"Gebannt."
"Affirmativ."
"Fluffig."
"Herzig."
"Bäh."

So!
Geht!
Kunst!

(Kein Gedicht! Kein Drama! Nie nicht Dialektik!)


Donnerstag, 30. Januar 2014

SCHLEIERN DER SCHAM. Körperwort. (Suchanfrage)

Der sechste Newsletter für heute trifft gerade ein. Aha: Ich könnte auch noch einen Master in Kulturmanagement und -vermittlung machen, künstlerische Praxis inklusive. Oder mich im Etwinning engagieren. (Ich weiß auch nicht, wovon ich rede.) Es gibt eine Näherung an die Entscheidung und ein Ausweichmanöver. Beide Bewegungen ähneln sich bis zur Verzweiflung. Je mehr ich mich bekenne, desto kryptischer werde ich. Das entspricht biblischen Ausmaßen. (So viel Hybris muss auch mal sein: "Ich bin klein, mein Herz ist rein.") Welches Begehren lasse ich noch aus, um mich innerlich zu verkrampfen? (Später schmeichele ich mir, dass ich es in kapriziöser Pseudo-Hysterie zur Weltmeisterschaft gebracht habe.) Sollte ich lernen zu boxen? Oder meine Hilflosigkeit noch bedeutsamer in Worthülsen einkleiden? (Wen interessiert das? Nur die Literatur. Hihi, die olle Schrapnelle.) Ein Marathon-Wochenende steht mir bevor und ich bin schon vorsorglich ermüdet. (Wie kam es zur Verbürgerlichung der Welt und des Mädchens? 1750 - 1914) Lassen Sie mich Ihnen Rätsel aufgeben und einige Stichworte liefern: Wir arbeiten an kosmischen Entwürfen, multiplen Identitäten, harmonischen Idealen; wir führen die Kriege gegen das Selbst und Pluralisieren das "Ich"; wir gestalten den Willen als Welt und die Welt als Gegenbild. Wir sind verteufelt romantisch und göttlich klassisch. Wir dichten drauf los. Die Männer unserer Frauen sind latent übergewichtig und sehr verschwiegen. Warum sagen sie nichts? (Wahlweise ist das Subjekt groß zu schreiben.) Schlagen Sie ein Buch auf, das Ihnen zur rechten Hand liegt und kopieren sie die fünfte Zeile auf Seite 53: "...Schleiern der Scham, blendend schön. Diejenigen, die mit einem einzigen Körperwort..." Suchen Sie das Wort. Ich behaupte: Es fängt mit "B" an. (Mehr weiß ich auch nicht.) 

(Diese ganze Tagebuchschreiberei führt auch zu nix.)


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Aus der Serie: Auto. Logik.Lüge.Libido
Lob der Scham
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Inwändiges Brüten

Mittwoch, 8. Januar 2014

Die Liebe ist kein Bild, sondern eine Schau

Liebe VI

Wir werden uns wiederfinden
im See
du als Wasser
ich als Lotusblume

Du wirst mich tragen
ich werde dich trinken

Wir werden uns angehören
vor allen Augen

Sogar die Sterne
werden sich wundern:
hier haben sich zwei
zurückverwandelt
in ihren Traum


der sie erwählte.

(Rose Ausländer)



Der Blick der Liebe: Lässt den Zwischen-Raum offen. So schauen: Ohne Weichzeichner, irritierende Klarheit. Diese Art abzuwinken. Das Du, das ich nicht rufe. Ein Einverständnis mit dem, was ich nicht bin. Schau hin. Ohne gesehen zu werden. Die Liebe lauscht und schaut. Kannst du sagen: Ich liebe. Was ist. Nur den Moment. Nicht lieben wollen. Die Liebe ist kein Bild, sondern eine Schau. Wenn von Liebe die Rede ist, denken die meisten an Paare. Das ist zu wenig. Wer lieben kann, liebt mehr. Liebe lernt. Mutter. Vater. Großmutter. Großvater. Bruder. Schwester. Sohn. Tochter. Freund. Freundin. Kennen. Fremd sein. Wo Liebe anfängt, kann sie nicht enden. Wer liebt, vermisst. Weil Liebe nicht bleibt, sondern wieder kommt.

Samstag, 9. November 2013

KRANZGEFÄSS (ein Traum)

(Ich will das Klischee und die Affirmation. Lass mich träumen. Zwing mich nicht immer zu Kritik und Differenz. Treib mich nicht weiter an.)

Hier sind nur Augen und Hände zu sehen. Was sonst an uns ist, bleibt dunkel. (Ich wage es, von UNS zu sprechen, obwohl ich nur mich kenne, meinen Herzschlag, das Ziehen meiner Innereien, den Schmerz im Hirn, die Verhärtung meiner Brüste). Niemals scheint jemand herein zu kommen. Es gibt von hier aus kein Außen mehr. Das Innere dehnt sich unendlich aus.

Ich höre ein Flattern, gelegentlich, bevor sich mir das blaue Augenpaar nähert, über mir kreist, sich herabsenkt und auf meiner Höhe verharrt. (So seh ich dich an.) Ein Kranz aus gelben Lichtern umflicht die Linse. Das Blau ist hart, die Lider weggeschnitten. Starrt mich an. Ich halte aus. Es saugt mich in die gelbliche Röhren ein unwiderstehlicher Zug. Ein Meer mit eitrigen Kronen. Ich tauche. Tiefer. Bis hinab in eine eigentümliche Strömung, die mich wegtreibt. Mein Atem ist erstickt. Dein Blau, dein Blau. Die Sterne. Ich sehe die Sterne jetzt. (Vergehe. Vergehe.) Zwei Hände legen sich unter meinen Rücken und tragen mich nach oben. Ich schnappe. Die Luft strömt wieder in meine Lungen. Heiß dringt der Atem aus.

Mich schaut das Braun, golden bekränzt, mitleidig an. Aufgehoben schmieg ich mich ein in warme Hände. Meine Wange passt wie angegossen in diese Form. (Das kann nur die Andere sein, die du mir übelnimmst.) Ich will den lieben, der sich davon gestohlen hat. Den kühlen Blauen, der sich so stolz gibt, das er nicht bleiben kann, wenn die Düstere erscheint. (Bleib mir gut!) Sie geht. Sie geht ja schon. Entzieht mir ihre Hände. Wo sie nicht zu spüren ist, bin ich mir selbst verloren. (Du hast mich ausgesetzt. Ich weiß es wohl.) Ich bin ein Gefäß, das dich fassen will. Doch hat sie mich schon bis an den Rand gefüllt. Meine Augen suchen Hände, um mich leer zu schöpfen. Ich bin wie gelähmt.


(Lass mich nicht wach werden. Lass mich hier. Sein. Bleiben. Nicht weitergehen.)

Montag, 28. Oktober 2013

SECHS SCHÖNE TELLER (ein Traum)

(Von diesem Traum habe ich den größten Teil erfinden müssen. Das ist deine Schuld, weil du mich nicht rechtzeitig aufwecktest. Ich erinnere mich in Wahrheit nur an die Teller, das Bündel, an das Lachen der Frauen und an die Scherbe in meiner Hand.)

Sechs schöne Teller habe ich mitgenommen, aus feinstem Porzellan mit ziseliertem Blütenblätterrand, ein jeder von Hand bemalt mit den indigoblauen Strohblumenmustern. Gestapelt habe ich sie, getrennt vom anderen mit einem weichen Windeltuch eingeschlagen, und zu einem Bündel geschnürt, dreimal verpackt in dicke wollene Tücher. Mit diesem Schatz trete ich beschwingt die Heimreise an, denn ich weiß um die Freude, die das Auspacken meiner Gabe bereiten wird. Auch meine sechs Begleiterinnen setzen ihre Füße freudig voreinander, während wir schwätzend und lachend durch den herbstlich bunten Wald wandern. Jede trägt ein schweres Bündel auf dem Rücken, ihre Gabe für die Daheimgebliebenen. Ein Tagesmarsch über Höhenzüge und tiefe Täler liegt vor uns, doch wir genießen die Aussichten und Einblicke, das Funkeln der Sonne durch die Blätterkronen und unsere heitere Gesellschaft 

Da zeichnet sich im Gegenlicht eine Gestalt auf dem Pfad vor uns ab. Das Gesicht des Mannes ist finster, kaum nimmt er zum Gruß seinen Hut ab. Doch unsere Bündel fesseln seinen Blick. "Woran tragt ihr so schwer?" Wir schauen einander an. "Lohnt sich denn der weite Weg und die schwere Last für die paar Taler, die ihr herausschlagen könnt?" Wieder begegnen sich unsere Blicke. "Wir bringen Gaben für unsere Lieben." Höhnisch lacht er auf. "Was werden sie euch dafür geben?" Wir sind einen Augenblick stumm, denn wir verstehen seine Frage zunächst nicht. "Sie werden sich freuen." Wir sehen, wie er die Augenbrauen hochzieht. Ich zurre mein Bündel fester und fordere die anderen auf: "Lasst uns weitergehen, sonst wird es dunkel sein, bevor wir heimkommen." Meine sechs Begleiterinnen wenden sich ab und gehen voran. Als ich mich kurz umschaue, sehe ich, dass er stehen geblieben ist und uns nachschaut. Mir ist nicht wohl. Doch ich schließe rasch zu den anderen auf.

Später machen wir Rast an einer Quelle, beugen uns eine nach der anderen über den kalten, klaren Strahl und trinken uns satt. Aus unseren Bündeln entnehmen wir jede ein Stück Käse und einen Happen Brot als Wegzehrung für das letzte Stück. Ich lehne mich gegen eine Linde und schließe kurz die Augen. (Das Wut verzerrte Gesicht. Der Wanderer und du. Der Zorn gegen die Gabe, die Liebe und die Freundschaft.)  Soviel Armut habe ich gesehen auf dieser Reise. Mütter, die nur ein paar Körner hatten, um einen Brei für ihre Kindern anzurühren. Ein Klumpen Brot, der für einen ganzen Tisch voll hungriger Mäuler reichen muss. Wie froh sie waren, als wir ihnen die Teller abnahmen und all den anderen Hausrat, der in unseren Bündeln steckt. (Wir sind Kriegsgewinnler, alle. Sei still, ich weiß es doch.) Kein Mal habe ich indes mehr Mitleid und mehr Furcht empfunden als bei dieser Begegnung im Wald mit dem düsteren Mann. (So also haben wir uns kennengelernt.) 

Erschrocken blicke ich auf und suche mit den Augen mein Bündel, dass ich neben einer Fichte abgelegt habe. Äußerlich sieht es unversehrt aus, aber ich traue dem Anblick nicht und greife danach, ziehe es zu mir her, taste mich zwischen die wolligen Hüllen. Eine Scherbe ziehe ich heraus. Vorwurfsvoll liegt sie in meiner Hand, eine vollständige blaue Blume, der nur der Stil abgetrennt ist, der sie ins Ornament fügt. "Ei, was bist du für ein Tollpatsch", lachen die Freundinnen. Eine schnürt mein Bündel auf, schlägt vorsichtig. die Decken auseinander und die Windeln. "Fünfe sind noch heil", ruft sie. "Da hast du noch einmal Glück gehabt." Ich nicke, aber meine Kehle ist trocken. 

So mag ich nicht heimkommen. (Jetzt weck mich endlich auf!). Die Schritte fallen mir schwer. Bald schon laufen mir die anderen davon, nur noch selten sehe ich ihre bunten Röcke durch den Wald funkeln, immer weiter entfernt ihr helles Lachen und ihre Rufe. (Lass mich aufwachen!)  Ich schleiche, gleich werde ich mich fallen lassen, mein Bündel mit mir, was schert es mich, ob noch ein Teller zu Bruch geht oder zwei oder drei. Ich mag nicht mehr weiter. Ich weiß gar nicht mehr, wohin. Jetzt wird es ganz still. Ich war hier schon einmal. (Weck mich auf!)

(Ich erwachte betrübt. Von dir hörte ich lange nichts mehr. Ich hätte das lieber nicht über dich gewusst.)

Freitag, 25. Oktober 2013

ERDREICH (ein Traum)

(Das kann nicht dein Ernst sein! Seit ich dir nicht mehr vertraue, verliert alles, was du sagst, für mich an Wert.)

Dort war es so still. Eine Stille, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Erst in dieser Stille gelangten die Erinnerungen an die Geräusche der Nacht an mein Ohr, die ich sonst überhörte: das ferne Dröhnen der Güterwaggons, das Zischen der Jets über uns, das Rascheln der Platanen im Wind, die sanften Pfoten der Katze auf den Kieselsteinen, das Quietschen der Maus im Gebüsch, das kaum vernehmbare Wehklagen eines Kindes in einer Wohnung drei Häuser weiter, das unablässige unterschwellige Brummen von der Fernstraße her. Es war so still, dass mir der Schädel dröhnte. Dass es auch ganz dunkel war, schwer und seidig die Dunkelheit wie ein Mantel um mich gelegt, bemerkte ich erst, nachdem ich mich an die Stille gewöhnt hatte. 

Ich konnte meinen eigenen Körper nicht sehen, als ich die Augen niederschlug, so dicht war das Schwarz um mich herum. Stand ich? Ich glitt mit den Fingern an meinen Außenseiten entlang: der Rumpf, die Oberschenkel, Unterschenkel, Fußgelenke. Ich stand. Ich stand und war nackt. Meine Hände prüften: Arme, Innenseite der Unterschenkel, der Oberschenkel, mein Bauch, meine Rückseite. Ich war nackt und beflaumt. Mein ganzer Körper war mit einem zarten, gekräuselten Flaum bewachsen, den Pelz zu nennen frevelhaft gewesen wäre. Ich konnte mir diese Behaarung nicht anders als blond vorstellen, aber sehen konnte ich nichts. (Wie gerne wäre ich gesehen worden so, hätte mich beschreiben lassen von dir.

Es roch dumpf und süß nach fetter Erde. Ich sog die Luft ein, tief durch meine Nüstern, die sich weiteten, hinunter in die Lungen, die sich blähten, hinab in den Bauch, der sich wölbte. Ich atmete aus, ganz langsam, lehrte den Bauch, zog ihn ein, presste die Luft aus den Lungen heraus, über die Schlüsselbeine, in den Hals, ließ sie verströmen durch die Nase. Aus Erde sind wir gemacht, zu Erde werden wir. Vorsichtig ließ ich mich auf die Fersen nieder, nahm mit den Händen die Erde auf: kein bisschen trocken und spröde, sondern formbar wie Lehm. Ich hatte kein Bedürfnis, eine Figur zu kneten, aber plötzlich überfiel mich heftig wie ein Liebestaumel die Sehnsucht, mich auf die Erde zu legen, meine Fersen in den Boden zu stemmen, meinen Hintern in sie zu versenken, meinen Rücken an ihr zu reiben, mein Kopf auf ihr hin und her zu wenden. Doch ich vermochte es nicht. Ich wollte mich legen, ausstrecken, wälzen. Aber ich verharrte still, stumm, schwer in meiner Stellung, aufgerichtet auf den Fersen, nicht einmal den Kopf konnte ich hinabsenken, um die Stirn gegen den Boden zu pressen. 

WACH AUF!

Mir kamen die Tränen. (Dass du mir das antust. Das! Unter allen Weisen mich zu strafen, wählst du diese. Es fehlt dir mehr, als ich ahnte...)

AUFWACHEN.

(Dass Du mir wirklich übel willst, habe ich nicht glauben wollen. Ich sah erst am nächsten Tag die gebrannte Figur auf deinem Brett. So ist das also. Du dauerst mich immer mehr.)

Sonntag, 6. Oktober 2013

FROTTEE UND BRATWURST (ein Traum)

(Schon wieder verstoße ich gegen die Regeln, die du mir vorgabst. Aus meinen Träumen, sagtest du, seien die Eltern auszuschließen. Im Traum und nur im Traum könnten wir uns selbst gebären. Das sei, ließest du mich sogar schriftlich wissen, als ein Auftrag zu begreifen. Ich verstand das nicht: Wie sollte ich meine Träume steuern?)

Meine Mama tanzt im Garten. Das Kleid meiner Mama schwingt im Sonnenlicht und zieht orangene Fäden durch die Luft. Das ist der 70erJahre-Farbenmix: Orangerot, giftgrün, butterblumengelb, lilaluftig, hellblau. Es riecht nach Bratwurst und Rollbraten. Der Nudelsalat steht schon auf dem Bord. Mama schenkt mir einen Hut, der sinkt mir bis tief über die Ohren. Ich drehe mich immer schneller und schneller um die eigene Achse. Die himmelblaue Welt rast mit mir mit. Bis ich falle und atme das saftige Gras. Die Hände verschränke ich fest auf der Brust über dem aufgerauhten Frottee. Was, wenn ich jetzt sterbe? Ich halte ganz still. Meine Mama ruft mich: "Bessere dich." 

"Wach endlich auf!" Es fällt mir schwer zu gehorchen.

(Ich weiß jetzt, was du meintest, denn ich kann nun träumen, was ich will. Wie soll das nur mit uns weitergehen, seit ich deine Autorität immer häufiger missachte?)

Samstag, 5. Oktober 2013

AUSGANG (ein Traum)

(Keine Sorge. D a s werde ich nicht erzählen.  Es kann ja eh jede nachlesen, die es will, zwischen den Zeilen. Wo eigentlich - noch so ein Wort, vor dem du mich warntest - alles schwebt, was unser Begehren trägt. Auf schäumendem Grund also, immer bereit zu versinken. "Ich träume nie", sagte ich, als wir uns kennenlernten. Du lehrtest mich das Andere. Auch deshalb bin ich dir gram.)

Den Aufzug verließ ich zwei Schritte hinter dem Freund, der ungern vorangeht, es aber dieses Mal musste. Ich hielt mich sehr gerade, spannte die unteren Rückenmuskeln und das Gesäß an. Nur so lässt sich der Kopf lässig und doch stolz erhoben auf dem Rückgrat balancieren. Meine Füsse schmerzten schon nach wenigen Schritten. Ein Zucken der linken Schulter des Freundes verriet mir, dass er die Anspannung wohl wahrnahm, wenn er auch ihren Grund nicht ahnen konnte. Er drehte sich halb zu mir herum. Ich werde dich nicht ausführen wie einen kleinen Hund. Das sagte er selbstverständlich nicht, da will ich nicht lügen. Mein Herz tat weh und das ist keine Metapher. Am Eingang löste ich zwei Karten. Er räusperte sich, wühlte mit der Hand in seiner Tasche. "Lass nur", sagte ich, "ich zahle. Es war mein Wunsch herzugehen." Wir traten ein und waren die ersten, was ich immer zu vermeiden versuche. Ich will von dir nicht erkannt werden. In einer Ecke des Raumes flüsterte der Pianist mit dem Impresario. Mein einziges Glück an diesem Abend war, dass er sich erst umdrehte, als sich die Stuhlreihen schon füllten. Sein Blick glitt über das Publikum. Ich beugte mich rasch zu dem Freund hinüber und berührte mit meiner Hand sein Knie. Als die Musik erklang, ließ ich  mich fallen, ohne dass es jemand bemerkte. Der Himmel weint sich aus. Die Fluten steigen. Ich trinke süße See und lass mich grün umschlingen. Es weht mein blondes Haar durch deine tiefen Gründe. Der Freund schlug die Beine übereinander.

Später standen wir noch mit dem Pianisten beisammen, dessen Geliebte eine Bekannte meines Freundes war. Die Geliebte ließ ihr Lachen durch den Raum flattern. Der Freund lächelte milde und machte Komplimente. Ich stellte mich ein wenig schräg und schwieg. Der Freund sah mich aufmunternd an.  Ich suchte nach einem unverfänglichen Wort. "Sehr gelungen." Mein Stimme klang hohl. Das war das Zeichen. Mein Freund nahm mich am Arm. "Wir müssen gehen.", wandte er sich bestimmt an die Geliebte des Komponisten und half mir in den Mantel. Er ließ meinen Arm nicht los, bis er mir die Tür zu seinem Wagen aufschloss. 

Auf der Fahrt zur Brücke lästerten wir über die Geliebte, deren Lippenstift zu rot, deren Lachen zu laut und deren Bosheit zu offensichtlich war. Das stimmte natürlich alles nicht. Als der Freund auf dem Seitenstreifen hielt, ahnte ich, dass es ein Abschied für länger sein würde. "Wir müssen uns nichts vormachen.", sagte ich, während der Regen auf die Windschutzscheibe schlug. "Steig aus.", befahl der Freund und beugte sich über mich, um die rechte Tür zu öffnen. Ich versuchte seinen Scheitel zu küssen, verfehlte ihn aber knapp. Er starrte unbewegt nach vorn, während ich mich ungeschickt aus dem Wagen quälte. Doch meine Flosse zuckte freudig auf, als die ersten Tropfen sie trafen. "Raus.", schrie er plötzlich,  zog mit einem Ruck die Türe von innen zu und fuhr mit quietschenden Reifen an.  Im Türspalt flatterte meine zerrissene weiße Bluse. So lehnte ich mit entblößten Brüsten am Brückengitter, die Haare klatschten nass um meinen Kopf und meine Tränen vermischten sich mit den Regentropfen auf meiner Haut. Alles wird gut. Spring. Meine Schwestern sangen unter mir. Ich glitt hinüber. Zum Meer. Zum Meer.

"Aufwachen." Ich tat, was ich sollte. 

(Dies ist der erste Traum, in dem du nicht vorkommst, wie es scheint. Wieder muss ich mich bei dir entschuldigen, weil ich das Wort benutzte, von dem du mir abgeraten hattest: Plötzlich. So geschehen mir aber meine Träume. "Alles Lüge.", weißt du, selbstverständlich, denn du liest ja mit. Auch zwischen den Zeilen.)